Beschwerden beim Ombudsmann

Wann muss die Unfallversicherung (nicht) zahlen?

Auch wenn das Konfliktpotenzial in der Unfallversicherung vergleichsweise gering ausfällt, kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Versicherer und Kunden. Über drei interessante Fälle informiert der Ombudsmann in seinem aktuellen Jahresbericht.

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11:06 Uhr | 21. Juni | 2024
Ein Mann mit Gipsbein und Krücken im Krankenhaus

In keiner Sparte wuchs das Beschwerdeaufkommen beim Ombudsmann prozentual so stark wie in der Unfallversicherung.

| Quelle: TommL

Die Unfallversicherung gehört trotz großer Verbreitung nicht zu den Beschwerdepunkten beim Versicherungs-Ombudsmann. Lediglich vier Prozent der zulässigen Unternehmensbeschwerden bezogen sich 2023 auf diese Sparte – dies entspricht 528 Beschwerden. Das ist kein Vergleich zur Leben- und Rechtsschutzversicherung, die für jeweils mehr als 20 Prozent der Ombudsmann-Beschwerden verantwortlich sind.

Allerdings wuchsen im vergangenen Jahr in keinem Segment die Beschwerden prozentual so stark wie bei der Unfallversicherung. Gegenüber dem Vorjahr verzeichnete der Ombudsmann hier ein Wachstum von 39,3 Prozent. In absoluten Zahlen stellt das jedoch nur ein Zuwachs um 149 Beschwerden da. 

Laut aktuellem Jahresbericht des Ombudsmanns standen wie in den Vorjahren erneut Ansprüche der Versicherungsnehmer wegen unfallbedingter Invalidität im Vordergrund. Auch die Höhe von Ablaufleistungen und Rückkaufswerten bei Verträgen mit Beitragsrückgewähr waren erneut häufiger festzustellen. Einen dritten Schwerpunkt stellten Beschwerden im Zusammenhang mit Kündigungen durch den Versicherer da.

Selten waren hingegen wiederum Beschwerden, die mit Corona-Infektionen zusammenhingen. Einen interessanten Fall in dieser Angelegenheit präsentierte der Ombudsmann jedoch in den im Jahresbericht aufgeführten Beispielsfällen. Auch zwei weitere Auseinandersetzungen zur Unfallversicherung lassen sich dem Bericht entnehmen:

Ist ein Impfschaden versichert?

Fällt ein Impfschaden unter den Schutz einer Unfallversicherung? Diese Meinung vertrat zumindest eine Versicherungsnehmerin, die nach einer Covid-Impfung einen unfallbedingten Dauerschaden gegenüber ihrer Versicherung angab. Diese verwies jedoch auf die Versicherungsbedingungen. Laut diesen waren Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen bzw. Eingriffen am Körper nicht von der Versicherung gedeckt. Die Kundin verwies jedoch auf den erweiterten Unfallbegriff: Demzufolge gelten auch Unfälle als Gesundheitsschäden, die die versicherte Person bei rechtmäßiger Verteidigung oder Bemühung zur Rettung von Menschen, Tieren oder Sachen erleidet.

Der Ombudsmann verwies jedoch darauf, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer diesen Punkt eher so verstehe, dass es um die Abwehr einer akuten Gefahr geht. Bei einer Impfung gehe es hingegen in erster Linie um Eigenschutz. Das Ziel, eine Übertragung der Krankheit zu vermeiden, sei nachrangig. „Die Möglichkeit einer Übertragung auf eine andere Person stellt sicherlich ein Risiko, nicht aber eine konkrete und unmittelbare Gefahr da“, urteilt der Ombudsmann in seinem aktuellen Jahresbericht. Der Versicherer konnte demzufolge die Leistung verweigern.

Nachfragen dringend geboten

Wann kann sich ein Versicherer auf Arglist berufen und die Leistung verweigern? Um diese Frage ging es in einem weiteren Fall des Ombudsmanns. Ein Versicherungsnehmer hatte nach einem nicht weiter erläuterten Unfall diesen dem Versicherer gemeldet. Die in der Unfallanzeige enthaltene Frage nach den Vorerkrankungen verneinte der Mann. Gleichzeitig legte er der Anzeige jedoch auch den Krankenhausbericht bei, der umfangreiche Vorerkrankungen belegte. Der Versicherer verweigerte daraufhin unter dem Vorwurf der Arglist die Leistung.

Damit machte er es sich allerdings laut Ombudsmann zu einfach. Dem Mann könne, auch wenn er die Frage nach den Vorerkrankungen falsch beantwortete, durch Einreichen des Krankenhausberichtes schwerlich Arglist unterstellt werden.

Zudem war der Versicherer seiner Nachfrageobliegenheit nicht nachgekommen. Denn bei widersprüchlichen, lückenhaften oder unklaren Angaben seitens des Versicherungsnehmers steht der Versicherer in der Pflicht, den Widersprüchen durch Nachfragen nachzugehen. Er könne sich nur dann für leistungsfrei erklären, wenn der Versicherungsnehmer trotz Nachfrage die Widersprüche nicht wahrheitsgemäß aufklärt. Da im vorliegenden Fall der Versicherer trotz offensichtlicher Widersprüche nicht nachgefragt hatte, half der Versicherer nach Intervention des Ombudsmanns der Beschwerde seines Kunden ab.

Unklare Produktinformationen

Eine Frau war an Brustkrebs erkrankt. Gut, dass ihre Unfallversicherung auch eine Brustkrebs-Erkrankung einschloss. Darüber hatte sie zumindest ihre Versicherung informiert, als diese die Vertragsbedingungen einige Zeit nach Vertragsabschluss einem Update unterzog. In den vom Versicherer vorgelegten Produktinformationen hieß es, dass neben den bereits zuvor versicherten Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenversagen nun auch Brustkrebs mitversichert sei.

Trotzdem lehnte der Versicherer den Leistungsantrag der Frau ab und erklärte: Durch die Vertragsänderung sei Brustkrebs nicht automatisch im Leistungsumfang eingeschlossen, sondern müsse ausdrücklich als versichertes Risiko ausgewählt werden.

Den Produktinformationen zufolge war indes nicht zu entnehmen, dass es einer ausdrücklichen Willenserklärung der Versicherungsnehmerin bedurfte, um das Brustkrebsrisiko einzuschließen. Die Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit erweiterten Leistungen und Beiträgen beschrieben lediglich Einmalzahlungen bei Krebserkrankungen, ohne im Detail darauf einzugehen, welche Krebsarten eingeschlossen seien.

Der Versicherer kam nach eingehender Erörterung der Rechtslage zu dem Schluss, dass die Versicherungsnehmerin nach Lektüre der Produktinformationen nicht davon ausgehen musste, das Krebsrisiko zusätzlich und ausdrücklich einschließen zu müssen. Die Klage der Frau hatte somit Erfolg.