Können vereinbarte Vergütungen einfach verringert werden?
Erst die EU-Kleinanlegerstrategie, dann die BaFin, und jüngst auch noch der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) – immer wieder wird der Ruf laut nach einem irgendwie gearteten Provisionsdeckel. Sogar aus den eigenen Reihen des Versicherungsvertriebes - wie das BDVM-Beispiel zeigt. Doch wie würde sich solch ein Provisionsdeckel auf die bestehenden Verträge zwischen den Versicherungsvermittlern und den Versicherern auswirken? Dürfen diese so einfach angepasst werden?
procontra sprach mit dem Rechtsanwalt Bernd Schleicher darüber, wie sich Änderungen der Provisionshöhe auf Ausschließlichkeitsvertreter und unabhängige Versicherungsmakler auswirken würden. Dabei spielt es eine große Rolle, aus welcher Richtung die Provisionsänderung kommt. Je nachdem, ob die EU eine Deckelung in einer Richtlinie vorschreibt, die BaFin diese vorgibt oder der Versicherer die Provisionshöhe verringern will.
1. Fall: Eine EU-Richtlinie oder ein Gesetz schreibt einen Provisionsdeckel vor
Würde die EU tatsächlich eine Richtlinie verabschieden, die Provisionen deckelt, oder es würde in Deutschland ein entsprechendes Gesetz erlassen, würde das für den Handelsvertretervertrag den Wegfall der Geschäftsgrundlage bedeuten. Ähnliches gilt für die Courtagevereinbarung mit einem Makler. Da die Parteien in einem Dauerschuldverhältnis stehen, müssen sie sich dann auf einen neuen Vertrag einigen. Dabei besteht auf beiden Seiten weiterhin ein Gestaltungsspielraum und in dem vorgegebenen Rahmen Vertragsfreiheit. Im Ausschließlichkeitsvertrieb werden in so einem Fall zumeist die Hausvereine (gemeint sind die Gewerkschaften der Vertreter bei den Versicherern) aktiv und unterbreiten einen Vorschlag für einen neuen Vertrag. Kommen die Vertragsparteien dennoch nicht zusammen, müssen am Ende Richter darüber entscheiden, was eine vernünftige Lösung wäre. Für Vertreter im Ausschließlichkeitsvertrieb gibt es zudem einen Ausgleichsanspruch nach 89b HGB, sollte der Vertrag aufgrund dessen beendet werden.
2. Fall: BaFin/Behörde erlässt einen Bescheid
Würde dagegen die Bafin – als Behörde - die Versicherer auffordern, ihre Vergütungen anzupassen, bliebe den Versicherungsunternehmen noch die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen diesen Bescheid einzulegen. Erst wenn der Bescheid rechtskräftig wird, also die Rechtsmittel erschöpft sind oder nicht erfolgreich waren, gilt dieser genauso wie ein Gesetz auch. Dann müssten sich die Parteien auf neue Verträge einigen.
3. Fall: Die Versicherer wollen ihre Provisionen aus Eigeninitiative verringern
Im diesem Falle sind die Versicherer auf das Entgegenkommen von Vertretern und Maklern angewiesen. Die „alten“ Vereinbarungen müssten gekündigt und neue Regelungen getroffen werden. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen dem Ausschließlichkeitsvertrieb und einem unabhängigen Makler besonders. Während der Ausschließlichkeitsvertreter nur für ein Unternehmen tätig ist und eine permanente Vermittlungspflicht hat, müssen Makler grundsätzlich aus dem ganzen Marktangebot für den Kunden auswählen, sie haben also Alternativen. Zum Teil ist der Makler auch als Handelsvertreter für einen Maklerpool tätig und erhält von der Seite Schützenhilfe bei Vergütungsvereinbarungen. Dafür können Courtagevereinbarungen fast jederzeit gekündigt werden. In der Praxis wird es jedoch meist auf eine Einigung zwischen Versicherer und Makler hinauslaufen. Oder der Makler vertreibt nur noch Nettopolicen des Versicherers – ohne Abschlussprovision - und schließt mit dem Kunden direkt eine Vergütungsvereinbarung.