Lebensversicherung

Run-off: Wie geht es weiter nach den geplatzten Deals?

Sowohl bei Athora als auch Viridium mussten geschlossene Vereinbarungen zuletzt wieder aufgekündigt werden. Viridium-Chef Tilo Dresig zeigt sich dennoch optimistisch und berichtete auf einem Pressegespräch über die aktuellen Pläne, die Probleme der Lebensversicherer sowie die neue Eigentümerstruktur.

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15:05 Uhr | 07. Mai | 2024
Viridium-Chef Tilo Dresig

Sieht für sein Unternehmen weiterhin großes Potenzial im deutschen Markt: Viridium-Chef Tilo Dresig

| Quelle: Viridium

Die Zukunft des Run-off-Geschäfts ist seit der vergangenen Woche mit deutlich mehr Fragezeichen versehen. Durch die Aufkündigung des Deals zwischen der Axa und der Run-off-Gesellschaft Athora platzte bereits die zweite großvolumige Bestandsübertragung.

Da passte es zeitlich gut, dass die Run-off-Gesellschaft Viridium an diesem Dienstag zu einem Pressegespräch nach Frankfurt einlud. Viridium hatte in diesem Jahr den Kauf von gut 720.000 Verträgen von der Zurich vorläufig zu Grabe tragen müssen. Grund waren in diesem Fall Zweifel der Finanzaufsicht BaFin am Viridium-Mehrheitsaktionär Cinven, einer britischen Private-Equity-Gesellschaft. Diese hatte, nachdem der italienische Lebensversicherer Eurovita im vergangenen Jahr in Schieflage geraten war, diesem nur unzureichend unter die Arme gegriffen.

Kein schnelles Ergebnis in Sicht

Seitdem ist klar: Mit der bestehenden Eigentümerstruktur kann Viridium keine weiteren Übernahmen mehr tätigen. Ein Wandel muss her. Derzeit würden alle Eigentümer – hierzu gehören neben Cinven auch die Hannover Rück (20 Prozent) sowie die Generali (10 Prozent) – alle möglichen Optionen prüfen, berichtete Viridium-Chef Tilo Dresig.

Auf ein schnelles Ergebnis sollte hier jedoch niemand setzen. „Es ist noch viel zu früh etwas zu sagen“, teilte Dresig mit. Erste Gespräche finden jedoch bereits statt. „Wir stoßen hier auf sehr positives Feedback im Markt.“

Doch wer könnte an einer Übernahme interessiert sein? Neben großen Vermögensverwaltern werden auch immer wieder andere Versicherer ins Spiel gebracht. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Munich Re Viridium übernehmen könnte, um die Plattform für die Abwicklung der Bestände ihrer Erstversicherungstochter Ergo zu nutzen. Diese entwickelt zwar eine eigene Plattform, allerdings läuft die Entwicklung nicht so störungsfrei wie gehofft. Auch andere große Versicherer, wie beispielsweise, die Talanx-Gruppe könnten Interesse haben, um ihre alten Lebensversicherungsbestände effizient verwalten zu können.

Konkrete Namen waren Dresig an diesem Vormittag nicht zu entlocken gewesen. „Wir suchen nach langfristigen Investoren mit großen, starken Bilanzen. Wir wollen nicht wieder an Wachstumsgrenzen stoßen“, war das einzige, was Dresig hierzu mitteilen wollte.

Keine Absage an Viridium-Geschäftsmodell

Wichtig war ihm jedoch die Aussage, dass die Bafin-Ablehnung des Zurich-Deals keine generelle Absage der Bafin gegenüber Viridium bedeute. Entsprechend arbeite man auch jetzt schon an der nächsten Transaktion, auch wenn die jetzige Eigentümerstruktur eine solche zum jetzigen Zeitpunkt noch unmöglich macht. Auch der geplatzte Zurich-Deal scheint nicht vollständig aus der Welt zu sein. „Ich schließe grundsätzlich nichts aus“, erklärte Dresig auf die Frage, ob der Deal mit neuen Eigentümern neu belebt werden könnte.

Insgesamt sieht Dresig im deutschen Markt weiter erhebliches Potenzial für externe Run-offs und damit sein Unternehmen. „An einer weiteren Konsolidierung führt kein Weg vorbei, wenn wir die strukturellen Herausforderungen der Branche adressieren und die bestehenden Lebensversicherungen für die Kundinnen und Kunden attraktiver machen wollen.“

In die Karten spielten Viridium dabei nicht nur die fragmentierte Versicherungslandschaft in Deutschland mit derzeit mehr als 80 Lebensversicherern. Diese haben unter anderem oftmals mit veralteten IT-Systemen und einer Vielzahl unterschiedlicher Tarife zu kämpfen. „In einigen Tarifen gibt es teils nur 30 oder 50 Verträge“, macht Dresig die Kleinteiligkeit der Bestände deutlich. Allein bei Proxalto habe es 900 unterschiedliche Tarife gegeben.

Knowhow geht verloren

Die hierfür erforderlichen IT-Systeme seien entsprechend sehr komplex und wartungsintensiv. Oder mit einem anderen Wort: teuer. „Vor allem geht bei den einzelnen Versicherern das Knowhow für die alte Tarife und Systeme zurück“, bemerkt Dresig. Viele der verantwortlichen IT-Techniker oder Aktuare gehen demnächst in Rente oder haben diesen Schritt bereits hinter sich. So gab es bei der Übernahme des alten Mannheimer Leben-Bestands (heute: Entis) nur noch eine einzige Person, die das alte System damals mitentwickelt hatte.

Für die Versicherer wird die veraltete IT somit zu einem strukturellen Problem, auf das auch die Bafin verstärkt ein Auge wirft. Fehlen die notwendigen Experten im Haus, dürfte der Verkaufspreis zudem geringer ausfallen. „Wir preisen das ein“, erklärt Dresig. 

Selbst hat der Frankfurter Abwicklungs-Spezialist für Spezialfragen bereits Experten wieder aus der Rente geholt. Auch sonst hält man – trotz derzeit ausbleibender Transaktionen – im Rahmen des Programms „Readiness plus“ ausreichend Personal vor. „Wir sind ready für die nächste Akquisition, wann immer diese auch kommt“, sieht Dresig sein Unternehmen gut aufgestellt. Natürlich will man so auch Probleme vermeiden, wie sie im vergangenen Jahr bei Proxalto bekannt wurden. Damals hatten sich zahlreiche Kunden über verspätete oder komplett ausbleibende Zahlungen seitens des Lebensversicherers beschwert.

Viridium kann Gewinn steigern

Bei Viridium will man die Zeit bis zur nächsten Akquisition derweil mit der Verbesserung der bestehenden Plattform sowie der Migrationsprozesse nutzen. Dadurch soll auch die Übernahme kleinerer Bestände für den Abwicklungsspezialisten rentabel werden.

Alles in allem lief das vergangene Geschäftsjahr für die Frankfurter erfolgreich. Das Geschäftsjahr 2023 konnte mit einem Gewinn von 342 Millionen Euro abgeschlossen werden – im Vorjahr waren es noch 331 Millionen Euro gewesen. Ob diese Zahlen die Suche nach neuen Eigentümern einfacher machen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.