Mitten im Bauspar-Boom

Verbraucherschützer üben harsche Kritik

Die Zinsen steigen und Finanzexperten sprechen derzeit von einer Renaissance der Bausparkassen. Doch aus der Ecke der Verbraucherschützer kommt eine Warnung: Die Anbieter hätten in den letzten Jahren nur ihre eigenen Interessen im Blick gehabt.

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15:08 Uhr | 25. August | 2022
Bild: Andrii Yalanskyi

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warnt vor der Hoffnung, sich heute mit einem Bausparvertrag die niedrigen Darlehenszinsen von morgen sichern zu können. Bild: Andrii Yalanskyi

Jahrelang bewegten sich die Zinsen für Immobilienkredite auf sehr niedrigem Niveau. Doch seit vergangenem Jahr steigen sie wieder kräftig an. Das führt zu einer Renaissance der Bausparkassen. Viele Menschen schließen Bausparverträge ab, um sich nach ihrer Einschätzung jetzt noch niedrige Zinssätze für Kredite zu sichern, die sie erst in einigen Jahren aufnehmen wollen. Zudem kommen immer mehr Anbieter mit Produkten um die Ecke, die besondere Konditionen für energetische Sanierungen von Bestandsimmobilien beinhalten.

Doch mitten in diesen Boom kracht die harsche Kritik von Niels Nauhauser, Leiter der Abteilung Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Seine negative Einschätzung zum Geschäftsgebaren der Bausparkassen teilte er am Donnerstag als Gastbeitrag auf dem Blog der Bewegung Finanzwende mit, wodurch sie noch mehr Tragweite bekommt.

Mal so, mal so

Im Kern seines Beitrags kritisiert Nauhauser das Wechselspiel der Bausparkassen, das in jeder größeren Trendphase, also deutlichen Zinsanstiegen oder -absenkungen, das Kundeninteresse hintenanstellen würde. Dazu blickt er auf den „Instrumentenkasten“, den die Unternehmen mittlerweile entwickelt hätten, „um ihre eigenen Interessen durchzusetzen und den eigenen Vertragsbestand gewinnmaximierend zu optimieren“, schreibt der leitende Verbraucherschützer.

So hätten sich die Unternehmen in den 80er- und 90er-Jahren sehr über die „Freundsparer“ gefreut, die, trotz deutlich steigender Guthabenzinsen am Markt während dieser Zeit, ihre Bausparverträge mit zuvor festgelegten niedrigen Zinssätzen konstant weiter bespart hätten. Damit hätten sie den Regelsparern die Zuteilung ihrer Darlehen ermöglicht, während sie selbst nur steuerliche Vorteile und vertraglich vereinbarte Prämien im Sinn hatten und die Kassen dafür verhältnismäßig wenig Guthabenzins bezahlen mussten.

Diese „Freundsparer“ seien aber, laut Nauhauser, seit der Finanzkrise 2008 zunehmend zu „Feindsparern“ geworden. Ihnen mussten die Unternehmen seither – auch aufgrund der vertraglich enthaltenen Prämienzahlungen – hohe Guthabenzinsen bezahlen im Vergleich zu den niedrigen Sparzinsen am Markt. Zudem sei die Nachfrage nach Bauspardarlehen eingebrochen, da herkömmliche Immobilienkredite nun viel günstiger waren.

Altverträge loswerden

Deshalb hätten die Anbieter begonnen, ihren „Instrumentenkasten“ zu nutzen und zu erweitern, so der Verbraucherschützer. Dabei gehe es um verschiedene Taktiken, um möglichst viele gutverzinste Altverträge zu kündigen. Einerseits geschieht das über das Aussortieren von Verträgen, die nur als Geldanlage genutzt werden – ohne die Absicht, tatsächlich einmal ein Bauspardarlehen aufzunehmen. Hier hatte der BGH bereits zugunsten der Kassen entschieden.

Eine weitere Praktik, die Nauhauser aufzählt, sei die Wandlung vom Regelsparbeitrag zum Pflichtsparbeitrag. So hätten es viele Anbieter ihren Kunden jahrelang freigestellt, wie viel sie monatlich einzahlen. Seit sie gutverzinste Altverträge loshaben wollten, würden sich die Unternehmen aber reihenweise auf vertragliche Klauseln berufen, wonach rückständige Regelsparraten häufig innerhalb von nur zwei Monaten nachzuzahlen seien. Andernfalls, und das sei in vielen Fällen so, würde der Vertrag gekündigt. Wer sich also einen Bausparvertrag erst einmal ohne einzuzahlen gesichert hatte, um später einmal ein günstiges Darlehen aufnehmen zu können, hatte kaum eine andere Wahl als diesen von der Bausparkasse kündigen zu lassen, kritisiert Nauhauser.

Eine parallele Entwicklung sieht der Verbraucherschützer auch jetzt, wo die Bausparkassen wieder verstärkt um Kunden werben. Er verweist darauf, dass die Anbieter, bis auf ein paar Landesbausparkassen, allesamt als Aktiengesellschaften firmieren und nur ihren Gewinn im Blick haben würden. Sollten die Zinsen für Immobilienkredite weiter steigen, so könnten die Kunden aus der Erfahrung der letzten Jahre heraus nicht erwarten, dass die Unternehmen stets das Wohlergehen der Verbraucher im Sinn haben werden.