R+V-Studie: Angst vor Spaltung der Gesellschaft steigt extrem
Die vorgezogene Bundestagswahl steht an, das politische Klima in der Bundesrepublik ist aufgeheizt, gleichzeitig wachsen die Ängste der Menschen. Das ergibt eine repräsentative Sondererhebung der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen", für die das Infocenter der R+V Versicherung online 1.000 Bürgerinnen und Bürger befragt hat.
„Drei Viertel der Deutschen sind in großer Sorge, dass die Spaltung der Gesellschaft zunimmt und zu Konflikten führt", berichtet Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch. Bei der regulären Studie im Sommer 2024 lag diese Furcht noch bei 48 Prozent. „Einen derartigen Anstieg einer Angst - um 26 Prozentpunkte - beobachten wir in der Langzeitstudie äußerst selten. Das Ergebnis sollte hellhörig machen."
Große Angst vor Inflation und Wirtschaftseinbruch
„Düster ist auch der Blick der Deutschen auf die finanzielle Situation", so Studienleiter Brower-Rabinowitsch. „70 Prozent der Befragten haben Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten." Bei der regulären Umfrage im Sommer 2024 waren es noch 57 Prozent. Dazu erklärt Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki von der Philipps-Universität Marburg, die die R+V-Studie als Beraterin begleitet: „Die Inflation mag gesunken sein, aber die absoluten Preise sind hoch geblieben. Viele Menschen haben das Gefühl, dass sich ihr Lebensstandard real verschlechtert hat. Besonders spürbar ist dies bei Mieten, Energie- und Lebensmittelpreisen."
Die OECD prognostiziert Deutschland das geringste Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union. Das spiegelt sich in den Sorgen der Menschen wider: 68 Prozent der Befragten haben Angst vor einem wirtschaftlichen Einbruch. „Auch hier beobachten wir einen bemerkenswerten Anstieg - um 20 Prozentpunkte", sagt Brower-Rabinowitsch. Im Sommer 2024 lag die Angst vor einer Rezession noch bei 48 Prozent. „Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Schwächephase. Hier muss die Politik dringend Antworten liefern", fordert Professorin Borucki. „Die neue Bundesregierung braucht ein klares Konzept dafür, wie Deutschland langfristig wettbewerbsfähig bleiben kann."
„Politik und Bevölkerung entfremden sich immer mehr"
Große Herausforderungen für die Politik, doch ist sie diesen gewachsen? „Das Vertrauen der Deutschen in die Politiker und Politikerinnen ist erschreckend gering", sagt Brower-Rabinowitsch. „61 Prozent der Befragten fürchten, dass diese von ihren Aufgaben überfordert sind. Das gilt für die Regierung genauso wie für die Opposition." Schon im vergangenen Sommer war das Vertrauen in die Politiker und Politikerinnen mit 49 Prozent gering, dennoch sei der Anstieg um zwölf Prozentpunkte bemerkenswert. „Politik und Bevölkerung entfremden sich immer mehr. Viele Menschen fühlen sich nicht mehr vertreten, politische Debatten erscheinen oft realitätsfern und von parteipolitischem Kalkül geprägt", erklärt Professorin Borucki.