Die Energiepreise gehen durch die Decke. Im Vergleich zum Jahr 2019 haben sich Strom um 28 Prozent, Gas und Öl um rund 100 Prozent verteuert. Mit energetischen Sanierungen können die Kosten deutlich gesenkt werden. So spart eine klimaneutrale Heizung bis zu 40 Prozent der Heizkosten ein. Kein Wunder also, dass immer mehr Eigentümer planen, ihr Wohneigentum in den nächsten Jahren energetisch auf Vordermann zu bringen.
Doch sind Sanierungsmaßnahmen oft mit hohen Kosten verbunden, die finanziert werden müssen. Und Finanzierungen werden mit steigenden Zinsen wieder teurer. Bausparverträge, deren Bestand in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist, rücken nun wieder in den Fokus. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Kantar, die im Auftrag des Verbandes Private Bausparkassen erstellt wurde. Demnach halten 26 Prozent der Deutschen Bausparverträge für eine Top-Geldanlage.
Bausparverträge liegen damit gleichauf mit Immobilien. Aktien und Investmentfonds lassen sie sogar hinter sich. Das sah lange Zeit ganz anders aus: In den letzten 20 Jahren ist der Bestand an Bausparverträgen um rund 28 Prozent zurückgegangen. So verzeichneten Bausparkassen im Jahr 2001 noch insgesamt 32,5 Millionen Verträge. Im Jahr 2021 hingegen waren nur noch 23,8 Millionen Bausparverträge im Bestand. Der niedrige Zins der vergangenen Jahre, aber auch Kündigungen alter Verträge durch die Bausparkassen, hätten das Bausparen für viele Kunden unattraktiv gemacht, analysiert Rudolf Feiner, Finanzberater aus Wangen im Allgäu, den Schwund.
Das habe dazu geführt, dass die Produkte bei vielen Menschen aus dem Blickfeld geraten sind. Seine Erfahrung aus der Praxis: „Die wenigsten Ratsuchenden fragen von sich aus nach Bausparverträgen.“
Energetische Sanierungen als Treiber
Doch der Klimawandel und steigende Energiepreise könnten die Kehrtwende bringen: Mit dem Interesse an energetischen Sanierungen wächst auch das nach günstigen Finanzierungen. Darauf reagieren die ersten Bausparkassen. Um die Chancen, die hierin liegen, noch besser zu nutzen, bieten einige bereits spezielle Tarifvarianten an – etwa Zinsvorteile bei energetischen Modernisierungen oder Klima-Boni in Form einer (Teil-)Rückerstattung der Abschlussgebühr, berichtet Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Bausparkassen.
So bietet Wüstenrot je nach Tarif einen Klimabonus in Höhe von 300 Euro. Schwäbisch Hall dagegen belohnt Sparer, die ein Bauspardarlehen für energetische Modernisierungen abschließen, mit einem Zinsvorteil von 0,15 Prozent. Weitere Bausparkassen ziehen nach. Zusätzliche Anreize bieten auch staatliche Zulagen, wie etwa die erst im Jahr 2021 erhöhte Wohnungsbauprämie. Mit 70 bis 140 Euro pro Jahr fördert der Staat den Wohnungsbau – die Zulagen können auch für energetische Sanierungen genutzt werden. Die erhöhte Nachfrage schafft Raum für Absatzfantasien.
Dennoch haben Bausparverträge in den Produktpaletten vieler Berater nach wie vor einen Exoten-Status. Und zwar aus mehreren Gründen, wie eine Nachfrage bei einigen Beratern ergab: Zum einen sind die Produkte hochkomplex und damit beratungsintensiv. Zum anderen besteht die Gefahr, die Konditionen falsch zu berechnen. Da für das Haus der Zukunft gespart wird, können die dafür benötigten Mittel nur geschätzt werden. Wird eine zu große Bausparsumme vertraglich festgelegt, können hohe Sparraten oder Verschiebungen bei der Zuteilungsreife die Folge sein.
Aber auch bei Sofortfinanzierungen über Bausparverträge, einer Verknüpfung von Bauspar- und Darlehensverträgen, kommt es häufiger zu Verzögerungen bei der Zuteilung der Bausparsumme, weil die beiden Verträge nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Eine mögliche Konsequenz: Der Kunde muss den geplanten Baubeginn oder die Sanierungsmaßnahmen verschieben. Entsteht ihm dabei ein finanzieller Schaden, haftet im Zweifel der Berater.
Skepsis bei Beratern
Auch Björn Olbrich, Geschäftsführer von TBO Versicherungsmakler, steht Sofortfinanzierungen eher zurückhaltend gegenüber – auch aus Kundensicht. So seien die Zinsen hier zuletzt deutlich schneller gestiegen als dies bei den Annuitätendarlehen der Banken der Fall war. „Wir bekommen fast täglich Mitteilungen der Bausparkassen über Zinserhöhungen und die liegen teils bei mehr als 5 Prozent nominal“, so Olbrich. Die größte Hürde sieht der Makler jedoch in der sehr hohen Tilgung, die Bausparkassen für Sofortfinanzierungen über Bausparverträge verlangen. „Dadurch lohnt es sich bei größeren Summen von 100.000 Euro oder mehr für die meisten Menschen kaum, einen Bausparer für eine künftige Finanzierung abzuschließen“.
Anders sieht es dagegen aus, wenn der Zeithorizont länger ist. Auch der angehobene Leitzins sorgt für zusätzlichen Rückenwind. Denn mit den steigenden Zinsen wird die Baufinanzierung immer kostspieliger. Gerade weil Bausparkassen unabhängig vom Markt agieren, können sie dauerhaft niedrigere Zinsen anbieten. Aus diesem Grund hält Finanzberater Feiner es aktuell auch für sinnvoll, Kunden die Vorteile des Bausparens aufzuzeigen.
Auch Kai Weber, Finanzberater und Bauspar-Experte bei Dr. Klein, ist vom Potenzial der Produkte überzeugt und sieht Bausparverträge grundsätzlich als gute Produkte. Verbesserungsbedarf beim Produkt selbst sieht er nicht, stattdessen aber Handlungsbedarf bei den Beratungen. Diese müssten verbraucherfreundlicher und verständlicher ausgestaltet werden. „Viele Sparer wissen nicht, wie ein Bausparvertrag tatsächlich funktioniert“, beobachtet Weber. Da müssten Berater nachhelfen: die Mechanismen des Bausparens erklären und die individuellen Vor- und Nachteile aufzeigen.