Jahresbericht des Ombudsmanns

Wann die Wohngebäudeversicherung (nicht) zahlen muss

Das Beschwerdeaufkommen bei Ombudsmann im Bezug auf die Gebäudeversicherung ging 2023 merklich zurück. Dennoch landeten einige interessante Fälle auf dem Schreibtisch von Wilhelm Schluckebier.

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11:05 Uhr | 27. Mai | 2024
Ein Wohnzimmer liegt nach einem Brand in Trümmern

Die Wohngebäudeversicherung ist für Hausbesitzer von elementarer Bedeutung. Doch nicht immer verläuft der Leistungsfall reibungsvoll. In diesen Fällen kommt der Ombudsmann ins Spiel.

| Quelle: nicolamargaret

Gebäudeversicherungen gehören beim Versicherungsombudsmann traditionell zu den Beschwerdeschwerpunkten. Insgesamt 1.523 zulässige Beschwerden erreichten Wilhelm Schluckebier im vergangenen Jahr – das entspricht 11,4 Prozent aller zulässigen Unternehmensbeschwerden. Nur zu den Bereichen Leben, Rechtsschutz und Kfz-Kasko gingen im vergangenen Jahr mehr Beschwerden ein.

Gegenüber 2022 entwickelte sich das Beschwerdeaufkommen jedoch deutlich rückläufig. Gegenüber dem Vorjahr, als noch 1.769 zulässige Beschwerde auf dem Schreibtisch des Ombudsmanns landeten, waren es im vergangenen Jahr 246 weniger – das entspricht einem Rückgang von 13,9 Prozent. Der Rückgang ist in erster Linie auf einen Sondereffekt aus dem Jahr 2021 zurückzuführen, wie es im Jahresbericht des Ombudsmanns heißt. Damals hatte ein größerer Makler zahlreiche Verträge in der Hausrat- sowie Wohngebäudeversicherung umgedeckt, was zu viel Streit mit den Versicherten führte. Während es 2021 noch zu rund 800 Beschwerden zu dieser Thematik gab, sank deren Aufkommen im vergangenen Jahr auf 40.

Der Vorfall dürfte auch maßgeblich dafür sein, dass Gebäudeversicherungen auch 2023 – zusammen mit der Lebensversicherung – der häufigste Beschwerdegrund bei den Vermittlerbeschwerden waren. 27,6 Prozent der 138 zulässigen Vermittlerbeschwerden entfielen auf sie, im vergangenen Jahr waren es gar knapp 70 Prozent gewesen.

Ein häufiger Beschwerdegrund waren laut aktuellem Jahresbericht auch die Beitragsanpassungen der Versicherer. Diese werden in der Gebäudeversicherung über einen Anpassungsfaktor jährlich neu berechnet. Zahlreiche Versicherungsnehmer beriefen sich darum auf ein Sonderkündigungsrecht und wollten zu einem günstigeren Anbieter wechseln, berichtet der Ombudsmann. „Ein Sonderkündigungsrecht ergibt sich aus einer Beitragsanpassung über den Anpassungsfaktor jedoch nicht“, heißt es im Jahresbericht. Die entsprechenden Beschwerden blieben somit ohne Aussicht auf Erfolg.

Andere Fälle waren da schon erfolgsversprechender, wie die folgenden drei Beispiele zeigen:

1.) Eine Frage der Rechenkünste

Da hatte es sich der Versicherer schlicht zu einfach gemacht: Ein Kunde hatte einen Rohrbruchschaden gemeldet. Bei der Untersuchung der Abflussleitung wurden gleich sechs Rohrbrüche festgestellt, jedoch auch 21 nicht von der Gebäudeversicherung abgedeckte Schäden, beispielsweise Wurzeleinwuchs. Für die hierdurch notwendigen Arbeiten (Instandsetzen der Grundleitung, Entfernen der Ablagerungen mittels Fräsroboter, Erneuerung einer defekten Revisionsöffnung) fielen Kosten in Höhe von 9.637,55 Euro an. Der Versicherer wollte allerdings von den 27 registrierten Schäden nur die versicherten sechs übernehmen. Darum teilte er die Gesamtkosten durch 27 und multiplizierte diese Zahl dann mit sechs. Ergo: 2.141,73 Euro.

