Maklerin im Interview

„Privater Cyber-Schutz kann für Makler zum Haftungsproblem werden“

Private Cyberversicherungen sind nicht gerade als Kassenschlager bekannt. Was sich bei den Tarifen tut und worauf es bei der Beratung ankommt, erklärt Spezialmaklerin Asta Hübner.

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14:06 Uhr | 13. Juni | 2023
Interview zur privaten Cyberversicherung

Maklerin Asta Hübner ist eine der Geschäftsführerinnen von der AsBo SpezialMakler GmbH in Neubrandenburg.

| Quelle: AsBo

procontra: Führt die private Cyberversicherung in Ihrem Beratungsalltag immer noch ein Schattendasein oder vermitteln Sie mittlerweile täglich solche Policen?

Asta Hübner: Sie führt auf jeden Fall weiterhin ein Schattendasein. Wir als Maklerinnen müssen diesen Bereich natürlich aus Haftungsgründen ansprechen. Aber die private Cyberversicherung ist ein Produkt beziehungsweise ein Thema, mit dem sich die meisten Verbraucher nicht auseinandersetzen möchten – obwohl es zahlreiche Risiken gibt und der Bedarf definitiv steigt.

procontra: Wie kommt es zu dieser Kluft?

Hübner: Es liegt vor allem daran, dass es keine GDV-Musterbedingungen für die private Cyberversicherung gibt. Deshalb gibt es viele sehr unterschiedliche Tarife. Darunter befinden sich umfangreiche Policen, also echte Versicherungen, aber auch Produkte, die sozusagen nur Schutzbriefe sind, die nur eine Reihe von oberflächlichen Serviceleistungen enthalten. Über diese kann man beispielsweise checken lassen, ob die eigenen Daten irgendwo im Internet zweckentfremdet werden. Aber die daraus entstehenden Schäden ersetzen solche Tarife nicht. Es fehlt also die Übersicht, was eine richtige private Cyberversicherung überhaupt ist.

procontra: Welche Cyberschutz-Leistungen sind denn für Privatleute besonders wichtig? 

Hübner: Zunächst mal beinhalten die guten privaten Cyberversicherungen die besagten Schutzbriefe und kosten kaum mehr, als wenn man diese einzeln abschließt. Dann sollte auf jeden Fall der Missbrauch von Bankdaten versichert sein, also wenn unberechtigt Geld von meinem Konto abgebucht wird. Was die Bank nicht zurückholen kann beziehungsweise nicht ersetzt, zahlt dann die Cyber-Police. Hier liegen die Entschädigungsgrenzen am Markt zwischen 2.000 und 15.000 Euro, also gibt es auch hier große Unterschiede. Auch Käufe und Verkäufe über das Internet sollten abgesichert sein, beispielsweise wenn man sein Geld an einen Fake-Shop überweist und keine Ware erhält. Und natürlich der klassische Hardware-/Software-Schutz, also die Reparatur oder Wiederbeschaffung von Geräten sowie die Rettung und Wiederherstellung von Daten.

procontra: Und mit solchen Leistungen kann man niemanden vom Abschluss überzeugen?

Hübner: Akademiker, unabhängig vom Alter, sind dem Thema Cyberschutz gegenüber schon deutlich aufgeschlossener. Den Absicherungsbedarf anderer Menschen, die keine eigene private Cyber-Police abschließen möchten, lösen wir oft auch über den Bereich Silent Cyber.

Deshalb vermitteln wir nur Hausrat-Tarife, die diesen Passus enthalten. Auch, um als Maklerinnen kein Haftungsproblem zu bekommen.
Asta Hübner

procontra: Also über Leistungen, die zum Beispiel in der Privathaftpflicht- oder der Hausratversicherung unbeabsichtigt enthalten sind? Wie nutzen Sie das in Ihrer Beratung?

Hübner: Die Privathaftpflichtversicherung steht zum Beispiel dafür ein, wenn ein Virus unbemerkt über meinen Computer zu jemand anderem gelangt und dort Schaden verursacht. Konkret hier packen viele Haftpflichtversicherer mittlerweile ihre Silent-Cyber-Risiken aktiv und im Sinne der Kunden an, in dem sie ihre Bedingungen so aktualisieren, dass Internetnutzung und elektronischer Datenaustausch namentlich mitversichert sind. In Hausrat greift etwa bei einem Drittel der Anbieter bei der Gefahr Einbruchdiebstahl der Passus ‚wenn man Opfer einer polizeilich angezeigten Straftat‘ wird. Als dieser geschrieben wurde, hatten die Versicherer keine Cyber-Schäden auf dem Schirm. Aber durch den Passus sind diese mit abgedeckt, wenn Sie nach einem Cyber-Angriff Anzeige gegen unbekannt stellen, zum Beispiel auch über die Onlinewache der Polizei. Deshalb vermitteln wir nur Hausrat-Tarife, die diesen Passus enthalten. Auch, um als Maklerinnen kein Haftungsproblem zu bekommen.

procontra: Heißt das, wer als Makler Hausrat-Tarife ohne diesen Passus vermittelt, begeht einen Beratungsfehler?

Hübner: Ja.

procontra: Junge Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, sind im Internet sehr aktiv. Was leisten private Cyber-Policen denn für diese Zielgruppe, zum Beispiel rund um das Thema Cybermobbing?

Hübner: Hierzu gibt es überwiegend drei Leistungsbausteine. Erstens die anwaltliche Beratung, um gegen die Täter vorzugehen, die zum Beispiel unrechtmäßig Bilder von anderen Menschen im Internet posten oder dort gegen diese hetzen. Hier zahlen aber auch die guten Tarife nur die Erstberatung, Prozesskosten werden nicht übernommen. Dazu braucht es dann die Privatrechtsschutzversicherung. Zweitens die Krisenintervention, also psychologische Beratung, nachdem so etwas passiert ist. Hier liegen die Sublimits aber bei 300 bis 500 Euro, was nur für einzelne psychotherapeutische Sitzungen ausreicht. Und drittens die Löschung der Daten im Internet. Dazu unternehmen die meisten Tarife bis zu vier Versuche.

procontra: Wird die private Cyberversicherung in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen?

Hübner: Ich denke, die Menschen werden zunehmend für Cyber-Gefahren sensibilisiert und entsprechend werden die Abschlusszahlen steigen – allerdings erst, wenn die Tarife miteinander vergleichbar sind, es also auch Vergleichsrechner dafür gibt. Zudem ist man aktuell auf Basis von Umfragen auf dem Stand, dass die Menschen im Schnitt nur maximal fünf Euro im Monat für privaten Cyber-Versicherungsschutz ausgeben würden. Das ist für die Versicherer kein lukratives Geschäft und entsprechend wenig Aufmerksamkeit erhält dieser Bereich. Der Bedarf muss einfach über Aufklärung geweckt werden. Die Schulen bereiten die jungen Menschen hier schon deutlich besser auf die Gefahren im Netz vor als noch vor ein paar Jahren. Ich würde mir aber vor allem mehr staatliche Kampagnen wünschen, um mehr Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu schaffen.