Aktienrente: FDP fordert Staatsfonds für die Altersvorsorge

Die Liberalen schalten auf Wahlkampfmodus um und wagen sich mit dem Thema Rente vor. Ein Umsatteln auf kapitalgedeckte Altersvorsorge nach skandinavischem Vorbild soll das bisherige System revolutionieren, so der Vorschlag.

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12:02 Uhr | 04. Februar | 2021

„So sollen Aktien unsere Rente retten“, titelt die Bild-Zeitung, neben der Überschrift strahlt der liberale Rentenexperte Johannes Vogel in die Kamera. Komplett umkrempeln wolle die FDP das deutsche Rentensystem. Das Konzept, das Vogel in Zusammenarbeit mit Fraktionsvize Christian Dürr erarbeitet hat, sieht Folgendes vor: Ein Staatsfonds verwaltet zwei Prozent des Bruttoeinkommens eines jeden Beschäftigten und legt die Summe möglichst gewinnbringend am Kapitalmarkt an. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen jeweils denselben Beitrag bei. Im Gegenzug reduziert sich der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung um zwei Prozent.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete noch vor der Bild über den Plan. Die erheblichen Steuerzuschüsse für die Rentenkasse bildeten den Ausgangspunkt für die Überlegung. Mit dem Umlagesystem lasse sich angesichts des demographischen Wandels keine Generationengerechtigkeit herstellen, kritisierte neulich JU-Chef Tilman Kuban. Im Dezember wagte die CDU einen Vorstoß, in dem von einer Renten-Revolution die Rede war, die auch parteiintern für Zündstoff sorgte.

Das skandinavische Modell als Vorbild

Das nun von der FDP angeregt Prinzip ist derweil nicht neu. In skandinavischen Ländern herrschen seit langem ähnliche Standards. Zusätzlich zur Einzahlung in die Rentenkasse fließen in Schweden beispielsweise 2,5 Prozent des Bruttolohns in Aktienfonds. Der FDP-Abgeordnete Vogel hatte im November bei der Expertenanhörung zur digitalen Rentenübersicht im Bundestag auf das Beispiel Dänemark verwiesen. Dort seien Aktienfonds Teil des dargestellten Programms, während in Deutschland nur eine Berücksichtigung von Vorsorgeformen mit Standmitteilung geplant ist. Auch im Gespräch mit procontra im vergangenen Jahr betonte Vogel, es brauche es aber höhere Aktienquoten, um im Niedrigzinsumfeld das Sparziel - Schließung der Versorgungslücke – auch erreichen zu können. 

Auch im Bundestag hatte die FDP-Fraktion im März 2020 einen Antrag eingebracht, mit dem die Aktienkultur in Deutschland gesteigert werden soll. „In Zeiten von Null- und Negativzinsen auf Bankeinlagen verlieren Sparer real wie nominal Geld, wenn sie versuchen via Sparbuch vorzusorgen“, führt die FDP in ihrem Antrag aus. Auch mit Lebensversicherungen und der Riester-Rente könnten derzeit nur geringe Renditen erzielt werden. Die Fraktion kommt zu dem Schluss: „Eine Vermögensbildung via zinsbasierten Wertanlagen ist zunehmend unmöglich.“

Die Lösung aus Sicht der FDP: Die Bundesbürger müssen mehr in Aktien investieren. Um die Bereitschaft der Deutschen für Aktieninvestments zu stärken, solle die Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen für ein Altersvorsorge-Konto schaffen, „in das die Bürgerinnen und Bürger aus ihrem Brutto-Gehalt (im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge nach dem Alterseinkünftegesetz) investieren können“. Die Besteuerung erfolge erst nachgelagert in der Entnahmephase. Ab dem 60. Lebensjahr könnten die Bürger dann auf das Geld auf ihrem Altersvorsorgekonto flexibel zugreifen. Investieren könnten die Anleger in Aktien, Mitarbeiteraktien, Fonds, ETFs und weitere Altersvorsorgeprodukte. Umschichtungen sollen steuerfrei möglich sein.

Start in den Wahlkampf?

Dass die Partei ausgerechnet mit einem rentenpolitischen Thema vorprescht, ist im Jahr der Bundestagswahl nicht unklug. Studien zufolge hat die Corona-Krise die Deutschen dazu gebracht, sich intensiver mit ihren Finanzen und der eigenen Altersvorsorge auseinanderzusetzen. Auch haben 2020 mehr Bürger denn je den Kapitalmarkt für sich entdeckt.

Die ersten Reaktionen auf den Vorstoß ließen nicht lange auf sich warten Der Sozialverband VdK lehnt ihn strikt ab. Präsidentin Verena Bentele ließ sich dazu folgendermaßen zitieren: „Eine solche Aktienrente schwächt die gesetzliche Rentenversicherung, wie sie aktuell ausgestaltet ist, da weniger Geld in die gesetzliche Rentenversicherung fließen würde. Es gibt zudem keinen Grund, um vom aktuell erfolgreichen System der umlagefinanzierten, gesetzlichen Rente in Deutschland abzuweichen.“

Ökonom Dr. Bernd Raffelhüschen heißt den Vorschlag zwar grundsätzlich gut, er käme aber zu spät. Ergänzend müsse demzufolge auch am Renteneintrittsalter geschraubt werden. Das wiederum ist – insbesondere im Wahljahr – ein hochsensibles Thema, zu dem erst kürzlich wieder Streit entbrannte.