Neue Greenwashing-Vorwürfe gegen die DWS

850 Millionen Dollar für klimaschädliche Aktien

Nach den Vorwürfen von Ex-Managerin Desirée Fixler schlägt nun die Organisation „Finanzwende“ in die Ökoschwindel-Kerbe: Die Deutsche-Bank-Tochter habe für ihre als grün deklarierten Fonds 2022 in großem Stil Aktien fossiler Unternehmen zugekauft. Die DWS relativiert die Zahlen.

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14:03 Uhr | 03. März | 2023
Türme eines Heizkraftwerks

Ein weiteres Mal gerät die DWS wegen Greenwashing-Vorwürfen in die Schlagzeilen. Mehr als 850 Millionen Dollar soll der Vermögensverwalter 2022 in fossile Unternehmen investiert haben.

| Quelle: Drbouz

Der Vermögensverwalter DWS steht erneut wegen Greenwashing-Vorwürfen am Pranger: Der Bürgerverein Finanzwende schließt sich den Anschuldigungen der 2021 entlassenen Ex-Nachhaltigkeitschefin Desirée Fixler an und verleiht dem Bild von der Ökoschwindel-Fondsgesellschaft mit folgenden Zahlen neues Gewicht: 2022 soll die Deutsche-Bank-Tochter für ihre als „grün“ deklarierten Fonds Aktien fossiler Unternehmen im Wert von 852 Millionen Dollar zugekauft haben – damit habe die DWS im negativen Sinne die „Pole-Position“ inne: Kein anderer Vermögensverwalter steckte laut den Recherchen der Verbraucherschützer 2022 so viel zusätzliches Geld aus nachhaltigen, in Europa erhältlichen Fonds in solche Aktien.

Bei den klimaschädlichen Investitionen hat die DWS einen Riesenvorsprung vor anderen Gesellschaften.
Julian Merzbacher, Bürgerverein Finanzwende

Die Recherchen der Verbraucherschützer fußen auf einer Studie, die der Bürgerverein Finanzwende vor Kurzem veröffentlichte. Darin wurden mehr als 2.400 in Europa erhältliche und als nachhaltig beworbene, aktiv gemanagte Artikel-8 und Artikel-9-Fonds daraufhin untersucht, inwiefern sie im Krisenjahr 2022 beim „fossilen Boom mitmischten“ und in klimaschädliche Unternehmen investierten. Heraus kam dabei: Insgesamt sind die als nachhaltig beworbenen Fonds im vergangenen Jahr deutlich CO₂-lastiger geworden. „Von dieser Analyse ausgehend haben wir uns die Zahlen der Fondsmanager genauer angeschaut“, erläutert Finanzwende-Pressesprecher Julian Merzbacher gegenüber procontra. Dabei sei herausgekommen, dass die DWS bei den klimaschädlichen Investitionen „einen Riesenvorsprung“ vor den anderen Gesellschaften habe. So sei beispielsweise J.P. Morgan ein sehr viel größerer Vermögensverwalter als die DWS – trotzdem habe die DWS doppelt so viel Geld in fossile Anlagen gesteckt wie der Konkurrent.

Am stärksten kaufte die Deutsche-Bank-Tochter Aktien des kanadischen Pipelinebetreibers Enbridge sowie des britischen Shell-Konzerns zu. Aktien von Firmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien seien dagegen sogar verkauft worden, schreiben die Verbraucherschützer – für netto fast zehn Millionen Dollar. „Die Daten zeigen, dass die DWS beim Greenwashing ganz vorne dabei ist“, erklärte Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende, und fügte hinzu: „Es ist angesichts der Klimakrise ein Irrsinn, wenn nachhaltige Fonds noch mehr in fossile Unternehmen investieren.” Grüne Fonds müssten fossile Investitionen ausschließen, dementsprechend müssten die Fonds der DWS „raus aus Total, Shell und Co“.

Fossile Aktien im Wert von mehr als 5 Milliarden

Die von Finanzwende analysierten Zahlen sprechen dagegen eine andere Sprache: Demnach enthielten die als „grün“ deklarierten Fonds der DWS Ende 2022 fossile Aktien im Wert von insgesamt mehr als fünf Milliarden US-Dollar, was 5,7 Prozent des Gesamt-Portfolios entspricht. Der Wert der Aktien von Firmen aus dem Sektor Erneuerbare Energien habe in diesen Fonds dagegen nur 194 Millionen US-Dollar betragen, ein Anteil von 0,2 Prozent. Als zweitgrößte deutsche Fondsgesellschaft habe die DWS 20-mal mehr Geld in Ölunternehmen und Co. investiert als in Solar-, Wind- und ähnlichen Firmen. 

Zuletzt hatte es Mitte 2022 wegen der Greenwashing-Vorwürfe von Ex-Nachhaltigkeitschefin Desirée Fixler mehrere Durchsuchungen in Büros der DWS wegen des Verdachts auf Prospekt- und Kapitalanlagebetrug bei grün deklarierten Fonds gegeben. Aktuell dauern die Ermittlungen der amerikanische Börsenaufsicht SEC, des US-Justizministeriums und der BaFin noch an.

Auf procontra-Nachfrage wies die DWS darauf hin, dass sie die Zahlen der Verbraucherschützer nicht „vollständig nachvollziehen“ könne. Tatsächlich messe die DWS dem Klimaschutz und dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern eine hohe Bedeutung bei. „Forderungen an Unternehmen wie ‚entweder sofortiger Ausstieg oder umgehende Desinvestition‘ halten wir jedoch aus mehreren Gründen nicht für zielführend“, erklärte DWS-Sprecherin Cristelia Díaz gegenüber procontra. So könnte die Forderung nach einem Ausstieg beispielsweise zu einem Verkauf des Geschäfts an nicht börsennotierte Unternehmen führen. Dadurch wären die Aktivitäten der Unternehmen jeglicher öffentlichen Kontrolle und Einflussnahme – etwa durch Investoren oder NGOs – entzogen. „Wir können aber nur Verbesserungen bewirken, wenn wir investiert sind“, so Díaz.