Prognosetransparenz

Dax-Konzerne geben sich in ihren Prognosen teils nebulös

Prognosen sind hilfreiche Indikatoren für Investoren. Doch Dax-Konzerne leben diese gewünschte Transparenz recht unterschiedlich.

14:10 Uhr | 04. Oktober | 2024
Wolkenkratzer im Nebel

Nicht alle Dax-Unternehmen sorgen für klare Sicht.

| Quelle: Captured Blinks Photography

„Investoren wollen möglichst genaue Informationen über die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens sammeln, bevor sie eine Investitionsentscheidung treffen. Die wichtigste Orientierung geben die Prognoseberichte der Unternehmen, in denen sie ihre Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr – oder sogar darüber hinaus – erläutern“, schreibt Kirchhoff Consult in der aktuellen Studie zu den Prognoseberichten der Dax-Unternehmen. Hierzu hat die Beratungsgesellschaft zusammen mit der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) aus den Geschäftsberichten 2023 die quantitativen und qualitativen Angaben zur erwarteten künftigen Geschäftsentwicklung untersucht und deren Transparenz je nach Ergebnis in „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ eingestuft. Zahlreiche Einzelposten gehen in die Betrachtung ein, etwa Konzernumsatz- und -ergebnis, Kostenentwicklung, Investitionssumme und Dividendenpolitik. 

Kein Investor erwarte, dass jede Voraussage eintreffen wird. „Sie erwarten aber von den Unternehmen einen sorgfältigen und transparenten Umgang mit den Prognosen“, meint Jens Hecht, Managing Partner bei Kirchhoff Consult. Deren Qualität spiegele oft die gute oder eben auch schlechte Governance eines Unternehmens wider, betont Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW. Eines der erfreulichen Ergebnisse: 33 von 38 Unternehmen haben ein quantifiziertes Konzernergebnis veröffentlicht, also eine konkrete Zahl als erwartetes Ergebnis genannt – zwei mehr als im Jahr zuvor. Airbus und Qiagen sind in der Studie nicht berücksichtigt. „Die Unternehmen berichten nach anderen Berichtsstandards, in denen kein expliziter Abschnitt für eine Prognose erforderlich ist“, erläutert Alexander Neblung, Senior Consultant bei Kirchhoff Consult. 

Der Bankensektor schwächelt

18 der Dax-Schwergewichte schneiden mit einer hohen Transparenz und damit einer guten Prognosequalität ab, ebenso viele wie im Vorjahr. Drei Konzerne weisen allerdings eine niedrige Transparenz auf, darunter zwei Banken. War es im vergangenen Jahr allein die Deutsche Bank, die so eingestuft war, sind es nun außerdem noch die Commerzbank und Merck. Die Häuser geben im Prognoseteil des Geschäftsberichts keine quantifizierten Angaben zum erwarteten Ergebnis auf Konzern- oder Segmentebene ab. „Aussagen über die Gründe der einzelnen Unternehmen wären unsererseits rein spekulativ“, sagt Neblung. „Erfahrungsgemäß beeinflussen jedoch insbesondere interne Faktoren die Form der veröffentlichten Prognosen maßgeblich.“

 

Ein weiterer Aspekt ist die Art des Geschäfts. Die Finanz- und Bankenbranche sei von aktuellen Entwicklungen am Kapitalmarkt, etwa der Zinspolitik, wegen ihres Geschäftsfelds stärker beeinflusst als andere Branchen, meint Neblung. Eine quantitative Prognose zu geben sei für betreffende Unternehmen daher aktuell mit größerer Unsicherheit behaftet. „Dennoch ist eine quantitative Prognose im Sinne einer guten und transparenten Kapitalmarktkommunikation aus Sicht der Kapitalmarktakteure wünschenswert“, ergänzt der Beobachter.

 

In die Gruppe mit mittlerer Transparenz fallen 17 Unternehmen, zwei weniger als im Jahr davor. Primus ist wie im vergangenen Jahr die Deutsche Telekom. Der Anbieter macht als einer von wenigen im Geschäftsbericht unter anderem Angaben zu sogenannten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, wie Kundenzufriedenheit, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß. Angaben zur Nachhaltigkeit sind für zahlreiche große Unternehmen nach der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, kurz CSRD, seit Juli verbindlich. Im kommenden Geschäftsbericht dürften daher deutlich mehr Dax-Mitglieder zu diesem Bereich informieren. „Die Richtlinie erweitert die Regeln für die nichtfinanzielle Berichterstattung erheblich“, beschreibt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in einem Bericht. „Unternehmen werden künftig, neben der finanziellen Performance, mehr und mehr auch anhand nichtfinanzieller Kennzahlen bewertet.“ Ein Thema, das Unternehmen, Berater und Anleger gleichermaßen noch sehr beschäftigen wird.