Ausbildungsnotstand

Diese 7 Fehler sollten Makler bei der Ansprache der Generation Z vermeiden

Kleine und mittelständische Maklerhäuser stehen bei der Azubi-Gewinnung im Wettbewerb mit großen Versicherungskonzernen. Doch laut Personal-Experte Axel Schwartz und Versicherungsmaklerin Franziska Zepf müssen Makler sich nicht verstecken. Im Gegenteil: Gerade sie haben für die Bedürfnisse der Generation Z viel zu bieten.

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15:09 Uhr | 04. September | 2024
Franziska Zepf

Versicherungsmaklerin Franziska Zepf hat den Bewerbungsprozess in ihrem Unternehmen digitalisiert.

| Quelle: Franziska Zepf

Der Fachkräftemangel ist längst in der Finanz- und Versicherungsbranche angekommen und betrifft Maklerunternehmen genauso wie große Versicherungskonzerne. Laut den Zahlen des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) blieben 2023 so viele Ausbildungsplätze in der Finanz- und Versicherungsbranche frei wie selten zuvor. 30 Prozent der offenen Ausbildungsstellen konnten nicht besetzt werden - das ist eine Verdopplung im Vergleich zu 2010. "Wir hatten im Jahr 2024 insgesamt 168 Ausbildungsplätze im Axa Konzern zu vergeben. Davon besetzen konnten wir 156 Plätze, das entspricht 93 Prozent", so eine Axa-Unternehmenssprecherin. "Damit sind wir sehr zufrieden, allerdings merken wir deutlich, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird."

Dementsprechend tobt der Kampf um Talente in den großen Versicherungskonzernen, genauso wie bei mittelständischen oder kleinen Maklerhäusern. Doch die Bedürfnisse der jungen Generation, der Generation Z (ca. Jahrgang 1995 - 2012), unterscheiden sich stark von denen der Vorgängergenerationen. Ein gutes Arbeitsklima ist ihnen, wie einige Studien belegen, wichtiger als eine steile Karriere und Geld zu scheffeln. Sie wünschen sich Stabilität und Kommunikation auf gleicher Augenhöhe. Die jungen Menschen wollen ernst genommen werden und mitgestalten. Und das könnte gerade den Maklerhäusern in die Hände spielen, wenn sie Ihre Trümpfe richtig ausspielen.

Wertschätzung und Teamspirit

Davon ist auch die Gründerin von Premius Finanz- und Versicherungsmakler Franziska Zepf überzeugt. "Mir schildern junge Bewerberinnen immer wieder, dass sie den alten Arbeitsplatz verlassen, da die Wertschätzung vom Arbeitgeber beziehungsweise den Kollegen nicht gegeben war. Oder der Teamspirit gefehlt habe", berichtet Zepf von ihren Erfahrungen. Bei den Rahmenbedingungen an eine neue Stelle werde auf ein faires Verhältnis von Arbeits- und Freizeit geachtet. Auch wenn das vielleicht zu Lasten des Verdienstes geht. Lebensqualität gehe vor Vergütung. "Ich bin der Meinung , wenn es klare Prozesse und Regeln gibt, ist unser Beruf einer der Berufe, der die meisten Freiheiten gibt", sagt Zepf und lebt dieses Prinzip auch selbst. "Ich bin nun seit 16 Jahren in der Finanzbranche und seit fast 11 Jahren freie Maklerin. Ich bin meist nur die Hälfte des Jahres in Deutschland und genieße die Vorzüge von Online-Beratung, Betreuung und Teamführung sehr. Auch all meine Mitarbeiter sitzen auf der Welt verstreut."

Für Axel Schwartz, Geschäftsführer im Bereich Personalmanagement, gilt es bei der Ansprache der Generation Z (und auch bei anderen potenziellen Mitarbeitern) auf einige Punkte zu achten, die für die heutige Führungsriege vielleicht noch ungewohnt sind. procontra sprach mit ihm über 7 Fehler, die Maklerhäuser vermeiden sollten, wenn sie die Generation Z ansprechen wollen.

