Versicherungsmakler Daniel Jokisch im Interview

Versicherungsschutz rund ums Pferd: Welche Policen braucht es (nicht)?

Knapp 4 Millionen Menschen in Deutschland bezeichnen sich selbst als Reiter. Der Versicherungsschutz für Pferde und Reiter ist dabei nicht ohne Tücken, weiß Versicherungsmakler Daniel Jokisch zu berichten. Über essentielle und eher verzichtbare Policen berichtet er im ersten Teil des procontra-Interviews.

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09:04 Uhr | 12. April | 2023
Daniel Jokisch

Machte aus seiner Leidenschaft für Pferde seinen Beruf: Versicherungsmakler Daniel Jokisch

| Quelle: Privat

Das Glück dieser Erde liegt bekanntlich auf dem Rücken der Pferde. Das behaupten zumindest die Pferdeliebhaber. Und das sind in Deutschland eine ganze Menge. Laut einer Umfrage des Allensbach Institutes aus dem jahr 2016 sind 14 Millionen Deutsche am Reiten interessiert, knapp vier Millionen interessieren sich ganz besonders für den Reitsport.

Wer reitet, sollte Pferd, vor allem aber den Reiter gut absichern. Doch hier gibt es offenbar viele offene Fragen und Unstimmigkeiten – so finden sich in den Urteilsdatenbanken zahllose Urteile mit Pferdebezug. Wie kann man aber Streit mit seiner Versicherung vermeiden? Welche Versicherungen sollten dringend abgeschlossen werden und welche sind eher veerzichtbar?

Zur Beantwortung dieser Fragen gibt es landesweit wohl kaum einen besseren Ansprechpartner als Daniel Jokisch. Der Aachener hat sich nicht nur in Jugendjahren sein Taschengeld durch Jobs auf dem Perdesportturnier CHIO aufgebessert, sondern seine Leidenschaft später auch zum Beruf gemacht. Mit seinnem Unternehmen Reiter & Ross hat er sich auf alles und jeden rund um Stuten und Hengste spezialisiert und wurde für diesen Ansatz 2020 auch mit dem zweiten Platz beim Jungmakler-Award ausgezeichnet.

procontra:

Die Zahl der Pferdebesitzer in Deutschland wächst. Welche Risiken müssen sie beachten hinsichtlich des Versicherungsschutzes?

Daniel Jokisch:

Es kommt darauf an, eine pauschale Antwort gibt es nicht. Was aber jeder Pferdehalter braucht, ist eine Haftpflichtversicherung für Pferde. Ich kann nicht nachvollziehen, dass z.B. bei uns in Nordrhein-Westfahlen Hunde, die größer als 40 Zentimeter bzw. schwerer als 20kg sind, haftpflichtversichert sein müssen, beim Pferd hingegen keine Pflicht besteht. Diese Police ist ein absolutes Muss. Bei allen anderen Versicherungen kommt es immer auf die Situation an.

procontra:

Warum ist diese Police so wichtig?

Jokisch:

Egal, wie brav Ihr Pferd ist und wie sehr Sie ihm vertrauen – Pferde sind und bleiben Fluchttiere. Pferdehalter haften für die Schäden, die Ihre Schützlinge verursachen. Wird ein Mensch durch Ihr Pferd verletzt kann dies mehrere hunderttausende Euro bzw. sogar Schäden in Millionenhöhe verursachen. Dies kann Sie in den finanziellen Ruin stürzen.

procontra:

Welche Versicherungen sollten Pferdebesitzer außerdem unbedingt abschließen?

Jokisch:

Wenn ich meine Kunden oder Kundinnen, davon viele junge Frauen frage, ob sie mal über eine Arbeitskraftabsicherung nachgedacht haben, antworten sie: „Nein, die 70 Euro kann ich mir nicht leisten.“ Dann sage ich: „Naja, nur wenn dir etwas passiert, hat das nicht nur Folgen für dich. Dein Pferd bekommt dann auch nichts mehr zu essen.“ Man muss das Thema ganzheitlich betrachten.

procontra:

Haben Kunden auch oft Policen, die sie gar nicht brauchen?

Jokisch:

Seit die Gebührenordnung für Tierärzte angepasst wurde, fragen mich Kunden häufiger nach Tierkrankenversicherungen. Eine Krankenversicherung ist aber teuer, sie kostet etwa 200 Euro im Monat. Wir haben für unsere Pferde ein OP-Versicherung, denn das ist ein Großkostenrisiko. Die Tiere verletzen sich schnell, ob auf der Weide oder beim Sport. Das kommt in der Regel unerwartet. Die Differenz zur Krankenversicherung würde ich sparen. Für drei Pferde wären es 600 Euro nur für die Krankenversicherung pro Monat. Das können sich viele gar nicht leisten bzw. man muss genau überlegen, wann welche Versicherung Sinn macht.

procontra:

Also würden Sie generell von einer Tierkrankenpolice abraten?

