Viele Versicherer haben die Abfragezeiträume deutlich verkürzt, Vorreiter war hier die Gothaer, die auch bei psychischen Vorerkrankungen den Abfragezeitraum auf drei Jahre zusammengestrichen hat. Das scheint sich die Canada Life zum Vorbild genommen zu haben, die fleißig an einem neuen Produkt gearbeitet hat. Wir haben es einem Produktcheck unterzogen.
Was leistet der Tarif?
Die Canada Life bietet eine ganz klassische BU an: Ab 50 % Berufsunfähigkeit wird die versicherte Rente ausgezahlt. Wie im Markt heute üblich, sieht der Tarif eine AU-Klausel vor, die bei längerer Krankschreibung bis zu 24 Monate Leistung verspricht. Eine Infektionsklausel ist ebenso Bestandteil des Schutzes wie ein Verzicht auf die Umorganisation bei Selbstständigen, wenn der Betrieb weniger als fünf Mitarbeiter hat. Auffällig ist die hohe mögliche Leistungsdynamik von bis zu fünf Prozent Rentensteigerung im Leistungsfall. Das ist aber sinnvoll, da die Canada Life den BU-Beitrag ohne Überschüsse kalkuliert – damit gibt es auch keine Überschüsse, die im Leistungsfall die Rente steigen lassen könnten. Die Canada Life sieht zudem eine Rentenzahlung in bestimmten Situationen mit gesundheitlichen Einschränkungen vor, auch wenn die nicht zu einer Berufsunfähigkeit führen:
- bis zu 15 Monate Leistung bei bestimmten Krebserkrankungen
- bis zu 24 Monate Leistung, wenn der Versicherte auf einen Rollstuhl angewiesen ist oder eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt
- bis zu 24 Monate gibt es zudem die versicherte Rente, wenn die Grundfähigkeiten Hören und Sehen verloren gehen.
Die Canada Life unterstützt dabei nach eigener Einschätzung den Fokus auf den Kunden: Sie wirft mit Leistungsmerkmalen wie dem Verlängern der Vertragslaufzeit, den Einschluss von Straßenverkehrsdelikten in den Versicherungsschutz oder die finanzielle Unterstützung für Rehabilitationsleistungen weitere gute Merkmale in den Ring.
Was sind die Stärken?
Die Canada Life hat einen soliden BU-Tarif vorgelegt, der vorwiegend in puncto Gesundheitsfragen aufhorchen lässt. Die Canada Life stellt in der Risikoprüfung eine Gesundheitsfrage in den Fokus, die bis zu einer Rentenhöhe von 3.000 Euro (ab 50 Jahren 2.500 Euro) gilt:
“Sind oder waren Sie in den letzten 3 Jahren bei Ärzten, Heilpraktikern, Physio-, Psychotherapeuten oder sonstigen nicht ärztlichen Therapeuten in Beratung, in Behandlung oder zur Untersuchung oder sind solche Maßnahmen derzeit vorgesehen wegen Krankheiten oder Beschwerden in den folgenden Bereichen?”
Canada Life hat sich zu der Verkürzung entschieden, weil diese verkürzten Abfragezeiträume gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre in der Risikoprüfung widerspiegeln. So erklärt die Canada Life: “Abfragezeiträume von bis zu zehn Jahren stellen viele Interessenten vor Schwierigkeiten bei der Beantwortung und haben dafür nur sehr geringe Auswirkungen auf die Risikoprüfung. Wir wollen hiermit sowohl die Makler als auch die Kunden unterstützen.”
Canada Life fragt aber über die zentrale Gesundheitsfrage hinaus auch noch nach Untersuchungen (damit sind auch Kontrolluntersuchungen gemeint) sowie nach Behandlungen, Operationen, die angeraten sind und deren Ergebnisse noch ausstehen. Und es wird recht offen gefragt nach Folgen von Unfällen, Vergiftungen, Verletzungen, Krankheiten oder Operationen, als Beispiel werden hier Bewegungseinschränkungen genannt.
Eine alte Sportverletzung, die immer mal wieder zwickt und den Antragssteller damit schon in der Bewegung einschränkt, müsste also theoretisch auch über die drei Jahre Abfragezeitraum hinaus angegeben werden. Solche Auffangfragen sind gerade bei kurzen Abfragezeiträumen nicht ganz unüblich, zeigen aber vor allem, dass Makler, Vermittler und Kunden auch bei kurzen Abfragezeiträumen den Gesundheitsstatus sauber aufbereiten sollten.