1. Fehler: Der Arbeitnehmer wird als Bewerber gesehen

Der Grundsatz, der über allem steht: Der Arbeitgeber bewirbt sich heute beim Arbeitnehmer und nicht umgekehrt. "Wenn man das verinnerlicht hat, ist man schon auf dem richtigen Weg", so Schwartz. Menschen, die heute in Führungspositionen sitzen, mussten früher um Studien- und Ausbildungsplätze kämpfen. Dieses Bild hat sich vollkommen verkehrt. Deshalb fällt vielen Führungskräften dieser Perspektivwechsel so schwer. Trotzdem sollte man es laut Schwartz auch nicht übertreiben: Die Augenhöhe müsse bei allem Kampf um Talente gewahrt bleiben. "Wenn der Mitarbeiter da ist, dürfen natürlich gewisse Erwartungen an ihn gestellt werden."

2. Fehler: Employer Branding geht im Tagesgeschäft unter

Eine Frage, die sich jeder Unternehmer schon einmal gestellt hat in Bezug auf seine Produkte, gilt genauso für die Talentsuche: Wie präsentiere ich mich nach außen und wie kann ich mich von anderen abheben. "Personalgewinnung fängt damit an, dass ich mich positioniere", sagt Schwartz. Dabei besteht zum einen die Konkurrenzsituation zu den großen Versicherern, aber auch zu Kollegen im Markt und in der Region. Im Axa-Konzern hat man laut einer Unternehmenssprecherin die Erfahrung gemacht, dass sich junge Berufsstarter flexible Arbeitsbedingungen wie mobiles Arbeiten und eine moderne Ausstattung des Arbeitsplatzes wünschen. "Nicht zuletzt spielen natürlich auch ein faires Einkommen und Zusatzleistungen eine entscheidende Rolle." Aber auch kleine Maßnahmen wie 32 Urlaubstage, Gutscheine zum Mittagessen oder tolle Events mit den Azubis können laut Schwartz einen großen Effekt haben. Manchmal gehe es darum, sich auch als kleines Unternehmen etwas einfallen zu lassen. "Ein kleines elektrisches Auto als Firmenwagen ist zum Beispiel mit überschaubaren Kosten verbunden - auch für kleine Unternehmen", gibt Schwartz als Beispiel. Für die Zielgruppe sei es nahezu undenkbar in einem Unternehmen zu arbeiten, das digital oder in Sachen Nachhaltigkeit nicht auf dem neuesten Stand sei. Und ganz wichtig: Wenn das Arbeitsklima nicht stimmt, spricht sich das schnell rum oder landet schlimmstenfalls auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu. "Diese Rahmenbedingungen sollten auf jeden Fall stimmen", so Schwartz. Sonst ist der mühsam angeworbene Auszubildende schnell wieder weg.

3. Fehler: Keine Mitarbeiter-Reservebank aufgebaut

"Eigentlich befindet man sich ständig in der Bewerberansprache - als Arbeitgeber muss ich das immer im Kopf haben", so Schwartz. Im besten Fall baut sich ein Unternehmen eine Reservebank für Mitarbeiter auf. Makler sitzen ja bereits bei den Familien zu Hause und sprechen dort auch mit den jüngeren Leuten. Manchmal helfen da schon kleine Gesten wie eine Gratulation zum Geburtstag, um den Kontakt zu den jüngeren Familienmitgliedern, die vielleicht kurz vor der Ausbildung stehen, zu halten. Allerdings geht das nur schwer, ohne die zugehörigen Prozesse aufzulegen oder sogar zu automatisieren. Bei regionalen Agenturen besteht vielleicht die Möglichkeit, das Berufsbild in der Schule vorzustellen oder Schülerpraktika beziehungsweise Schnuppertage anzubieten.

