Mikro-Sparraten in Indien: Slumbewohner profitieren vom Fondsmarkt
Was Sie erfahren werden:
* Wie die indische Regierung die Aktienanlage fördert
* Wie Indien als Beimischung das Depot stärkt
* Wieso die EU für zusätzlichen Schwung sorgen könnte
In Indien werden Slumbewohner zu Investoren. Das hört sich ein wenig nach „Slumdog Millionär“ an, dem mit acht Oskars ausgezeichneten Kinofilm aus dem Jahr 2008. Der Streifen erzählt von dem Tag im Leben eines 18-Jährigen ehemaligen Straßenjungen, der in der Fernsehsendung „Wer wird Millionär“ den Hautpreis abräumt. Ob der Traum vom Reichtum oder zumindest einem gewissen Wohlstand irgendwann für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen in Indien in Erfüllung geht, wird sich zeigen. Die Regierung jedenfalls will, dass alle Menschen in den Kapitalmarkt investieren und von dessen Wachstum profitieren können. Dies berichtet Joachim Spiering, Aktienanalyst beim Münchener Vermögensverwalter HRK Lunis.
Mikro-Sparraten machen’s möglich
„Dafür soll in Kürze ein erster Fonds aufgelegt werden, der ab einer Mindestanlage von 250 Rupien (etwa 2,80 Euro) bespart werden kann. Weitere dieser Systematic Investment Plans (SIPs) werden womöglich folgen“, erklärt der Anlageprofi. Die indische Finanzmarktaufsicht führe gerade Gespräche mit der Fondsbranche. Eine Herausforderung sei, die Kosten so niedrig zu halten, dass ein SIP bei Sparanlagen von nur 250 Rupien pro Monat wirtschaftlich tragbar ist. Spiering ist zuversichtlich, dass dies gelingt. Die Digitalisierung würde dabei helfen. Schließlich sei das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern in Sachen Digitalisierung ein Vorreiter. Bereits heute verfügten nahezu alle Inder über eine digitale ID-Nummer. Mit dieser würden via App Bankkonten eröffnet, Rentenbescheide angefordert und Fondssparpläne verwaltet. Spiering zufolge geht die Aufsicht davon aus, dass die Einführung der SIPs der indischen Fondsbranche und dem Aktienmarkt einen weiteren Schub verleihen.
Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die indische Börse sehr gut entwickelt. Wie gut genau, erläutert Schippmann, Vermögensverwalter und stellvertretender Leiter Private Banking bei der Sutor Bank (siehe Interview). Er hält eine Indien-Beimischung im Depot langfristig für sinnvoll. Die Performance einiger Indienfonds kann sich sehen lassen (siehe Tabelle). Aktuell hat Amundi den aktiv verwalteten Amundi India Equity Contra Fonds aufgelegt.
Indien in Fondspolicen?!
Eine weitere Variante, auf die Makler hinweisen können, sind fondsgebundene Versicherungen, die in entsprechende Fonds investieren dürfen. Auf Anfrage sagte zum Beispiel Franklin Templeton, dass Kunden von Cosmos, HDI, Helvetia, Standard Life und Stuttgarter in den Franklin India Fund investiert sind. Dieser Weg, in attraktive Einzelmärkte zu investieren, ist mitunter selbst bei Beratern zu wenig bekannt.
Die Fachleute des Fondsanbieters DWS sehen Indien weiterhin „auf dem Weg zu nachhaltigem Wachstum“. Damit dies gelingt, müsse das verarbeitende Gewerbe gestärkt werden, um Arbeitsplätze für die wachsende Erwerbsbevölkerung zu schaffen. Der Anteil von Gütern aller Art am Bruttoinlandsprodukts gehe seit Jahrzehnten zurück. Stark dagegen sei die indische Wirtschaft im Bereich Dienstleistungen, worunter insbesondere die Entwicklung von Software falle. Um die wirtschaftliche Entwicklung Indiens auf Dauer zu festigen, müssten beide Sektoren vorankommen.
Risikoausgleich zur US-Börse
Einen uneingeschränkt positiven Blick auf das Land hat Murali Yerram, Anlageexperte für Indien beim Vermögensverwalter Franklin Templeton: „Indiens Wirtschaft und Markt blickt zwar auf eine starke Performance zurück, aber wir glauben, dass das Beste noch vor uns liegt.“ Ein in Zukunft möglicherweise weiteres Argument für ein Investment in Indien liefert Beobachtern zufolge die erratische Politik von US-Präsident Donald Trump, welche die US-Börsen verunsichert. Der indische Aktienmarkt ermögliche eine gewisse Unabhängigkeit vom US-Wirtschaftszyklus.
Ohnehin rückt Indien geopolitisch immer mehr ins Zentrum. Dafür stehen auch die aktuellen Verhandlungen der EU mit Indien über ein Freihandelsabkommen. Beide Seiten wollen noch in diesem Jahr eine Einigung erzielen. Das wäre dann ein Booster für die wirtschaftliche Entwicklung in beiden Regionen. Im Rahmen des Besuchs der EU-Kommission in Indien im Februar sprach Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von einer starken Dynamik in den Beziehungen. Sie betonte: „Die EU und Indien verfügen über das Potenzial, zu einer der prägenden Partnerschaften dieses Jahrhunderts zu werden.“ Das sind hehre Worte aus Brüssel. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass Indien sich seit Jahren zum Besseren entwickelt. Das wird gewiss so bleiben. Und jetzt werden Indiens Slumbewohner auch noch zu Investoren.
Jetzt in Indien investieren?
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Als Depot-Beimischung auf jeden Fall sinnvoll.
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Langfristige Aussichten sprechen eindeutig dafür.
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Indien wäre ein Gegengewicht zum „alten“ Europa.
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Der indische Aktienmarkt ist nicht gerade günstig.
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Investment in ein Land bedeutet Klumpenrisiko.
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Die junge Bevölkerung muss erst mal Arbeit finden.