US-Wahlkampf

Trump vs. Harris: Die Wirtschaftspolitik der Kandidaten und die Folgen

Die USA-Wahl steht bevor: Ex-Präsident Donald Trump fordert die Demokratin Kamala Harris heraus und in den Umfragewerten liefern sich beide ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am heutigen Dienstag steht das erste TV-Duell an. Wie die Kapitalmärkte auf beide Wahlausgänge reagieren könnten.

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14:09 Uhr | 09. September | 2024
Harris Trump

Am Dienstag treffen sich Harris und Trump zum ersten Mal zum TV-Duell.

| Quelle: Spencer Platt / Staff und Chris duMond / Freier Fotograf; Grafik: procontra

Egal wer am 6. November gewinnt, der nächste US-Präsident oder die erste US-Präsidentin erbt eine gute Wirtschaftslage. Ende Juli lag die Arbeitslosenquote in den USA bei 4,3 Prozent – es herrscht also Vollbeschäftigung. Ökonomen rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt 2024 um rund 2,5 Prozent wachsen wird. Seit Anfang 2023 ist auch eine Aktienmarkt-Rallye voll im Gange; zwischen Januar 2023 und August 2024 legte der Leitindex S&P 500 um rund 44 Prozent zu. Diese Rallye könnte sich auch fortsetzen, weil die US-Notenbank (Fed) nach niedrigeren Inflationsraten (2,9 Prozent Ende Juli) eine Lockerung der Geldpolitik angekündigt hat.

Allerdings weist Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, auf eine Schwäche der US-Wirtschaft hin: Die Staatsverschuldung, die derzeit bei 122 Prozent des BIP liegt. Galler befürchtet, wenn die nächste Regierung die Verschuldungsproblematik nicht in den Griff bekäme, die Inflation in den USA wieder zu einem großen Problem werden könnte. Dann müsste die Fed die Geldpolitik straffen, was höhere Kreditkosten für Firmen und Haushalte bedeutete, mit negativen Folgen für Konjunktur und Aktienmärkte. Bei einer ausufernden Staatsverschuldung ist eine Herabstufung der Bonität der USA auch möglich. Das wiederum würde den Rentenmarkt belasten. Ein stärkerer US-Dollar wäre eine weitere Folge.

Trumps‘ Wirtschaftspolitik und die Folgen

Wie inflationär seine Wirtschaftspolitik sein könnte, scheint Ex-US-Präsident Trump nicht sehr zu interessieren. Um, wie er sagt, die US-Industrie zu schützen, will er Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle ausländischen Importe – also auch aus Deutschland – verhängen. Chinesische Importe würden gar mit 60 Prozent belastet, und Trump bräuchte nicht einmal die Zustimmung des US-Kongresses für diesen riskanten Schritt. Riskant, weil die betroffenen Länder ihrerseits US-Importe mit Zöllen belegen könnten. Dieser Handelskrieg würde die Inflation weltweit schüren und exportorientierte Nationen wie Deutschland hart treffen. Laut einer Prognose von Bloomberg würden die USA selbst unter Trumps Zöllen leiden. Demnach könnten sie dazu führen, dass die Verbraucherpreise Ende 2026 um 2,5 Prozent höher und das BIP um 0,5 Prozent niedriger ausfallen.

Michael Mayer, Leiter Kapitalmarktanalyse bei Metzler Private Banking, hält es für möglich, dass der US-Aktienmarkt zunächst positiv auf einen Sieg von Trump reagieren könnte. „Viele Marktteilnehmer versprechen sich von einer zweiten Amtszeit Trumps vor allem weitere Steuersenkungen sowie Deregulierung – letzteres auch und vor allem im Bereich fossiler Energieerzeugung“, sagt er. Wie Galler befürchtet Mayer jedoch, dass die Inflation stark anziehen könnte, wenn Trump Importzölle durchsetzt und sowohl Fiskalausgaben als auch Staatsverschuldung noch ausweiten lässt.

