Schadenfall der Woche
Was nach einem schlechten Scherz klingt, war bitterer Ernst für die Betreiberin einer Ferienwohnanlage im Allgäu. Im April 2023 landete eine nicht unerhebliche Menge Gülle in ihrem Garten – inklusive Fenster, Hausfassade, Bestuhlung und Pool. Der Traktor samt angehängtem Güllefass war auf einer öffentlichen Straße unterwegs, um eine benachbarte Wiese zu düngen. Dass Windböen die Gülle auf Abwege schickten, war laut Gericht zweitrangig.
In seinem rechtskräftigen Urteil vom 23.12.2024 (Az. 12 O 1063/24) stellte das LG Kempten klar: Entscheidend ist nicht, ob den Landwirt ein Verschulden trifft – sondern ob der Schaden „bei dem Betrieb“ des Kraftfahrzeugs entstanden ist. Und das sei hier der Fall gewesen. Denn nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist dieser Begriff weit auszulegen.
Entscheidend sei, dass sich eine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr realisiert habe. Und das war laut Gericht gegeben: Der Traktor samt Seitenverteiler sei während der Fahrt als fahrbare Arbeitsmaschine tätig gewesen. Die Gülle wurde also nicht einfach nur transportiert – sondern aktiv während der Fahrt verteilt. Dass dabei etwas daneben ging, war für das Gericht eine typische Betriebsgefahr.
Die Vorschrift verpflichtet den Halter eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz, wenn beim Betrieb des Fahrzeugs ein Dritter einen Schaden erleidet – unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft. Einzige Einschränkungen: Höhere Gewalt oder fehlender Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Beides lag hier nicht vor. Der Traktor fuhr auf einer öffentlichen Straße – die Gülle landete nicht dort, wo sie sollte.
„Das Schadensgeschehen wurde durch das Fahrzeug mitgeprägt“, heißt es im Urteil. Damit war die Haftung begründet – Wind hin oder her.
Weil § 7 StVG als verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage bereits greift, verzichtete das Gericht auf eine vertiefte Prüfung etwaiger deliktischer Ansprüche (§§ 823 ff. BGB). Ob der Landwirt also hätte vorhersehen müssen, dass der Wind ungünstig steht, blieb rechtlich irrelevant.