Versicherer wollen Kapital bis 2050 klimaneutral anlegen

„Erkennbar nachhaltiger“, möchte die deutsche Versicherungswirtschaft schon bis 2025 zunächst durch eine erweiterte Produktpalette und veränderte interne Strukturen werden. Das Kapital soll bis 2050 klimaneutral investiert werden. Dafür hat das GDV-Präsidium nun ein Positionspapier verabschiedet.

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13:01 Uhr | 22. Januar | 2021

„Versicherungen werden grüner werden“, lautet das Versprechen von GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Damit es mit dieser Zusage nicht bei einem Lippenbekenntnis bleibt, hat die Branche sich nun auf eine Jahreszahl geeinigt zu der die Kundengelder – insgesamt handelt es sich dabei in Deutschland um ein Volumen von 1.700 Milliarden Euro – CO2-neutral angelegt werden sollen. „Der Klimawandel ist im vollen Gange, die Auswirkungen sind bereits deutlich zu spüren. Wir bringen unser Know-how und unser wirtschaftliches Gewicht ein, um die Auswirkungen zu begrenzen und beherrschbar zu machen“, so die Zusage des Verbands. Die Verabschiedung dieses Ziels durch das GDV-Präsidium sei als entscheidender Schritt in diese Richtung zu werten.

Damit demonstriert die Versicherungswirtschaft ihre Unterstützung des Pariser Klimaschutzabkommens, das vorsieht, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Das geschieht schwerlich aus reiner Eigenmotivation. Im Dezember 2019 war der EU Green Deal vorgestellt worden, demzufolge Europa als erster Kontinent bis 2050 klimaneutral werden möchte. Die EU-Kommission hatte damals insbesondere die Finanzindustrie in die Pflicht genommen. Umschichtungen der Kapitalanlagen von Finanz- und Versicherungswirtschaft als größte institutionelle Investorengruppen haben immerhin einen potenziell enormen Effekt auf die beschlossenen Ziele. Dem zeigt sich die Branche aufgeschlossen: „Wir sind prädestinierte Partner für die Energiewende und Investitionen in nachhaltige Infrastruktur. Die Debatte um nachhaltige Kapitalanlage werden wir prägen und fördern”, so Asmussen.

Steigende Schäden durch Naturgefahren setzen der Branche zu

Sehr wohl im Brancheninteresse liegt ein veränderter Umgang mit den stark zunehmenden Schäden, die der Klimawandel bedingt. Zwar war 2020 in Deutschland bezogen auf Naturgefahren ein unterdurchschnittliches Schadenjahr. Das dürfe, sagt Asmussen, aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Klimawandel eine der maßgeblichen Einflussfaktoren für die künftige Entwicklung der Versicherungswirtschaft liege. Klimafolgenanpassung, Prävention und Nachhaltigkeit ist dem Verband zufolge daher „höchste Priorität“ einzuräumen. Insbesondere Sharing-Konzepte und Reparaturen statt Neuanschaffungen möchte die Branche fördern. Bis 2025 werden die Unternehmen zunehmend solche Nachhaltigkeitskriterien in die Praxis der Schadenregulierung integrieren.

Zudem sollen nachhaltige Versicherungsprodukte, die zurzeit ohnehin einen Boom erfahren, ausgebaut werden, vor allem das Angebot nachhaltiger Altersvorsorgeprodukte möchte man erweitern.

Ebenfalls bis in vier Jahren verpflichten sich die im GDV organisierten Versicherer, ihre Geschäftsprozesse (etwa Bürogebäude oder Infrastruktur) klimaneutral auszurichten und – gerade auch in Führungspositionen – den Frauenanteil zu erhöhen und Nachhaltigkeit als festen Bestandteil in die Aufsichtsstrukturen zu verankern. Auch hier zeichnet sich weiterer politischer Druck ab: Das Anfang Januar vom Bundeskabinett beschlossene zweite Führungspositionen-Gesetz (zFG) soll den Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöhen – für die Versicherungsbranche, in deren Chefetagen Frauen nach wie vor besonders rar sind, könnte dessen Umsetzung einen Meilenstein bedeuten.

Das Positionspapier im Wortlaut finden Sie hier.