Jokisch:

Ich würde nicht sagen, dass man die Krankenversicherung „generell“ nicht braucht. Das Pferd einer Kundin hatte eine Salmonellenvergiftung und war mehre Wochen in der Klinik, auch auf der Intensivstation. Die Kosten lagen bei 15.000 Euro. Das war von der OP-Versicherung nicht abgedeckt, weil keine OP stattgefunden hat. Aber das ist nur ein Beispiel. Ich verkaufe nicht gerne Versicherungen mit Angst.

procontra:

Haben Sie eine solche Pferde-Krankenversicherung abgeschlossen?

Jokisch:

Nein, das hätte sich auch nicht gerechnet. Man muss sich überlegen, wie oft so ein Fall wirklich auftritt. Wer ein chronisch krankes Pferd hat, für den kann das sinnvoll sein. Für eine gute Krankenversicherung zahlt man aktuell, einen eventuellen Selbstbehalt eingerechnet, ca. 3000 € pro Jahr. Tendenz steigend. Wenn man der Versicherungsbeitrag auf zehn Jahre hochrechnet, ist man schon weit über den Kosten, die meine Kundin für die Behandlung gezahlt hat. Dennoch: Für Sportpferde oder in verschiedenen Konstellationen, kann eine Krankenversicherung sinnvoll sein. Aber: Mit einer Krankenversicherung sind andere Risiken und auch nicht alle Tierarztkosten abgedeckt. Genau dafür beraten wir aber unsere Kunden, um zu schauen was wirklich benötigt wird.

procontra:

Welche Risiken sind das?

Jokisch:

Die Krankenversicherungen deckeln Vorsorge und Impfungen in der Regel bei 100 Euro. Eine Nachimpfung gegen Herpes hat mich letzte Woche 195 Euro gekostet. Ich kann Ihnen fünf Extrembeispiele nennen, wo eine Krankenversicherung gut gewesen wäre. Ich kann Ihnen aber auch weitaus mehr Gegenbeispiele nennen.

procontra:

Spielen unterschiedliche Reitstile, wie Spring- oder Dressurreiten, für die Versicherbarkeit des Pferds eine Rolle?

Jokisch:

Im normalen Freizeitbereich braucht es keinen speziellen Schutz. Wenn es um das Thema Lebensversicherung für Pferde geht, gibt es Unterschiede in Bezug auf die Reitstile: Die Prämien für Vielseitigkeitsreiter sind wesentlich höher als bei Dressurreitern. Denn bei Vielseitigkeit verletzen sich die Pferde häufiger und intensiver.

procontra:

Ist eine Lebensversicherung für Pferde wirklich ratsam oder reiten wir hier wieder in den Bereich der unnötigen Versicherungen?

Jokisch:

Wer seine Existenz mit einem Pferd bestreitet, für den kann sich eine Lebensversicherung lohnen. Ich habe gerade eine Kundin, eine sehr erfolgreiche Reitsportlerin, mit einem selbstgezogenen Pferd, das um die 500.000 Euro wert ist. Es geht der Kundin finanziell sehr gut, aber wenn dem Pferd etwas passiert, wäre es nicht möglich für 500.000 Euro ein gleichwertiges Pferd als Ersatz zu bekommen. So jemand sollte über eine Lebensversicherung nachdenken, sofern er sportliche Ambitionen hat und diese weiter verfolgen möchte.

procontra:

Wie viele Lebensversicherungen verkaufen Sie?

Jokisch:

Tatsächlich wenig. Ich berate so, dass jeder ein Gefühl dafür bekommt, was er wirklich braucht. Die meisten Kunden sparen das Geld lieber, wenn es nicht um die eigene Existenz geht. Angenommen Sie haben ein normales Freizeitpferd mit einem materiellen Wert von 5. bis zu 7.000 Euro. Eine Lebensversicherung kostet in diesem Fall etwa 45 Euro monatlich. Den Abschluss sollte man sich gut überlegen, denn Ihre Existenz ist nicht bedroht, sollte das Pferd zu Schaden kommen.

procontra:

Welche Versicherer empfehlen Sie?

Jokisch:

Ich gebe grundsätzlich keine pauschalen Empfehlungen. Es kommt auf die Situation an. Aber natürlich gibt es Versicherer, bei denen die Schadenabwicklung besser und schlechter funktioniert. Hier geben wir, neben dem Thema Bedingungswerk, unseren Kunden auch Hinweise, die wir aus unserer Erfahrung ziehen.