4. Fehler: Instagram und TikTok nicht ernst nehmen

Ohne Präsenz in den sozialen Medien geht laut Schwartz heute nichts mehr. Wer Führungskräfte suche, sei sicherlich mit LinkedIn oder Xing gut beraten. Bei Azubis in der Zielgruppe Generation Z komme man an einer Präsenz bei TikTok oder Instagram nicht vorbei. Die Positionierung in diesen Kanälen sei allerdings eine Gratwanderung. Eine Möglichkeit bestehe darin, Mitarbeiter der selben Generation etwas über ihren Arbeitsalltag sprechen zu lassen. Da es aber nicht ganz einfach sei, ein authentisches Video zu produzieren, das nicht wie Werbung rüberkomme, hält Schwartz es für ratsam, einen externen Dienstleister zu Rate zu ziehen. "Ohne professionelle Unterstützung ist es gerade für die ältere Generation schwierig, in diesen Kanälen die richtige Ansprache zu finden", so Schwartz.

5. Fehler: Zu hohe Hürden für den Bewerbungsprozess

Unternehmen müssen sich jedoch auch fragen, wie hoch hänge ich die Hürde im Bewerbungsprozess? Reicht mir eine WhatsApp-Nachricht, bei der ich zwar viele Bewerbungen bekomme, aber auch viel Zeit investieren muss, auszusortieren? Die Tendenz gehe in jedem Fall dahin, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen und zu digitalisieren.

Franziska Zepf, Geschäftsführerin von Premius Makler, setzt dabei auf digitale Unterstützung, was gerade von der Generation Z sehr gerne angenommen werde: "Ein modernes Unternehmen, das junge Mitarbeiter sucht, sollte das auch im Bewerbungsprozess sichtbar machen", erläutert Zepf. Die Geschäftsführerin arbeitet zum Einstieg mit einem digitalen Assessment Center in dem der Bewerber erst einmal ein paar Video-Sequenzen ansehen darf. Wenn diese Videos angesehen wurden, darf der Bewerber eine Business-Persönlichkeitsanalyse durchführen. "So finden wir auch bereits ohne Gespräch heraus, ob wir grundsätzlich zusammen passen", sagt Zepf. Dieser Prozess ist automatisiert und bedarf keiner manuellen Arbeit. "Wenn dann der Bewerber immer noch am Ball ist und die Analyse zu unserem Suchprofil passt, setzen wir uns mit diesem in Verbindung. Dieses Vorgehen wird als durchwegs positiv und professionell wahrgenommen. – Wer keine Lust hat ein Video anzusehen, passt auch nicht zu unserer Anforderung an Motivation", ist sich Zepf sicher.

6. Fehler: Bewerbungsprozess zieht sich zu lang hin

Personalexperte Schwartz macht oft die Erfahrung, dass Bewerbungsprozesse sich gerade in Konzernen viel zu lang hinziehen. Da können Makler aus seiner Sicht mit schnellen Reaktionen punkten. "Schlimmstenfalls hört der Bewerber nach dem letzten Gespräch 14 Tage gar nichts - da ist er dann wahrscheinlich auch weg", so Schwartz. Wenn eine Bewerbung reinkommt, sollte der Bewerber innerhalb der nächsten 24 Stunden eine Reaktion bekommen - und wenn es eine wertschätzende Absage ist. "Das kann ein Makler deutlich besser machen, weil er schnell und nah an den Menschen ist."

7. Fehler: Kein Onboarding

Alles, was ein Unternehmen im Bewerbungsprozess versprochen hat, gilt es jetzt einzuhalten. Sonst ist der mühsam gesuchte neue Mitarbeiter schnell bei der Konkurrenz. Die meisten Abbrüche finden laut Schwartz in den ersten sechs Monaten statt. Die Willkommenskultur und das Einarbeitungsprogramm bilden dafür den richtigen Rahmen. Ein Pate, der sich um den neuen Kollegen kümmert, kann dafür sorgen, dass der Mitarbeiter schneller im Unternehmen ankommt. Die Generation Z wünscht sich Mitgestaltungsspielräume und ein ehrliches, wertschätzendes und vor allem unmittelbares Feedback, auf das sie nicht bis zum Jahresgespräch warten will. Gerade in kleinen Unternehmen lässt sich das oft sogar leichter umsetzen als im Konzern.