Stationäre Behandlungen werden – das ist heute bei manchen Versicherern schon Standard – nur noch fünf Jahre rückwirkend abgefragt, dazu kommen die Standard-Fragen nach Hobbys und Auslandsaufenthalten sowie dem Rauchverhalten, das beitragsbildend berücksichtigt wird.
Auffällig im positiven Sinne ist bei der Canada Life noch die mögliche Absicherungshöhe der BU-Renten: Bis zu 48.000 Euro Bruttoeinkommen können zu 75 Prozent abgesichert werden, alles darüber hinaus zu 70 Prozent. Und die Leistungen aus Versorgungswerken werden erst ab 60.000 Euro zur Hälfte angerechnet.
Was ist bei dem Produkt kritisch zu sehen?
Zu kritisieren gibt es bei der Canada-Life-BU vorwiegend kleinere Regelungen in den Bedingungen. So gibt es keine Teilzeitklausel für die BU-Versicherung, die ereignisunabhängige Nachversicherung ist lediglich zum fünften und zehnten Jahrestag der Versicherung möglich und damit etwas starr und die Frist für die Nachversicherung mit sechs Monaten nach Eintritt eines Ereignisses im Marktvergleich auch eher kurz im Marktvergleich. Die Canada Life verspricht, hier den Markt aber im Blick zu behalten für eventuelle Nachbesserungen: “Die ersten Feedbacks freuen uns sehr und bekräftigen uns darin, dass wir mit unserer BU auf dem richtigen Weg sind. Nichtsdestotrotz tauschen wir uns regelmäßig mit unseren Maklern und Kunden zu deren weiteren Ideen und Wünschen aus. Wir wollen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Wir werden Markttrends weiterverfolgen und wollen künftig auch neue Trends setzen.” Eine konkrete Aussage, ob hier nachgelegt wird, mochte die Canada Life zum Zeitpunkt der Anfrage nicht treffen.
Auffällig ist, dass Studenten lediglich 1.500 Euro Rente versichern können im Studium – hier gibt es am Markt viele Anbieter, die hier zumindest bis 2.000 Euro Rente ermöglichen. Das sieht die Canada Life allerdings nicht als Manko: “Bei einem BU-Vertragsschluss berücksichtigen Versicherer immer die reale Einkommenssituation der Kunden. Und die ist bei Studierenden natürlich längst nicht so hoch wie im anvisierten Beruf. Mit unseren Nachversicherungsgarantien können Berufseinsteiger ihren Schutz dann gut nachjustieren: Etwa bei Abschluss einer beruflichen Qualifikation, wenn sie sich erstmalig selbstständig machen, bei einer Gehaltssteigerung, bei der Aufnahme einer Finanzierung, bei einer Heirat oder bei Nachwuchs – um nur ein paar Beispiele zu nennen.“
Gegenstand der Gesundheitsfragen ist auch Drogenkonsum, was Cannabis einschließt. Beim Umgang damit spürt man bei der Canada Life – wie aber auch bei anderen Versicherern – den Eiertanz mit dem Thema: “Hier gibt es keine pauschale Ablehnung oder Annahme. Wir prüfen individuell mithilfe eines Fragebogens zum Drogenkonsum. Eine Einschätzung treffen wir immer auch unter Berücksichtigung der weiteren zu beantwortenden Gesundheitsfragen.“
Wer ist die Zielgruppe?
Mit dem neuen Tarif öffnet sich die Canada Life dem BU-Markt weiter als jemals zuvor. Die möglichen hohen Renten, der Verzicht auf Umorganisation bei kleinen Betrieben und die Infektionsklausel machen die BU auch für Gutverdiener, Akademiker und medizinisches Personal attraktiv.
Tipps für den Vermittler und die Vermittlung
Vereinfachte Gesundheitsfragen sind kein Freibrief für Vermittler und Kunden, wie die Zusatzfragen zeigen: Also ist auch bei der Canada Life die Aufarbeitung der Gesundheitshistorie Pflicht. Die Kalkulation ohne Überschüsse sollte dem Kunden erörtert werden, es gibt keinen Spielraum für Beitragsanpassungen, wenn der Versicherer sich verkalkuliert – das ist vielleicht nicht für jeden Kunden der richtige Ansatz. Zusätzlich können Makler und Vermittler den Kunden bei der Canada Life kostenfrei eine Dread-Disease-Versicherung für ein Jahr bei Abschluss bis Ende 2024 anbieten.
Das Fazit
Die Canada Life hat sich auf dem Markt umgeschaut und einen guten Aufschlag gelandet mit der neuen BU-Versicherung. Bei den meisten Kollegen dürfte die Canada Life bisher eher kein BU-Thema gewesen sein, das könnte sich jetzt ändern.