Schaden- und Unfallversicherer kämpfen mit 2 Problemen
Trotz schwieriger Bedingungen haben es die deutschen Schaden- und Unfallversicherer im vergangenen Jahr geschafft, ihren versicherungstechnischen Gewinn zu steigern. Dieser stieg von 1,5 (2023) auf nun 1,9 Milliarden Euro. „Angesichts des unverändert schwierigen Marktumfelds ist dies ein positives Ergebnis“, bemerkt Dennis Wittkamp, Fachkoordinator Schaden-/ Unfallversicherung bei der Ratingagentur Assekurata anlässlich der Veröffentlichung des Assekurata-Marktausblicks zur Schaden- und Unfallversicherung.
Trotz des Gewinnanstiegs kämpfen die Versicherer weiterhin mit einer hohen Schadenfrequenz, unter anderem bedingt durch die Auswirkungen des Klimawandels. Elementarschäden kosteten die Versicherer im vergangenen Jahr 5,5 Milliarden Euro. Das ist zwar auf dem Niveau des Vorjahres (5,4 Milliarden Euro). „Im Vergleich zum historischen Schadendurchschnitt, der seit Mitte der 1970er Jahre bei rund 4,5 Milliarden Euro liegt, zeigen sich hier deutlich die Folgen des Klimawandels“, bemerkt Assekurata-Geschäftsführer Rainer Will. Er ist sich sicher: „Die Versicherer müssen sich dauerhaft auf häufigere und kostspieligere Schäden durch extreme Wetterereignisse einstellen.“
Schadenaufwendungen erreichen neuen Höchststand
Im vergangenen Jahr erreichten die von den Versicherern gezahlten Schadenaufwendungen mit 70,3 Milliarden Euro erneut einen Höchststand. „Seit der Ahrtal-Katastrophe 2021 haben sich die Ausgaben für Schäden nicht mehr auf das frühere Niveau eingependelt“, erklärt Wittkamp. Nimmt man den langfristigen Trend von der Zeit vor 2021 als Grundlage, hätte die Schadenlast von 2024 eigentlich um 12,9 Milliarden Euro niedriger ausfallen müssen. Stattdessen hat sich die Schadenentwicklung jedoch vom langjährigen Trend vollkommen entkoppelt. „Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, könnten die Schadenaufwendungen bis Ende des Jahrzehnts auf über 85 Milliarden Euro steigen“, warnt Wittkamp. Beitragsanpassungen wären die Folge. Doch ob diese ausreichen würden, bleibe abzuwarten, mahnt Assekurata.
Gelungen ist es den Versicherern, insbesondere in der Kfz- und Wohngebäudeversicherung, sich zuletzt zu deutlichen Prämienanpassungen durchzuringen und so signifikante Mehreinnahmen zu erzielen. So stiegen die Prämieneinnahmen im vergangenen Jahr in der Kfz-Versicherung um 10,9 Prozent, in der Wohngebäudeversicherung um 12 Prozent an. „Die Branche hat ihre Zurückhaltung abgelegt und die Prämien in dem erforderlichen Maße angehoben“, so Will. Viele Versicherer hatten hier in der Vergangenheit tiefrote Zahlen geschrieben. Selbst die Finanzaufsicht sah sich veranlasst, die Versicherer zu Prämiensteigerungen aufzufordern.
Die Mehreinnahmen der Schaden- und Unfallversicherer resultierten jedoch abermals hauptsächlich aus Prämiensteigerungen und nicht aus einer Mehrzahl an Verträgen. Die Zurückhaltung seitens der Kunden sieht Wittkamp vor allem in der wirtschaftlichen Unsicherheit hierzulande begründet. Diese führe dazu, dass viele Verbraucher größere Anschaffungen, beispielsweise eines Neuwagens, aufschieben: „Die Zahl der Kfz-Neuzulassungen und Besitzumschreibungen bleibt niedrig“, so Wittkamp. Mit einem Vertragswachstum von nur 0,5 Prozent liegen die Versicherer deutlich unter dem Trend der vergangenen zehn Jahre (2 Prozent).
Weitere Prämiensteigerungen wahrscheinlich
Trotz des gestiegenen versicherungstechnischen Gewinns geht man bei Assekurata auch für das jetzige Jahr von weiteren deutlichen Prämiensteigerungen aus. „Für das kommende Jahr und darüber hinaus sind abermals deutliche Beitragsanpassungen notwendig, um mit der anhaltend hohen Schadendynamik Schritt zu halten und nachhaltig profitabel zu bleiben“, formuliert es Wittkamp. Erneut dürfte hier die Kfz-, aber auch die Wohngebäudeversicherung wieder im Fokus stehen. „Viele Wohngebäudeversicherer haben ihre Beiträge zum Jahresbeginn 2025 über die üblichen Indexanpassungen hinaus erhöht – ein klares Zeichen für den wachsenden Ertragsdruck und den Willen, die Sparte dauerhaft profitabel aufzustellen.“
In der Kfz-Sparte hatten zuletzt einige Versicherer deutlich bessere Schaden-Kosten-Quoten und somit eine Rückkehr in die Gewinnzone bekannt gegeben. „In diesem Jahr wollen noch weitere Versicherer den Turnaround schaffen“, sagt Will. Gegen Ende des Jahres werde man sehen, welche Versicherer diesem Ziel nahe gekommen sind und so größere Handlungsspielräume bei der Prämiengestaltung haben. „Denn unverändert läuft der Wettbewerb und damit auch das Wechselgeschäft über die Höhe der Prämien“, bemerkt Will.
Nichtsdestotrotz geht Assekurata davon aus, dass die Lage für die Schaden- und Unfallversicherer hierzulande herausfordernd bleiben werde. Vor allem die Schadeninflation werde den Unternehmen weiter zu schaffen machen. „Unabhängig davon, wie viele Schäden tatsächlich auftreten, treibt die Inflation die Kosten für Reparaturen, Ersatzteile und Dienstleistungen weiter nach oben- oder hält sie zumindest auf hohem Niveau“, zeigt sich Wittkamp überzeugt. Entsprechend dürfte auch 2025 ein Jahr mit schwächeren Gewinnen für die Versicherer werden – vor allem, da auch das Vertragswachstum konjunkturell bedingt weiter schwach ausfallen dürfte.