Offene Immobilienfonds: Was jetzt für und was gegen sie spricht
Offene Immobilienfonds galten beziehungsweise gelten vielen Anlegern als solide Beimischung fürs Portfolio. Seit Jahren verzeichnen die Anbieter hohe Zuflüsse seitens der Anleger. Im Rekordjahr 2019 flossen den Fonds netto über zehn Milliarden Euro zu, im vergangenen Jahr waren es immerhin noch 4,5 Milliarden. Die Ratingagentur Scope spricht rückblickend von einer „goldenen Dekade“ der Fonds.
Was gegen offene Immobilienfonds spricht
Doch offene Immobilienfonds (OIF) stehen zunehmend unter Druck. Profitierten sie und ihre Anleger in den vergangenen Jahren vor allem von steigenden Immobilienbewertungen, sieht die Lage durch die steigenden Zinsen mittlerweile weniger rosig aus, wie eine aktuelle Analyse von Scope zeigt.
„Die Bewertung der Gebäude wird die Renditen der Fonds künftig eher belasten als steigern“, heißt es in dem Papier. So sind die Transaktionen an den Immobilienmärkten mittlerweile nahezu zum Erliegen gekommen, die meisten Käufer sind nicht mehr bereit, die aufgerufenen Immobilienpreise zu bezahlen.
Bei Scope rechnet man darum mit sinkenden Bewertungsrenditen – doch gerade diese hatten in den vergangenen Jahren die Renditen für die Anleger maßgeblich getrieben. Wie hoch das Abwertungsrisiko zu beziffern ist, steht noch nicht fest – auch weil weitere Zinserhöhungen nicht ausgeschlossen werden können.
Im Vertrieb macht sich die neue Lage bereits deutlich – wie bereits oben erwähnt, gehen die Nettomittelzuflüsse zurück. Dieser Trend wird sich laut Scope auch 2023 fortsetzen. Dies liegt zum einen an der hohen Inflation, durch die viele Menschen weniger Geld zum Anlegen zur Verfügung haben. Zum anderen werden andere Anlagemöglichkeiten, wie Tagesgeld und Anleihen, für viele Menschen interessanter, da diese flexibler handhabbar sind als OIF.
Was für offene Immobilienfonds spricht
Also Grund zur Panik? Nein, lautet das Fazit von Scope. Denn eine signifikant höhere Abgabe von Fondsanteilen ist bislang nicht feststellbar – dafür sorgen auch die 2013 reformierten Halteregeln.
Auch für 2023 rechnet die Berliner Ratingagentur mit einer durchschnittlichen Rendite zwischen zwei und 2,5 Prozent der Fonds. Da die Bewertungsrenditen zurückgehen, rücke das zweite Standbein der Fonds, die Ausschüttungsrenditen zunehmend in den Fokus. Diese ergeben sich aus den erzielten Mieteinnahmen.
Entsprechend wichtig sind die Vermietungsquoten – leerstehende Gebäude können logischerweise keine Mieteinnahmen generieren. Hier ist die Lage bei den 27 von Scope untersuchten Fonds weiterhin stabil – die Vermietungsquote lag 2022 bei 94,2 Prozent, nachdem sie im Vorjahr noch bei 94 Prozent rangierte. Auch für dieses Jahr erwartet man seitens Scope Stabilität beziehungsweise nur leicht zurückgehende Vermietungsquoten.
Allerdings werden die Herausforderungen für das Fondsmanagement nicht kleiner – es muss einerseits den Immobilienbestand gemäß ESG-Kriterien umbauen, andererseits die Vermietungsquoten trotz wachsender Kundenzurückhaltung und vermehrter Insolvenzen konstant halten.
Noch besitzen die Fonds aber eine große Anzahl attraktiver Objekte mit bonitätsstarken Mietern. Solange sich dies nicht fundamental ändert, können OIF auch in Zukunft eine mögliche Erweiterung des eigenen Portfolios sein.