Hier hat es sich der Versicherer aber zu einfach gemacht, bemerkt der Ombudsmann. Der Versicherer hätte stattdessen ermitteln müssen, welche Kosten konkret für die Behebung der sechs versicherten Schäden anfiel. So war beispielsweise eine Baustelleneinrichtung notwendig, für die bereits 499 Euro anfielen. Der Versicherer rechnete daraufhin noch einmal nach und erstattete dem Kunden schließlich 5.128 Euro.

2.) Verhängnisvolle Klauseln

 Auch wenn es Erdbeben in Deutschland selten in die Nachrichten schaffen, wackelt auch hierzulande ab und an die Erde. Eine Versicherungsnehmerin wollte nach einem Erdbeben der Stärkte 3,5 auf der Richterskala drei leichte Rissbildungen an den Außenwänden ihres Hauses als Erdbebenschaden anerkannt wissen. Zwar bestätigte der Versicherer, dass die Risse durch das Erdbeben verursacht worden seien. Es verwies jedoch auf seine Vertragsbedingungen, wo es hieß:

„Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch (…) Schäden, die infolge eines Erdbebens entstanden sind, wenn die Standfestigkeit der versicherten Sache noch gewährleistet ist oder deren Benutzbarkeit nur geringfügig gemindert ist.“

Der Ombudsmann prüfte zum einen den unsauber formulierten Ausschluss, zum anderen, ob durch diesen der Vertragszweck gefährdet wird. Der BGH hatte 2017 formuliert, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer von seiner Gebäudeversicherung einen umfassenden Schutz erwarte. Nun ist aber nicht jede Begrenzung des Leistungsversprechens auch eine Gefährdung des Vertragszwecks. Eine solche liegt laut Ombudsmann erst dann vor, wenn durch diese der Vertragszweck ausgehöhlt werde.

Nach Einschätzung des Ombudsmanns könnte das bei der vorliegenden Ausschlussklausel der Fall sein. Schließlich dürften Erdbeben in hiesigen Gefilden in den wenigsten Fällen zu einer Beeinträchtigung der Standfestigkeit führen. Um diese Einschätzung zu bestätigen, bräuchte es jedoch ein Gutachten. Ein solches kann der Ombudsmann jedoch nicht erstellen lassen, so dass er letztlich keine Entscheidung darüber treffen konnte, ob die Klausel den Vertragszweck gefährde.

3.) Rohr oder nicht Rohr, das ist hier die Frage

Wie komplex die Auslegung der Versicherungsbedingungen sein kann, illustriert ein weiterer Fall des Versicherungsombudsmanns: In diesem ging es um die Frage,  wann ein Rohrbruch als versichert gilt und wann nicht. Doch von vorne: Auf dem Versichertengrundstück befindet sich eine Zisterne, die das Regenwasser sammelt. Ein mit dieser verbundenes Rohr platzte, wodurch es zu Nässeschäden an den Außenwänden des Hauses kam.

Der Versicherer verweigerte die Zahlung: Er argumentierte, dass die Zisterne zwar versichert sei, diese aber nicht der Wasserversorgung des Hauses dienen würde. Vielmehr würde das Regenwasser versickern. Das zur Zisterne verlaufene Rohr könne folglich nicht als Zuleitungsrohr der Wasserversorgung des Gebäudes im Sinne der Versicherungsbedingungen gewertet werden.

Der Ombudsmann wies jedoch darauf hin, dass bedingungsgemäß außerhalb von Gebäuden Bruchschäden an Zuleitungsrohren der Wasserversorgung versichert sind. Nicht notwendig sei indes, dass die Rohre der Versorgung von Gebäuden dienen müssen. Notwendig sei nur, dass sie der Wasserversorgung dienen müssen. Gut für den Versicherungsnehmer, dass ein Rohr von der Zisterne zu einem Außenwasserhahn an der Garage führte. Da das hier entnehmbare Wasser für die Bewässerung des Gartens oder für andere Zwecke genutzt werden kann, sei der Begriff der Wasserversorgung erfüllt, befand der Ombudsmann. Der Versicherer erstattete nach erneuter Prüfung dem Versicherungsnehmer daraufhin den Schaden in Höhe von knapp 9.000 Euro.