Trump behauptet zwar, dass die Zolleinnahmen seine Steuersenkungen finanzieren würden. Das dürfte aber schwierig werden. Mayer verweist darauf, dass die Zolleinnahmen lediglich rund 2 Prozent der US-Staatseinnahmen betragen, während die aus Einkommens- und Unternehmenssteuern knapp 60 Prozent ausmachen. Die Gefahr hoher Inflation aufgrund von Trumps Wirtschaftspolitik ist durchaus gegeben. Mögliche Folgen wären Mayer zufolge steigende Renditen an den Anleihemärkten und ein schnelles Ende der geldpolitischen Lockerung durch die Fed. „Die Freude über niedrigere Steuern könnte recht schnell den Sorgen über eine protektionistische Handelspolitik und ausufernden Staatsschulden weichen“, warnt er.

Harris‘ Wirtschaftspolitik und die Folgen

Etwas vernünftiger scheinen die wirtschaftspolitischen Pläne von Harris zu sein. Anders als Trump denkt sie nicht daran, einen Krieg mit allen Handelspartnern zu riskieren. Harris hat aber auch nicht signalisiert, dass sie die Zölle auf Stahl, E-Autos, Halbleiter und Batterien für E-Autos aus China abschaffen will. Diese hatte Präsident Joe Biden vor kurzem kräftig erhöht, doch China hat bislang nicht zurückgeschlagen. Als Präsidentin will Harris außerdem die Verschuldungsproblematik angehen, und zwar durch eine Erhöhung der Körperschaftssteuer auf 28 Prozent. Das könnte die Inflationsgefahr vermindern. Positiv für die US-Wirtschaft sind noch ihre Pläne, Hauskäufern einen Bonus von 10.000 US-Dollar zu gewähren, Steuererleichterungen für niedrigere Einkommen sowie drei Millionen neue Häuser im Land zu bauen. Für die Maßnahmen benötigt Harris jedoch die Zustimmung des Kongresses, und es ist unklar, ob ihre demokratische Partei in beiden Kammern eine Mehrheit haben wird. Dies gilt aber auch für Trump und seine geplanten Steuersenkungen.

Möglicherweise inflationär sind dagegen Harris‘ Pläne für einen Mindestlohn von 15 US-Dollar pro Stunde und für Preiskontrollen im Lebensmittelsektor. Auch dafür bräuchte Harris die Zustimmung des Kongresses. Jedenfalls bezeichnet Mayer Harris' Wirtschaftspolitik und ihre Folgen – auch für die Inflation – als deutlich milder als die von Trump. „Ein Sieg von Kamala Harris steht größtenteils für ein ‘Weiter so'. Wir rechnen demnach nur mit begrenzten Impulsen für die US-Wirtschaft und den Kapitalmarkt“, sagt er. Und anders als bei Trump rechnet Mayer nicht mit größeren Ausschlägen am Kapitalmarkt.

Thomas Kruse, Chief Investment Officer bei Amundi Deutschland, geht davon aus, dass die Inflation im Vergleich zu den letzten zehn Jahren höher sein wird, und zwar unabhängig davon, wer gewinnt. Kruse glaubt auch nicht, dass die Fed bei anziehender Inflation schnell gegensteuern wird. „Mehr Inflation heißt nicht, dass die Fed frühzeitig die Zinsen wieder anheben muss. Anders als die EZB hat die Fed nicht nur die Inflationsentwicklung, sondern auch das Wirtschaftswachstum als Zielsetzung“, sagt er. Kruse sieht auch einen Wahlsieg von Trump als vorteilhafter für die Aktienmärkte und begründet dies damit, dass seine geplanten Steuersenkungen „die Unternehmensgewinne mittelfristig beflügeln und positive Impulse für den Aktienmarkt bieten.“ Dabei bleibt es zu hoffen, dass ein derartiges positives Szenario nicht von hoher Inflation in den USA oder von einem Handelskrieg getrübt würde.

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