Behörde greift durch: Keine Krankenkassen-Boni mehr für BU-Versicherungen
Es ist ein Vertriebsinstrument der ganz besonderen Art: Für die Teilnahme an Gesundheits- oder Präventionskursen erhalten die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen Boni – die können sie sich auszahlen lassen, aber bei einigen Kassen auch in Form von Zuschüssen zur Finanzierung von privaten Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherungen nutzen. Ein Deal, von dem Versicherungsmakler und Kassen gleichermaßen profitieren bzw. profitiert haben: die einen in Form von mehr verkauften „subventionierten“ Policen, die anderen durch die Aufnahme neuer und junger Kunden.
Kassen sollen Satzungen überarbeiten
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) als Aufsichtsbehörde steht diesem Gebaren schon länger skeptisch gegenüber. Jetzt will es in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium dem Ganzen einen Riegel vorschieben und hat die Kassen dazu aufgefordert, entsprechende Satzungsregelungen zu streichen oder zu modifizieren.
Auf procontra-Nachfrage teilt das BAS mit, das man es als unzulässig erachte, wenn Krankenkassen im Rahmen von satzungsmäßigen Bonusprogrammen Zuschüsse für private Versicherungen ohne Bezug zur gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung gewährten, namentlich zu Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherungen. Damit betrieben sie „mittelbar eine Absatzförderung für private Zusatzversicherungen“ und überschritten damit ihre gesetzlichen Kompetenzen.
Sozialversicherungsträger dürften nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel ausschließlich für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden. Die Satzung einer Krankenkasse dürfe daher auch keine Bestimmungen enthalten, die den Aufgaben der gesetzlichen Krankenkassen widersprächen.
Zuschüsse häufig höher als Boni
Dabei stört sich das BAS vor allem daran, dass die Zuschüsse zu einem Versicherungsvertrag häufig höher ausfallen als ein Bonus, der dem Versicherten lediglich als Geldleistung ausgezahlt wird.
Laut BAS gilt das jedoch nicht für Zusatzversicherungen mit Bezug zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – wie zum Beispiel Krankenzusatz-, Zahnzusatz- oder private Pflegeversicherungen. Hierfür seien Zuschüsse „dem Grunde nach zulässig.“
Mit den meisten betroffenen Kassen konnte das BAS nach eigener Auskunft offenbar schon Einvernehmen über die zukünftige Verwendung der Zuschüsse erzielen, eine Kasse sei jedoch nicht bereit, die erforderlichen Satzungs-Änderungen vorzunehmen und gehe dagegen gerichtlich vor.
Die Innovationskasse (IKK) mit Sitz in Lübeck gehört zu den Kassen, die die Zuschuss-Regelung lange Jahre angewandt haben. Sie ist 2006 aus der Fusion der IKK Mecklenburg-Vorpommern und der IKK Schleswig-Holstein hervorgegangen und hat gut eine Viertelmillion Mitglieder aus dem Handwerk und anderen Branchen. Versicherte konnten sich bei der IKK über ein Gesundheitsvorsorgeprogramm noch bis Ende Januar einen Zuschuss von maximal 500 Euro jährlich zu ihrer BU-Versicherung sichern. Dass das nun nicht mehr geht, bedauert man bei der IKK. Das nehme den Krankenkassen eine Möglichkeit, ihre Leistungen in engen Grenzen selbst auszugestalten, heißt es dort auf procontra-Nachfrage. Gesundheits-Boni werden nun nur noch bar, ohne Zweckbindung und in geringerer Höhe ausgezahlt.
Andere Krankenkassen sehen das indes anders. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) etwa unterstützt man das Ansinnen des BAS, die Zuschuss-Möglichkeiten einzuschränken. Im Sinne eines fairen Wettbewerbs sei es sinnvoll, wenn in dieser Angelegenheit eine einheitliche Regelung herbeigeführt werde, so TK-Sprecherin Anne Kraemer.
„BU nicht über den Preis verkaufen"
Auch bekannte BU-Experten innerhalb der Maklerschaft begrüßen das Ende der indirekten BU-Subventionierung durch die Krankenkassen. Man solle die Entscheidung zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung nie davon abhängig machen, ob eine Krankenkasse das sponsere oder nicht, meint etwa Versicherungsmakler Matthias Helberg aus Osnabrück. Ganz ähnlich sieht das auch sein Kollege Guido Lehberg aus Gütersloh. Eine BU solle nicht über den Preis, sondern über den Bedarf verkauft werden, findet er. Makler, die von der Zuschuss-Regelung Gebrauch gemacht hätten, sollten nach deren Wegfall nun aktiv auf ihre Kunden zugehen und ihnen – falls diese die Absicht hätten, ihren Vertrag zu kündigen – noch einmal die eigentliche Notwendigkeit der Absicherung in Erinnerung rufen.
BU-Makler Tobias Bierl von der Finanzberatung Bierl aus Walderbach bei Regensburg räumt ein, vor über zehn Jahren in der Beratung einmal darauf hingewiesen zu haben, dass eine Krankenkasse die BU bzw. generell Versicherungen übernimmt.
„Was war dann mal die Folge? Genau diese Krankenkasse hat den Zusatzbeitrag extrem erhöht, so dass man vom Beitragsniveau nicht mehr attraktiv war und wenig später hat man den Boni auch eingestellt. Auf diese Diskussion hatten wir aber keine Lust mehr und somit halten wir uns in der GKV komplett raus und werben auch nicht mit möglichen Boni in der Berufsunfähigkeitsversicherung.“