Streitfälle beim Ombudsmann

In diesen Fällen zahlt der Kfz-Versicherer (nicht)

Beschwerden in der Kfz-Sparte haben entgegen dem allgemeinen Trend leicht zugenommen. Oft führen unklare oder unbekannte Versicherungsbedingungen zu einem Streit zwischen Kunden und Versicherern.

Author_image
15:06 Uhr | 19. Juni | 2023

Beschwerden in der Kfz-Sparte haben entgegen dem allgemeinen Trend leicht zugenommen. Oft führen unklare oder unbekannte Versicherungsbedingungen zu einem Streit zwischen Kunden und Versicherern. | Quelle: mikkel william

Im vergangenen Jahr sind weniger Beschwerden bei dem Versicherungsombudsmann eingegangen: Die Schlichtungsstelle zählte 11.898 zulässige Beschwerden (Vorjahr: 14.106). Gegenüber dem Vorjahr 2021 bedeutet dies ein Rückgang um 15,7 Prozent. Dennoch kam es in einigen Sparten zu einem kleinen Plus. Dazu gehört die Kfz-Kaskoversicherung, die mit den als „sonstige“ geführten Beschwerden die einzige Sparte mit Zuwächsen ist. Die zulässigen Eingaben zur Kfz-Kaskoversicherung stiegen auf 1.297 (nach 1.267 im Jahr 2021). Dies entspricht einem Anstieg von 2,4 Prozent.

Es handelt sich bei der Kfz-Versicherung insgesamt abermals um die Sparte mit den drittmeisten Eingängen. Zusammengenommen machen diese Eingänge 15,7 Prozent des Gesamtaufkommens der zulässigen Beschwerden aus. Ein Blick in die einzelnen Teilbereiche zeigt hingegen: Die Beschwerden in der Kfz-Haftpflichtversicherung nahmen im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab, und zwar von 942 auf 572. Dies entspricht 39,3 Prozent und dem stärksten Rückgang aller Sparten.

Zusammengenommen beliefen sich die zulässigen Eingaben in der Kfz-Haftpflicht-, Kaskoversicherung und der Schutzbrief- und Insassenunfallversicherung insgesamt auf 1.869 und damit merklich weniger als im Vorjahr (2.209). Die Kfz-Haftpflichtversicherung macht einen Anteil von 4,8 Prozent und die Kfz-Kaskoversicherung einen Anteil von 10,9 Prozent am Gesamtaufkommen der zulässigen Beschwerden aus.

Der mit 54 Prozent auffallend niedrige Anteil an zulässigen Eingaben in der Kfz-Haftpflichtversicherung ist laut Ombudsmann-Jahresbericht darauf zurückzuführen, dass sich ein großer Teil der Beschwerden nicht auf den vertragsrechtlichen Anspruch bezieht, sondern im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen Dritter steht.

In Bezug auf die Erfolgsquote der zulässigen Unternehmensbeschwerden zeigt sich, dass 2022 die Verbraucher in der Sparte Kfz-Kaskoversicherung mit 61,0 Prozent die zweitgrößten Erfolgschancen hatten. Nur in der Sparte „Sonstige“ standen die Chancen mit 61,3 Prozent noch besser. Der Beschwerdewert in der Kfz-Haftpflichtversicherung lag bei 96,5 Prozent der Vorgänge bei unter 5.000 Euro. Zum Vergleich: In der Berufsunfähigkeitsversicherung betraf das nur 27,2 Prozent und bei Realkreditverträgen lediglich 23,1 Prozent der Eingaben.

Streitfall-Evergreen: Intransparente Vertragsbedingungen

Die Hauptthemen, mit denen sich der Ombudsmann in der Kfz-Haftpflichtversicherung im Berichtsjahr beschäftigte, blieben im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren unverändert. Die Top-Streitthemen waren: die Einstufung der Schadenfreiheitsklassen des Vertrages, die Übertragung dieser Einstufung bei einem Wechsel des Versicherers sowie Schadensfälle, die aus Sicht des Versicherungsnehmers vom Versicherer zugunsten des Unfallgegners zu Unrecht reguliert wurden.

So kam es bei den Regulierungen von Kfz-Haftpflichtschadenfällen vor, dass Versicherungsnehmer erst durch die Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse ihres Vertrages im Folgejahr erfuhren. Oft ging es bei Beschwerdefällen im Zusammenhang mit der Vertragseinstufung um gewährte unternehmensgebundene Sondereinstufungen. Viele Beschwerdeführer wussten nicht, dass ihrem Vertrag eine solche zugrunde lag.

Auch machen Versicherer nur sehr selten in den Versicherungsscheinen deutlich, über welche Schadenfreiheitsklasse die Versicherungsnehmer verfügen können. Das führt dann bei einem Wechsel des Versicherers sehr häufig dazu, dass es bei der Vertragseinstufung durch den Nachversicherer zu entsprechenden rückwirkenden Korrekturen bei der Einstufung der Schadenfreiheitsklassen kommt. Ein Umstand, der sogar zu zwei Beschwerdevorgängen führen kann: zu einem Verfahren gegen den Nachversicherer wegen einer vermeintlich zu Unrecht vorgenommenen Vertragsänderung und gegen den Vorversicherer, weil er dem neuen Versicherer nicht die zutreffende Schadenfreiheitsklasse mitgeteilt habe. 

Vorsicht bei „Rabattschutz“

Auch die infolge einer Rabattschutzvereinbarung gewährten Sondereinstufungen bemängelten Versicherungsnehmer. Sie gingen wegen der gewählten Formulierung „Rabattschutz“ oft davon aus, dass der „Rabatt“ generell geschützt sei. Ein Wechsel des Versicherers führte daher oft zu Unverständnis hinsichtlich der dann folgenden Einstufung, die die vorangegangene Sondereinstufung nicht berücksichtigte.

Auch kam es bei Versicherungsnehmern zu Irritationen, weil die Versicherer teils unterschiedliche Tabellen der Schadenfreiheitsklassen verwenden. Beim Versichererwechsel, der gerade in den Kfz-Versicherungen häufig vorkommt, resultieren auch daraus viele Beschwerden. Das zeigt, laut Schlichtungsstelle: Das derzeitige System der Schadenfreiheitsklassen bringt eine Vielzahl an Problemen mit sich. Aus Verbrauchersicht ist es schlicht zu wenig transparent. Der Ombudsmann rät den Versicherer deswegen, sie sollen die „Nichtmitnahme“ von Sondereinstufungen im Fall des Versichererwechsels deutlicher hervorheben und gegenüber ihren Kunden transparenter kommunizieren.

Ebenfalls beschwerderelevant waren Fälle im Zusammenhang mit Regressforderungen der Versicherer aufgrund von Obliegenheitsverletzungen der Versicherungsnehmer, beispielsweise bei Unfallflucht oder Fahren unter Alkoholeinfluss.

Welche Fälle den Ombudsmann im vergangenen Jahr ganz konkret beschäftigten, lesen Sie in unserer Bilderstrecke.