Ein Jahr nach der Flutkatastrophe: „Die Berichterstattung ist ein Schlag ins Gesicht"

Die Schadenabteilungen der Versicherer leisten bis heute Außerordentliches, kommen in den Medien aber überwiegend schlecht weg, findet Versicherungsdetektiv Timo Heitmann in seinem Gastkommentar. Er hat auch eine Vermutung, woran das liegen könnte.

10:08 Uhr | 09. August | 2022
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Schadensachbearbeiter*innen wünschen sich derzeit nichts mehr als seriöse und nachvollziehbare Forderungen, die direkt beglichen werden können, sagt Versicherungsdetektiv Timo Heitmann. Bild: privat

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Die Unwetterkatastrophe im Ahrtal, der Eifel und weiteren Teilen des Landes jährte sich am 14.07.2022. Damit ging eine Welle der Berichterstattung einher. Die Headlines und Tonalität der Berichterstattung enttäuschten mich jedoch.

Die enorme Leistung der Branche wird verkannt und pauschal auf „die Versicherer" nahezu gebasht. Viele Kollegen*innen in Schadenbereichen oder dem Vertrieb leisten bis heute Außerordentliches. Das hohe Arbeitspensum sowie die emotionale Betroffenheit und persönliche Arbeitsbelastung sind auch ein Jahr nach Bernd sehr präsent. Es liegt an der Menge an anspruchsvollerer Kommunikation sowie dem Anstieg an emotionsgeladener Diskussion. Die derzeitigen geopolitischen Ereignisse sowie die Covid-19-Pandemie erschweren die Situation zusätzlich in Form von Lieferengpässen, Mangel an Handwerkern, schwarzen Schafen, die die Notlage der Kunden in Form unmoralischer Reparaturforderungen ausnutzen und im Gesamtergebnis hoher Inflationsentwicklung. Unsere Kunden haben den Anspruch ihre vier Wände möglichst schnell wieder sicher bewohnen zu können. Die Gesamtgemengelage macht es jedoch unfassbar schwer, diesem Wunsch in wirklich jedem Einzelfall reibungslos zu entsprechen. Die Branche hat jedoch in rekordartiger Größenordnung und Geschwindigkeit bereits Schadenzahlungen an Betroffene geleistet – direkte Hilfe.

„In den wenigsten Fällen sind die Versicherer schuld"

Überschriften wie „Ein Jahr ist es her, doch der Schaden ist nicht behoben – trotz Versicherung" oder Berichterstattung mit dem Wortlaut "Überraschungen im Kleingedruckten", blenden aus, dass die Schadensbereiche derzeit extrem gefordert sind, bereits Unfassbares geleistet wurde und zur Behebung der Schäden eben auch weitere Akteure ihren Beitrag leisten müssen. Ich behaupte, dass gestörte Regulierungsabläufe in den wenigsten Fällen reine "Schuld der Versicherung" oder gar "bewusstes Kalkül der Versicherer" sind. Schadensachbearbeiter*innen wünschen sich derzeit nichts mehr als seriöse und nachvollziehbare Forderungen, die direkt beglichen werden können.

Das allgemein wenig positiv besetze Branchenimage zu bespielen und damit Aufmerksamkeit und Klicks zu erhalten, scheint verlockend zu sein. Enttäuscht bin ich deshalb, weil selbst von mir als seriös eingeordnete Redaktionen klickfördernde Stilmittel anwenden. Damit wird die Leistung, die die Branche anlässlich dieser Jahrhundertkatastrophe geleistet hat, völlig verkannt. Die tausenden von Geschichten glücklicher Kunden, bis hin zu geretteten Existenzen, sind in der Berichterstattung deutlich unterrepräsentiert. Diesen Menschen konnte geholfen werden, weil Prozesse in Windeseile radikal angepasst wurden und Menschen der Branche sich weit über normal für die Einlösung des geschuldeten Versicherungsversprechens eingesetzt haben. Ich bin stolz darauf, genau mit einem Teil dieser engagierten Menschen zusammen arbeiten zu dürfen. Damit schaffen wir jeden Tag weit mehr Gutes, als darüber gesprochen wird.