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FIDA-Verordnung – Bringt „Open Finance“ die Branche wirklich voran?

Mit der FIDA-Verordnung (Financial Data Access) will die EU unter dem Begriff „Open Finance" einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Zugang zu Finanzdaten schaffen. Während AfW-Vorstand Norman Wirth das Vorhaben begrüßt, stößt es bei BVK-Präsident Michael H. Heinz auf Kritik.

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11:03 Uhr | 06. März | 2025
AfW-Vorstand Norman Wirth und BVK-Präsident Michael H. Heinz

Blicken unterschiedlich auf die FIDA-Pläne: Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistung AfW, und Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

| Quelle: AfW / BVK

Für unabhängige Finanzberaterinnen und Finanzberater bedeutet FIDA einen echten Mehrwert.
Norman Wirth

Geschäftsführender Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistung AfW

Die Finanzdienstleistungsbranche steht mit der FIDA-Verordnung vor einem grundlegenden Wandel. Ziel ist es, den Zugang zu Finanzdaten innerhalb der EU zu vereinheitlichen und ein transparenteres, wettbewerbsfähigeres und innovationsfreundlicheres Umfeld zu schaffen. Diese Entwicklung bietet insbesondere für unabhängige Intermediäre große Chancen.

Passgenaue Lösungen entwickeln

Ein zentraler Vorteil von FIDA ist die verbesserte Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit von Finanzdaten. Kundinnen und Kunden erhalten einen umfassenderen Einblick in ihre finanzielle Situation und können fundiertere Entscheidungen treffen. Für unabhängige Finanzberaterinnen und Finanzberater bedeutet dies einen echten Mehrwert: Mit strukturierten und leicht zugänglichen Daten können individuellere und passgenauere Lösungen entwickelt werden.

Open Finance eröffnet neue Geschäftsmodelle

Die verpflichtende Öffnung der Daten für berechtigte Marktteilnehmer wird den Wettbewerb intensivieren. Insbesondere innovative Finanzdienstleister, die bisher aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit benachteiligt waren, können durch Open Finance neue Geschäftsmodelle etablieren. Dies kommt letztlich auch den Kundinnen und Kunden zugute, die von personalisierten Finanzlösungen profitieren.

Durch die Digitalisierung und den automatisierten Datenzugriff wird zudem der administrative Aufwand für die Vermittlerschaft deutlich reduziert. Digitale Beratungstools und KI-gestützte Analysen ermöglichen eine effizientere und individuellere Kundenbetreuung, während manuelle Prozesse minimiert werden. So bleibt mehr Zeit für die persönliche Beratung und die Entwicklung maßgeschneiderter Finanzstrategien.

Gleichzeitig müssen aber auch Herausforderungen berücksichtigt werden. Die Einführung von FIDA sollte praxisnah erfolgen, um übermäßige Bürokratie und unverhältnismäßige Kosten für die Vermittlerinnen und Vermittler zu vermeiden. Eine reibungslose Integration in bestehende Verwaltungs- und Beratungssysteme ist entscheidend, um den tatsächlichen Nutzen für die Branche und die Kunden sicherzustellen. Darüber hinaus sollte die regulatorische Umsetzung klar und eindeutig definiert sein, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Datensicherheit im Fokus

Ein erweiterter Datenzugang darf nicht zu Lasten der Datensicherheit und des Kundenschutzes gehen. Auch wenn die FIDA-Verordnung strenge Standards setzt, ist es wichtig, dass die Kundinnen und Kunden jederzeit die volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Sie müssen selbst entscheiden können, welche Informationen sie preisgeben und für welche Zwecke diese verwendet werden.

Ob und in welcher Form die FIDA-Verordnung letztendlich kommen wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Zwischenzeitlich sollte sie sogar von der Arbeitsliste der EU-Kommission gestrichen werden. Doch unabhängig davon, ob FIDA kommt oder nicht, sollte die Finanzbranche nicht auf regulatorische Vorgaben warten, sondern sich proaktiv mit den Herausforderungen und Chancen von Open Finance auseinandersetzen.

