Zurich zieht Berufung zurück
Überraschende Kehrtwende: Im Streit um gekürzte Rentenfaktoren hat die Zurich ihre Berufung gegen ein Urteil des Kölner Landgerichts (Az: 26 O 12/22) zurückgezogen. Das Kölner Gericht hatte Ende Februar dieses Jahres entschieden, dass die nachträgliche Kürzung eines Rentenfaktors unwirksam sei. Geklagt hatte ein Kunde der Zurich, der bei dem Versicherer eine fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen hatte.
Zu Vertragsbeginn war dem Mann eine Monatsrente in Höhe von 37,34 Euro je angesparten 10.000 Euro in Aussicht gestellt worden. Im Jahr 2017 erreichte den Mann dann allerdings ein Schreiben des Versicherers, in dem dieser den Mann darüber informierte, dass man den sogenannten Rentenfaktor abgesenkt habe. Zu seinem Rentenbeginn im Jahr 2039 solle der Mann nur noch 27,97 Euro je 10.000 Euro angespartem Kapital erhalten. Eine Kürzung von rund einem Viertel.
Die Zurich verwies den Kunden auf ihre Vertragsbedingungen, in denen sich der Versicherer das Recht zur nachträglichen Rentenkürzung vorbehielt, sollte es an den Kapitalmärkten schlechter laufen als prognostiziert. Der Kunde sah sich durch diesen Schritt unangemessen benachteiligt – schließlich werde der Rentenfaktor bei erfolgreicher Kapitalanlage auch nicht erhöht. Er klagte und wurde dabei von der Bürgerbewegung Finanzwende unterstützt.
Urteil rechtswirksam
Diese begrüßte, dass das Kölner Urteil nun rechtswirksam ist. „Der Rückzieher der Zurich sollte auch anderen Riester-Sparern Mut machen, die ähnliches erlebt haben”, kommentierte Britta Langenberg, Leiterin Verbraucherschutz des Vereins. „Gerade bei staatlich geförderten Riester-Verträgen muss Fairplay gelten – eine Tugend, die zu viele Anbieter leider zu oft vermissen lassen.”
Der Rückzug der Zurich kommt überraschend: Im März hatte der Versicherer noch gegenüber procontra angekündigt, den Fall notfalls bis vor den Bundesgerichtshof bringen zu wollen. „In der Tat halten wir in diesem für die gesamte Branche relevanten Fall eine Klärung der Rechtsprechung durch eine ober- oder höchstrichterliche Entscheidung für erforderlich“, bemerkte damals ein Sprecher.
Die Grundsatzfrage, ob einseitige Rentenkürzungen aufgrund schwacher Kapitalerträge rechtmäßig sind, bleibt somit weiter offen. Laut Finanzwende sind die entsprechenden Klauseln in zahlreichen anderen Verträgen verschiedener Anbieter enthalten. „Nach unseren Schätzungen gibt es Zehntausende Versicherte mit fondsgebundenen Riester- und Rentenversicherungen, deren Rentenanspruch nachträglich gestutzt wurde”, so Langenberg.
Die Gründe für den Rückzug der Berufung
Doch nicht jedes Gericht sieht in diesem Verhalten eine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Im Juli hatte das Landgericht Stuttgart eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Allianz Leben abgelehnt.
Auf dieses Verfahren verweist auch ein Sprecher der Zurich. Man halte dieses Verfahren für geeigneter, eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen, die Bedeutung über den Einzelfall erlangen kann. Die in Stuttgart unterlegene Verbraucherzentrale hatte bereits angekündigt, Berufung gegen das Landgerichts-Urteil einlegen zu wollen. Auch wenn man die Berufung zurückgezogen habe, sei man weiter der Auffassung, dass die Kürzung des Rentenfaktors rechtmäßig war.