Urteil

Versicherer muss Detektivbericht mit Kunden teilen

Ein Haftpflichtversicherer glaubte den Angaben eines Unfallopfers nicht und ließ dieses beschatten. Den Bericht der Detektei wollte er dem Opfer nicht zur Verfügung stellen. Nun muss er es aber.

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12:07 Uhr | 18. Juli | 2024
Detektiv

Beauftragt ein Versicherer zur Überprüfung eines Schadenfalls ein Detektivbüro, muss dessen Bericht im Anschluss unter bestimmten Bedingungen dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.

| Quelle: DedMityay

Nicht immer glaubt der Versicherer den Schadenmeldungen seiner Kunden. Laut GDV erscheint den Versicherern durchschnittlich jede zehnte Schadenmeldung zweifelhaft. In diesen Fällen greift ein Versicherer dann auch mal auf die Dienste eines Privatdetektivs zurück, um den wahren Sachverhalt zu ermitteln.

Wenn im Zuge der Ermittlungen jedoch personenbezogene Daten gesammelt werden, hat der Versicherungsnehmer in bestimmten Fällen ein Recht zu erfahren, welche Daten erfasst wurden. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg hervor (Az: 13 U 48/23, Urteil vom 5. April 2024).

Wie schwer waren die Unfallfolgen?

Im vorliegenden Fall war es zunächst zu einem Verkehrsunfall gekommen. Das Unfallopfer machte daraufhin Leistungen gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers geltend. Der Versicherer hatte allerdings Zweifel an den Einschränkungen, die der Mann als Unfallfolgen angab. Daraufhin wurde eine Privatdetektei engagiert, die das Unfallopfer daraufhin mehrere Wochen observierte, um herauszufinden, wie stark der Mann tatsächlich in seinem Alltag eingeschränkt war.

In seinem Bericht kam der Detektiv tatsächlich zu dem Schluss, dass der Versicherungsnehmer bei den Unfallfolgen übertrieben hatte. Dieser verlangte daraufhin Einsicht in den Bericht.

Der Versicherer wollte diesen allerdings nicht vollumfänglich mit dem Kläger teilen und berief sich auf sein datenschutzrechtliches Geheimhaltungsinteresse. Es bestehe die Gefahr, dass der Kläger die Informationen aus den Ermittlungsberichten in einem späteren Rechtsstreit zum Umfang der Versicherungsleistungen dazu nutzen könnte, seine Erzählung an die Erkenntnisse des Berichts anzupassen. Gegen ein solches Vorgehen müsse sich der Versicherer schützen, so seine Argumentation, indem er bestimmte Informationen zurückhalte.

Berufung hat Erfolg

Tatsächlich hatte das Landgericht der Versicherung ein Geheimhaltungsinteresse zugestanden. Das OLG bewertete den Fall jedoch anders. Da seitens der Versicherung personenbezogene Daten gesammelt worden waren, habe der Kläger gemäß Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einen Auskunftsanspruch. Betroffenen stünde in solchen Fällen ein generell schutzwürdiges Interesse an der Auskunft zu. Das Auskunftsrecht verfolge schließlich den Zweck, sich der Verarbeitung der personenbezogenen Daten bewusst zu werden und diese zu überprüfen.

Ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Versicherers – beispielsweise der Schutz von Geschäftsgeheimnissen – erkannte das Gericht nicht. Die Versicherung müsse die Daten schließlich bei einem möglichen späteren Rechtsstreit sowieso offenlegen und dem Kläger eine Reaktion darauf ermöglichen. Zudem sei es nicht gesagt, dass der Kläger die ihm zur Verfügung gestellten Informationen gegen die Versicherung verwenden würde. Denkbar sei genauso, dass er sich – je nach Inhalt des Berichts – dazu entscheidet, die Versicherung überhaupt nicht in Anspruch zu nehmen.

Die Versicherung muss somit alle personenbezogenen Daten sowie die Detektivbericht dem Kläger zur Verfügung stellen. Das Urteil ist rechtskräftig.