Digitalisierung und effizienter Datenaustausch sind längst Realität und werden die Branche nachhaltig verändern. Um den Kundennutzen zu maximieren und den Beratungsprozess effizienter zu gestalten, sollten alle relevanten Akteure frühzeitig an sinnvollen Lösungen arbeiten - idealerweise gemeinsam, zum Beispiel in der Brancheninitiative FRIDA e.V..

Ob mit FIDA ein größerer Kundennutzen einhergeht, darf bezweifelt werden.
Michael H. Heinz

Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

Wir vom BVK sehen FiDA kritisch. Denn dieses Projekt stellt die gesamte Finanz- und Versicherungsindustrie vor nicht zu unterschätzende und größtenteils unnötige Aufgaben der Datenaufbereitung, -bereitstellung und -weitergabe und verursacht somit hohe Kosten.

Hoher finanzieller und personeller Aufwand

Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern werden also mit FIDA zusätzliche Arbeiten und Mühen auferlegt. So müssen Datenbanken für die Anforderungen von FIDA aufwendig ‚aufgebohrt‘ werden und Versicherungsmakler ihre Kunden- und Maklerverwaltungsprogramme FIDA-konform einrichten. Das erfordert je nach der finalen Ausgestaltung von FIDA einen hohen finanziellen und personellen Aufwand. Außerdem kann FIDA zu massiven Problemen bei der Datensicherheit führen. Dabei haben zumindest in Deutschland die Versicherer schon Probleme genug, ihre IT zu modernisieren. Die BaFIN widmet der IT-Resilienz von Versicherern sogar eine eigene Prüfung und hat dazu die VAIT (Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) festgelegt.

Und die EU-Kommission kann bisher noch nicht einmal sagen, welche Daten im Rahmen von FIDA ausgetauscht werden sollen. Wir finden daher: Die EU sollte sich im Gegenteil eher für eine Entlastung der Finanzberatung und -vermittlung einsetzen, statt immer neue Anforderungen für die Finanz- und Versicherungsindustrie zu ersinnen.

Kosten werden auf Kunden umgelegt

Schließlich verursachen solche Regelungen zusätzliche Kosten, die irgendwann auch auf die Kunden umgelegt werden müssen. Hier mit mehr Augenmaß zu walten, wäre für die Kunden als auch für die Finanz- und Versicherungsbranche vorteilhafter als ein fragwürdiger Zugang von Finanzdaten, den wahrscheinlich eh nur wenige Marktteilnehmer oder Start-ups nutzen werden, um neue Geschäftsmodelle auszuprobieren. Ob damit auch ein größerer Kundennutzen einhergeht, darf jedoch bezweifelt werden.

Kritisch sehen wir auch den bisher geplanten Umfang der bereit zu stellenden und auszutauschenden Daten. Wenn es denn unbedingt sein muss, sollte man den Geltungsbereich auf versicherungsbezogene Daten von Altersvorsorgeprodukten beschränken. Mit den gemachten Erfahrungen könnten dann in der Zukunft – wenn es denn unbedingt sein muss – weitere Sparten in den Anwendungsbereich von FIDA aufgenommen werden.

Forderung nach Wahlmöglichkeit

Der BVK vertritt auch die Auffassung, dass kleinere und mittlere Finanz- und Versicherungsvermittler nicht automatisch in den Anwendungsbereich von FIDA genommen werden sollen, sondern hier eine Wahlmöglichkeit haben sollten, eine sogenannte Opt-In-Klausel. Das heißt, Kleinst- und Kleinversicherungsvermittler könnten sich freiwillig verpflichten.

Bedauerlicherweise mussten wir jedoch in der jüngeren Vergangenheit immer wieder feststellen, dass die EU die Reihenfolge von dringenden Projekten nicht bedenkt und Projekte politisch motiviert anstößt, die undurchdacht und schwer umsetzbar sind, wie zum Beispiel auch die ganze Berichterstattung zur Nachhaltigkeit. Aber das ist ein anderes Thema, über das sich ebenfalls trefflich kontrovers diskutieren lässt.