Was eine "GroKo" für Rente und Altersvorsorge bedeutet
Die Bildung einer „Großen Koalition“ ist am Wochenende ein Stück weit wahrscheinlicher geworden: Vertreter von CDU, CSU und SPD beendeten am Wochenende ihre Sondierungsgespräche und vereinbarten, sich in Koalitionsverhandlungen zu begeben.
Erste Ergebnisse und Ziele hielten die drei Parteien in einem elfseitigen Sondierungspapier fest. Doch was beinhaltet dieses zu den für Versicherer und Makler wichtigen Themen wie Rente, Altersvorsorge, Pflege oder Gesundheitsversorgung? procontra fasst die wichtigsten Punkte des Papiers und die ersten Reaktionen hierauf zusammen:
Rente
„Wir werden die Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen“, heißt es vollmundig im Sondierungspapier. Dazu soll das Rentenniveau gesichert werden – bereits im Wahlkampf hatte die SPD für ein Rentenniveau in Höhe von 48 Prozent getrommelt.
Das muss allerdings gegenfinanziert werden. Die Union hatte im Vorfeld stets vor stark steigenden Sozialbeiträgen gewarnt. „Es bedarf eines entschiedenen Gegensteuerns mit dem Ziel, die Sozialabgaben bei 40 Prozent zu begrenzen“, hieß es in einer Großen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im vergangenen Jahr. Derzeit knabbern die Sozialbeiträge indes an der 42-Prozent-Marke – durch eine Sicherung des Rentenniveaus könnten sie in Zukunft weiter steigen.
Doch die drei Parteien glauben, es durch eine „wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, eine hohe Beschäftigungsquote und eine angemessene Lohnentwicklung“ finanzieren zu können. Kein Thema scheint indes mehr das sogenannte Generationenkapital.
Eine Flexibilisierung des Renteneintrittsalters findet sich indes nicht im Papier – ein Umstand, der von Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gegenüber Tagesschau.de stark kritisiert wurde. Stattdessen wollen die möglichen Koalitionäre an der abschlagfreien Rente nach 45 Beitragsjahren festhalten. Stattdessen setzen die Parteien auf Freiwilligkeit und wollen die Arbeit über das Renteneintrittsalter hinaus attraktiver machen. So soll das Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleiben.
Ins Geld gehen dürfte auch die von der CSU durchgesetzte Erhöhung der Mütterrente. So sollen auch für vor 1992 geborene Kinder drei statt wie bisher zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden. Die Erhöhung der Mütterrente bezeichnete Heinemann als „völlig ungezielte Maßnahme zulasten der Steuerzahler“.
Frühstartrente
Ins Sondierungspapier geschafft, hat es auch durch die sogenannte Frühstartrente, für die CDU und CSU geworben hatten. Die Unionsparteien hatten vorgeschlagen, dass für jedes Kind zwischen sechs und 18 Jahren pro Monat zehn Euro in ein eigenes Kapitalmarktdepot eingezahlt werden, so dass mit Erreichen des 18. Lebensjahres bereits 2.100 Euro – eine jährliche Rendite von sechs Prozent vorausgesetzt – vorhanden seien. Wer danach weiter monatlich 10 Euro einzahle, komme so auf einen Beitrag von mehr als 70.000 Euro zum Rentenbeginn. Über die konkrete Ausgestaltung verständigten sich die Parteien indes noch nicht – festgehalten ist lediglich, dass die Frühstartrente Thema bei den Koalitionsgesprächen werden solle.
Selbstständige
Selbstständige sollen besser gegen Altersarmut abgesichert werden – ein Ziel, das sich bereits die Ampel-Regierung in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte, ohne dass hieraus konkrete Taten folgten. Nun sollen neue Selbstständige wieder, sofern sie keinem obligatorischem Altersversicherungssystem zugeordnet sind, verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. „Andere Formen der Altersvorsorge, die eine verlässliche Absicherung für Selbstständige im Alter gewähren, bleiben weiterhin möglich“, heißt es weiter. Die Wahl eines privaten Altersvorsorgeprodukts als Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung soll also weiterhin möglich bleiben. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) moniert dabei das Fehlen einer Schonfrist, wie sie beispielsweise im Koalitionsvertrag der Ampel festgeschrieben war. „Das führt zu einer Überforderung in der Gründungsphase“, kritisiert der Verband. Auch die Ausgestaltung des geplanten Opt-out-Verfahren bliebe bislang unklar.
Altersvorsorge
Sehr wenig Raum wird indes der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge eingeräumt: der betrieblichen sowie der privaten Altersvorsorge. Zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) heißt es lediglich, dass diese gestärkt werden solle. Wie das geschehen soll, bleibt unerwähnt. Die SPD favorisiert hierbei eine Stärkung des sogenannten Sozialpartnermodells, das bislang kaum Verbreitung findet. Die Union hatte in ihrem Wahlprogramm indes lediglich geschrieben, dass man die Verbreitung bei kleinen und mittleren Unternehmen stärken wolle. Im neu verabschiedeten Grundsatzprogramm hatte die CDU noch eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge erwähnt – denkbar wäre es, eine solche Pflicht über die bAV abzudecken.
Auch bei der privaten Altersvorsorge bleiben die Parteien äußerst vage. Erwähnt wird im Sondierungspapier lediglich, dass diese reformiert werden soll.
Pflege
Bei den Pflegekassen wird das Geld immer knapper – erst vor kurzem wurde bekannt, dass ein Ausgleichsfonds einer Pflegekasse finanziell unter die Arme greifen musste. Auch die Eigenbeiträge steigen und steigen – zuletzt auf knapp 3.000 Euro im Durchschnitt. Die Themen Gesundheit und Pflege finden sich auch im Sondierungspapier wider – jedoch gerade einmal auf drei Zeilen. „Wir wollen eine große Pflegereform auf den Weg bringen“, heißt es hier – wie diese aussehen soll, bleibt unklar.
Die CDU hatte in ihrem Wahlprogramm einen Finanzierungsmix ins Spiel gebracht, bestehend aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, Steuermitteln, einer betrieblichen Mitfinanzierung sowie der eigenverantwortlichen Vorsorge, beispielsweise mit Hilfe privater Pflegeversicherungen.
Keine Erwähnung findet derweil die prekäre Situation der gesetzlichen Krankenkassen. Diese hatten im vergangenen Jahr ein Minus in Höhe von 6,2 Milliarden Euro erwirtschaftet.