DKM-Diskussionsrunde

Versicherer setzen auf Maklervertrieb

Die Versicherungsbranche ist im Umbruch. Künstliche Intelligenz ersetzt bereits viele Handgriffe. Wie Versicherer in Zukunft das Geschäft mit Maklern weiterführen wollen, erklären die Vorstände von vier großen Gesellschaften.

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14:10 Uhr | 25. Oktober | 2023
Versicherer wollen in Maklervertrieb investieren

Thomas Wiesemann, Vorstandsmitglied der Allianz Lebensversicherungs-AG und Allianz Private Krankenversicherungs-AG und die Vorstandsvorsitzenden Oliver Schoeller (Gothaer), Andreas Eurich (Barmenia) und Thilo Schumacher (AXA, v. links n. rechts) diskutierten auf der DKM, wie die sie die Zukunft des Vertriebs einschätzen.

| Quelle: Oliver Lepold

Wie geht es weiter zwischen Maklern und Versicherern? Werden sich die Gesellschaften in Zukunft auf den Ausschließlichkeitsvertrieb fokussieren? Bleiben unabhängige Makler außen vor? „Wir wären wahnsinnig, wenn wir den Maklervertrieb nicht fördern würden“, erklärt Oliver Schoeller, Vorstandsvorsitzender der Gothaer auf der DKM-Podiumsdiskussion „Treiber oder Getriebene? Die Multi-Transformation der Versicherungsbranche“ in Dortmund.

Nicht nur die Branche, auch die Gesellschaft brauche die unabhängige Beratung. Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia stimmt in das Hohelied auf die Maklerschaft ein. Demnach sei sie „das A und O. Versicherungen wird es nie ohne den persönlichen Vertrieb gehen. Wir investieren stark in den Vertrieb.“ Das Kostenargument, der Vertrieb mindere den Gewinn, lässt Thomas Wiesemann, Vorstandsmitglied der Allianz Lebensversicherungs-AG und Allianz Private Krankenversicherungs-AG, nicht gelten. „Es ist nicht günstiger ohne den persönlichen Vertrieb. Gerade bei der Altersvorsorge wollen Menschen persönliche Ansprechpartner haben.“

Das sieht Thilo Schumacher, AXA-Vorstandsvorsitzender, ähnlich. Die Kunden vertrauen gerade bei beratungsintensiven Produkten ihrem Berater. Der AXA-Vorstand glaubt nicht, dass sich der digitale Verkauf von Versicherungsprodukten exponentiell entwickeln werde. Allerdings hört man immer wieder, dass sich Makler zuweilen von den Anbietern im Stich gelassen fühlen. „Wir müssen Maklern helfen, das Geschäft zu erleichtern. Bipro und KI werden Ihnen helfen, die Prozesse einfacher machen“, so Schumacher.

Doch wie kann man Makler bei Thema künstliche Intelligenz mitnehmen? Allianz-Mann Wiesemann glaubt, dass man mit praktischen Beispielen sie von den Vorteilen eines KI-getriebenen Vertriebs überzeugen könne. Wenn Berater merken, wie schnell sich Leistungen oder Rechnungen mithilfe digitaler Unterstützung prüfen lassen, werden auch zögerliche Haderer den Mehrwert anerkennen.

Die Branche ist unter Druck

So oder so: Der Markt verändert sich, die Erwartungshaltung der Versicherungsnehmer an Unternehmen steigt. Menschen sind es immer mehr gewohnt, per Knopfdruck gewünschte Leistungen oder Waren in Anspruch nehmen zu können. „Kunden werden dazu erzogen, alles sofort zu bekommen: Wir können es uns nicht leisten, diesem Anspruch nicht zu begegnen“, warnt Gothaer-Vorstandsvorsitzender Schoeller.

Künstliche Intelligenz kann die Unternehmen dabei unterstützen, darüber sind sich die Vorstände einig. Ersetzen werde sie die persönliche Beratung nicht. Ob das stimmt, wird sich zeigen. Denn sollten die nackten Zahlen in Zukunft in eine andere Richtung weisen, werden auch Versicherer eine andere Sprache sprechen. „Warum soll der Kunde Geld für etwas zahlen, dass die KI machen kann?“, fragt Schumacher von der Axa.

Die Entwicklungen setzen die Branche in Bewegung – und unter Druck. Schumacher warnt, es werde auch viel Frustration geben, doch das gehöre dazu. Er hofft, dass künstliche Intelligenz die Kosten auf beiden Seiten – sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Anbietern – senken wird. „Nicht kurzfristig, aber langfristig“, prognostiziert er.

Vor- und Nachteile des demografischen Wandels

Dem demografischen Wandel sieht die Runde hinsichtlich der Vertragszahlen positiv entgegen. „Schadenunfall und Lebensversicherung werden wachsen“, ist Schumacher überzeugt. Er könnte Recht behalten, schließlich müssen sich die Deutschen künftig sogar mehr um ihre private Altersvorsorge bemühen. „Wir werden als Branche profitieren, ob wir wollen oder nicht.“

Um hingegen die Produkte auch in Zukunft verkaufen zu können, braucht es entsprechende Fachkräfte. Die Sorge vor einem Mangel an gut ausgebildeten Mitarbeitern geht seit Jahren – nicht zu Unrecht – um. Davon kann die Branche wiederum profitieren. Denn der War of Talents befeuert die Nachfrage nach Benefits wie die betriebliche Altersvorsorge, die die Arbeitgeberattraktivität erhöhen.

Doch auch die Versicherungsbranche selbst kämpft um den Nachwuchs. Da hilft es nicht, dass die Reputation der Versicherungswirtschaft seit Jahren gering ist, wie Umfragen immer wieder zeigen. Schumacher glaubt, das liege auch daran, dass vielen unklar sei, wie das Geschäft funktioniere und welchen Nutzen es erfülle. „Man braucht immer drei bis vier Anläufe, um unsere Arbeit zu erklären. Wir sorgen dafür, dass Menschen gut schlafen können“, ist Schumacher überzeugt. „Ohne Versicherung funktioniert gar nichts.“