Im Streit um BU-Antrag
Zur Erinnerung: Acht Monate lang ließ Standard Life ein BU-Leistungsantragsverfahren unbeantwortet, reagierte weder auf Schreiben des Antragstellers, eines an Depressionen erkrankten Arztes, noch auf Schreiben der Anwaltskanzlei Jöhnke & Reichow. Erst als letztere das Verhalten des Versicherers auf ihre Webseite öffentlich machte, kam Bewegung in die Sache. Standard Life hat sich inzwischen entschuldigt, will den Fehler aufklären (wir berichteten).
Anwalt Björn Thorben M. Jöhnke reicht das aber nicht. Gegenüber procontra erklärte er jetzt: „Sollte in dieser Angelegenheit keine zeitnahe Klärung erfolgen, welche ausschließlich in einem Anerkenntnis der Leistungsverpflichtung sowie Kostenübernahme der außerordentlich notwendigen Rechtsvertretung bestehen kann, werden wir unserer Mandantschaft zur Erhebung öffentlicher Klage vor dem zuständigen Landgericht raten.“
Jöhnke sieht in dem Verhalten des Versicherers „einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten, nämlich den Leistungsantrag entsprechend überprüfen zu müssen.“ Schließlich zahle ein Versicherter hierfür auch entsprechende Prämien. „Nicht nur der Versicherte hat Obliegenheiten im Versicherungsfall bzw. Leistungsfall, sondern selbstverständlich auch der Versicherer.“
Keine guten Erfahrungen mit der Standard Life hat man auch beim BU-Expertenservice in Kronach gemacht. Zeitliche Verzögerungen seien dort leider üblich, räumt Stephan Kaiser, der Geschäftsführender Gesellschafter, auf procontra-Nachfrage ein.
Allgemein sei die Ausstattung der Lebensversicherer mit entsprechenden Leistungsprüfern eher dünn. „Unserer Meinung nach sind die meisten Versicherer in diesem Bereich eher unterbesetzt. Die Tendenz zeigt hier weiter nach unten“, so Kaiser. „Viele Versicherer haben große Probleme, alleine die demographischen Auswirkungen zu kompensieren. Kräfte zuzubauen ist mangels Verfügbarkeit geeigneter Fachleute unmöglich, im Gegenteil, derzeit kaufen sich einige Anbieter diese Arbeitskräfte durch gezielte Abwerbungen teuer ein.“
Etwas Abhilfe bringen kann nach Einschätzung des BU-Experten der Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Entsprechende Tools entstünden gerade und könnten dazu beitragen, dem BU-Sachbearbeiter viel verwaltungstechnischen Ballast abzunehmen. „Ob und wie schnell dieser Weg beschritten werden kann, muss man erst noch sehen“, meint Stephan Kaiser.