PKV: Trotz Zinswende keine sinkenden Prämien
PKV-Versicherte sollten sich trotz des für die Unternehmen deutlich positiveren Zinsumfeldes nicht auf sinkende Beiträge einstellen. Das zumindest ist das Ergebnis der Analysten von Assekurata, die am Dienstag ihren Marktausblick für die PKV vorgestellt haben.
Demnach hat die PKV mit gegenläufigen Entwicklungen zu kämpfen: Da sind auf der einen Seite die auch inflationsbedingt steigenden Leistungsausgaben, die mit circa 32,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr wieder auf vor-Corona-Niveau liegen. Der Trend geht allerdings bereits seit sechs Jahren in Richtung Anstieg: Seit 2017 sind die Leistungsausgaben um insgesamt 17,2 Prozent gestiegen.
„Zukünftige strukturelle Reformen, wie beispielsweise die geplante Krankenhausreform oder eine GOÄ-Novelle, könnten die Leistungsausgaben ebenfalls beeinflussen“, vermutet Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Allerdings erwartet Assekurata trotz Inflation keinen überdurchschnittlichen Anstieg bei den Leistungsausgaben, bislang sei die PKV zudem weniger betroffen als andere Sparten. Im Gegensatz dazu erwarten die befragten Versicherer hingegen zu 55 Prozent, dass die Leistungsausgaben in diesem Jahr durch die Inflation überdurchschnittlich steigen werden.
Die Auswirkungen der Zinswende spiegeln sich zudem noch nicht in den Kapitalanlagen wider: Sie werden sich erst zeitversetzt niederschlagen, dann aber gleichzeitig wieder abgemildert durch die generelle und die medizinische Inflation, also durch erhöhte Preise im medizinischen Sektor. Das wiederum hat Folgen für den Gewinn: Die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote ging im vergangenen Jahr von 15,1 auf 12,9 Prozent zurück.
Auch ein moderater Anstieg bleibt ein Anstieg
Die Assekurata-Analysten gehen davon aus, dass auch die Versicherungsbeiträge in diesem Jahr auf 48,1 Milliarden Euro steigen werden. Das wären 1,6 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Den Anstieg bewertet Assekurata als moderat. Auf die Frage, ob steigende Zinsen auch zu niedrigeren Beiträgen führen werden, geben 55 Prozent der Versicherer an, dass das weniger zutreffe. „Der steigende Zins könnte positiv wirken, aber eher in dem Sinne, dass Beitragsanpassungen abgemildert werden“, prognostiziert Alexander Kraus, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata.
Nach einem erheblichen Anstieg der Prämien in der Vollversicherung im Jahr 2021 um durchschnittlich 7,3 Prozent (nicht-Beihilfetarife) beziehungsweise 5,2 Prozent (Beihilfetarife), lagen die Beitragserhöhungen im vergangenen Jahr bei 3,8 beziehungsweise 1,6 Prozent. Laut Assekurata könnte sich diese Entwicklung in diesem Jahr fortsetzen (3,6 und 1,6 Prozent).
Anbieter sollten Produkte vereinheitlichen
Allein, dass ein Ausschlag der Beiträge nach oben ausbleibt, könnte, laut Ratingagentur, bereits dazu führen, dass wieder mehr Menschen in die PKV-Vollversicherung wechseln. Schließlich musste die Branche in 2022 ein Minus von fast 14.000 Vollversicherten hinnehmen. „Neben den immer noch hohen Abgängen in die GKV verhindert zusätzlich die steigende Anzahl der Sterbefälle ein Wachstum in der Vollversicherung. Ebenso könnten die zukünftigen politischen Rahmenbedingungen, wie die deutliche Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze, den Zugang zur PKV weiter erschweren“, erklärte Kraus die Entwicklung.
Um das zu ändern, sollten die Anbieter ihre Produkte vereinheitlichen. „Die Versicherer könnten stärker auf bestimmte Zielgruppen setzen, um das Interesse zu wecken und die Produkte müssen interessanter werden“, sagt Assekurata-Bereichsleiter Cebi.
Auslaufmodell Pflegezusatz?
Das Zugpferd der PKV bleibt das Zusatzgeschäft. Während Zahntarife mit 18 Millionen Policen „mit Abstand der Verkaufsschlager in der Zusatzversicherung“ sind und auch die Geschäftslage in der bKV von den Versicherern positiv eingeschätzt wird, sieht das beim Pflegezusatzgeschäft und beim Krankenhaustagegeld anders aus. Die Erwartungshaltung seitens der Anbieter für diese Versicherungen sind negativ und zwar so sehr, dass die Assekurata-Analysten bereits fragen: „Sind das Auslaufmodelle?“
Tatsächlich verfügen nur 4,2 Millionen der Deutschen über eine Pflegezusatzversicherung. Der Grund: „Zusatz kostet mehr Geld“, so Assekurata. Auf zehn Jahre gesehen liegt die durchschnittliche Steigerung bei 4,4 Prozent pro Jahr.
Erfolgsgeheimnis: Budgettarife
Dafür verzeichnet die bKV trotz einer gewissen Zurückhaltung auf Arbeitgeberseite weiterhin hohes Wachstum. Das Erfolgsgeheimnis: die Budgettarife. Mittlerweile gibt es 14 Anbieter, Assekurata rechnet mit weiteren Einführungen: „Irgendwann werden alle Budgettarife anbieten, die Tendenz geht klar in die Richtung, dass weitere Teilnehmer folgen“, so Kraus.
Kunden können zwischen elf Budgetstufen wählen, für die zwischen 300 Euro und 1.600 Euro Beiträge fällig werden. Je Anbieter gebe es drei bis fünf dieser Budgetstufen. Die Beitragshöhe liegt zwischen 9,95 Euro und 49,50 Euro.
„Die Branche nicht ausbluten lassen“
Laut Assekurata zeichneten sich zwar noch keine erhöhten Stornoquoten in der PKV ab. „Aber, ob das in den nächsten Jahren so bleibt, müssen wir beobachten“, so Cebi. Schließlich könne die öffentliche Debatte über die PKV zur Verunsicherung auf Kundenseite führen.
Auch die Folgewirkungen der Inflation auf die Bereitschaft einen Vertrag abzuschließen seien unsicher. „Es bedarf unterstützender Maßnahmen seitens der Politik, die Beschneidungen der vergangenen Jahre müssen ausgebessert werden, um die Branche nicht ausbluten zu lassen“, warnt Cebi.