Wann die Hausratversicherung (nicht) leisten muss
Wer sich über seinen Versicherer ärgert, zum Beispiel weil dieser einen gemeldeten Schaden nicht oder nicht vollständig bezahlen möchte, kann sich an den Versicherungsombudsmann wenden. Die Schlichtungsstelle bewertet die Situation fachlich, sucht nach einer Einigung zwischen Versicherer und Kunden und kann im Ernstfall den Versicherer, wenn sie es für richtig hält, bis zu einem Betrag von 10.000 Euro zur Leistung verpflichten. Zwar gehört die Hausratversicherung generell zu den Sparten, über die verhältnismäßig wenige Beschwerden eingehen. Jedoch verzeichnete diese im Jahr 2023 einen Anstieg von zuvor 665 auf 800 zulässige Beschwerden. Mit dabei waren auch wieder einige interessante Fälle, die der mittlerweile abgetretene Ombudsmann Dr. Wilhelm Schluckebier in seinem letzten Jahresbericht zusammengestellt hat:
Diebstahl aus dem Wohnmobil
Einer Frau wurden während ihrem Italienurlaub Hausratgegenstände im Wert von rund 2.000 Euro aus dem Wohnmobil gestohlen. Mangels Einbruchspuren ging der Versicherer davon aus, dass ein mit drei Hebeln zu schließendes Fenster des Wohnmobils nicht vollständig verschlossen war und verwies auf die der Kundin obliegende Beweislast. Auf Basis eines allgemein verfügbaren Videos, welches zeigt, wie die Fenster dieses Typs mit dem entsprechenden Werkzeug relativ leicht und offenbar spurenlos geöffnet werden können, zumindest wenn sich nicht alle drei Hebel vollständig in der richtigen Stellung befinden, diskutierte der Ombudsmann mit einer Mitarbeiterin des Hausratversicherers über das „Verschlossensein“ des Fensters im Sinne der Vertragsklausel. In jedem Fall sei es nicht unwahrscheinlich, dass sich der Diebstahl auf diese Weise ereignet haben könnte. Daraufhin kam der Hausratversicherer der Bitte des Ombudsmanns nach und verständigte sich mit der Frau auf eine reduzierte Leistung in Höhe von 1.500 Euro.
Falschberatung vor Ahrtal-Katastrophe
Das Haus einer Frau war durch die Ahrtal-Flut im Juli 2021 stark beschädigt worden. Allein die Hausratschäden bezifferte sie auf 64.500 Euro. Leider enthielt ihre Hausratversicherung keine Absicherung gegen Elementargefahren. Die Schuld für die fehlende Absicherung sah sie bei ihrem Versicherungsmakler, der ihr zwar Jahre vorher eine Hausrat-Police vermittelt, auf die Absicherung von Elementarschäden jedoch nicht hingewiesen hatte. In den Beratungsunterlagen hatte er damals das Thema Hausrat gleichwohl unter der Rubrik „Zielerreichung nach Plan“ mit „100 Prozent“ eingestuft. Laut dem Bericht des Ombudsmanns versuchte sich der Makler in Gesprächen herauszuwinden und die Schuld für die Nicht-Versicherung der Frau aufzubürden. Aus Sicht des Ombudsmanns lag aber ein noch nicht verjährter Beratungsfehler vor, zumal die Kundin die Versicherbarkeit ihres Hauses mittlerweile sogar belegen konnte. Auch ein Mitverschulden der Frau, da sie den Elementarschutz nicht selbst verlangt hatte, würde laut BGH-Rechtsprechung nicht in Betracht kommen. Erst jetzt lenkte der Makler ein und meldete einen möglichen Vermögenschaden bei seinem Haftpflichtversicherer. Mittlerweile hatte die Frau schon über 48.000 Euro an staatlichen Hilfen erhalten. Zudem wollte sich die Frau anscheinend wegen Umzug und Jobwechsel nicht mehr die Mühe einer genauen Schadenaufstellung machen. Somit einigten sich die Beteiligten schließlich auf eine Vergleichsvereinbarung in Höhe von 10.000 Euro.
Ombudsmann bleibt bei Datenverlust hart
Nach einem Überspannungsschaden stellte eine Fachfirma den Defekt eines häuslichen PCs fest und erstellte einen Kostenvoranschlag für neue Teile. Hierfür erklärte der Hausratversicherer des Kunden Deckung. Erst im Zuge der Einrichtung des neuen Geräts stellte die Fachfirma einen Partitionsverlust der Datenfestplatte des alten PCs fest und führte Datenrettungsmaßnahmen durch. Dies bedingte den Neuerwerb der Office-Programm für 149,99 Euro sowie 17,5 Arbeitsstunden. Das Office-Paket wollte der Hausratversicherer wegen Ausschluss nicht bezahlen und bei der Datenrettung sah er zehn Arbeitsstunden als ausreichend an. Außerdem habe der Kunde die vertragliche Obliegenheit, Kosten vor der Inanspruchnahme mit ihr abzusprechen und durch sie freigeben zu lassen. Bezüglich des Ausschlusses der Office-Kosten stimmte der Ombudsmann dem Versicherer zu, bei den Arbeitsstunden war er jedoch auf der Seite des Versicherten. Dieser argumentierte, dass eine IT-Firma erst im Laufe der Installations- und Reparaturarbeiten feststellen könne, wie lange diese dauern würden. Die vom Kunden beauftragte Firma trug auf Nachfrage vor, dass man bei so einem umfangreichen Überspannungsschaden die benötigte Arbeitszeit für alle notwendigen Tätigkeiten nicht im Vorhinein einschätzen könne. Der Partitionsverlust der Datenfestplatte sei ihr bei der Angebotserstellung zudem noch nicht aufgefallen. Der Ombudsmann unterstützte den Kunden, da er seiner Beweislastpflicht nachgekommen sei, wohingegen der Hausratversicherer weiterhin nur unsubstanziiert die Notwendigkeit von mehr als zehn Arbeitsstunden bestritten hatte. Außerdem enthielten weder der allgemeine Teil der Versicherungsbedingungen noch die Klausel zu den Datenrettungskosten eine vertraglich vereinbarte Verpflichtung zu einer vorherigen Mitteilung an und eine Freigabe durch den Hausratversicherer. Es sei also nicht Usus, dass der Kunde dem Versicherer zunächst eine konkrete Arbeitsstundenaufstellung für die Datenrettung vorlege und dieser dann vor Auftragserteilung erst seine Zustimmung gebe. Zudem sei es weder ersichtlich noch belegt, dass ein anderer IT-Dienstleister die Arbeiten in kürzerer Zeit hätte durchführen können. Da der Hausratversicherer sich trotzdem weiter weigerte, die zusätzlichen Kosten zu bezahlen, verpflichtete der Ombudsmann ihn zur Leistung.