Krypto-Experte: Was für einen weiteren Siegeszug des Bitcoin spricht
procontra:
Der Bitcoin hat zuletzt einen enormen Höhenflug hingelegt. Wie viel davon ist auf den Sieg von Donald Trump zurückzuführen?
Jonas Groß:
Der Sieg von Donald Trump hat sicherlich eine große Rolle gespielt, das zeigt allein die Kursbewegung in der Wahlnacht. Die Finanzmärkte sind ja häufig auch emotional getrieben. Das Sentiment bei Bitcoins war lange negativ, bedingt durch die FTX-Pleite. Es hat nun einen Auslöser gebraucht, der das Pendel umschwingen ließ: Und das war in diesem Fall die Wahl von Donald Trump, der die Fantasien vieler Anleger beflügelt hat. Allerdings steckt dann doch mehr hinter dem Aufschwung als nur Trump.
Groß:
Da wären zum einen die Einführung von Bitcoin-ETF in den USA, die sehr erfolgreich sind. So hat der Bitcoin Spot ETF von Blackrock innerhalb von zehn Monaten so viel Geld akkumuliert wie der eigene Gold-ETF in 20 Jahren. Inzwischen ist das Volumen des Bitcoin-ETFs fast doppelt so hoch wie das des Gold-ETFs. Hinzu kommt das Bitcoin-Halving Anfang 2024 – solche Ereignisse schlagen sich meist erst Monate später im Preis nieder. Haupttreiber bleiben aber die Fantasien rund um Donald Trump.
Groß:
Es gibt Überlegungen, eine strategische Bitcoin-Reserve von bis zu einer Million Bitcoins aufzubauen. Der Bitcoin soll hier folglich als Wertspeicher fungieren. Was für Deutschland heute die Goldreserven sind, wären für die USA dann eben auch Bitcoins. Wenn man nun überlegt, dass derzeit nur noch wenige neue Bitcoins hinzukommen und dann ein Staat ankündigt, eine sechs- bis siebenstellige Anzahl an Bitcoins zu kaufen, kann man sich gut vorstellen, dass sich das im Preis widerspiegelt.
procontra:
Auch andere Staaten wie China denken über eine strategische Bitcoin-Reserve nach. Man kann folglich sagen: Der Bitcoin wird politisch. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Groß:
Tatsächlich gibt es entsprechende Überlegungen in zahlreichen Staaten, von Russland bis Brasilien. Darunter sind auch Staaten, die unsere Werte nicht immer teilen. Das kann von dem einen oder anderen zu Recht als problematisch bewertet werden, wenn solche Staaten dann eventuell die maßgeblichen Akteure in diesem Spiel sind – letztlich ist der Bitcoin jedoch eine neutrale Technologie, die jedem offensteht und somit auch freiheitliche Werte mitbringt. Man kann es letztlich keinem verbieten, Bitcoin zu minen oder zu erwerben.
procontra:
Ein Investment in Bitcoin ist seit Anfang des Jahres auch mittels ETF möglich – zumindest in den USA. Dadurch können auch institutionelle Investoren in die Kryptowährung investieren. Macht das den Bitcoin künftig weniger volatil?
Groß:
Ich habe immer die These vertreten, dass der Bitcoin mit der Zeit weniger volatil wird – allein aus dem Grund, dass die Nachfrage immer konstanter wird. Demzufolge wird auch die vorhandene Nachfrage seitens institutioneller Investoren die Volatilität weiter glätten. Ich kann allerdings nicht sagen, wann das der Fall sein wird. Derzeit ist die Volatilität einfach sehr hoch, da momentan viel Fantasie bei vielen mitschwingt.
procontra:
Vor allem der Bitcoin stand zuletzt im Zentrum der Aufmerksamkeit. Neben ihm gibt es jedoch noch zahllose weitere Kryptowährungen. Können diese auch vom Hype um den „großen Bruder“ profitieren?
Groß:
Das große Thema Krypto-Reserve ist natürlich auf den Bitcoin bezogen. Ich kann mir aktuell nicht vorstellen, dass wir dann auch Etheroder Solana in dieser Reserve liegen haben werden. Die Tatsache allerdings, dass Trump ein Krypto-freundliches Umfeld mit weniger Regulatorik schaffen möchte, wird natürlich auf den gesamten Krypto-Space ausstrahlen, nicht nur auf den Bitcoin. Sollte Trump diese Ankündigung umsetzen, dürften dann auch weitere Länder folgen. Welche Ausstrahlungskraft die USA haben, sieht man ja beim Thema Krypto-Reserve: Bislang war das nur von ein paar kleinen Staaten diskutiert worden, seit Trumps Ankündigung ist die Entwicklung wirklich atemberaubend.
procontra:
Nur die wenigsten Anleger können wahrscheinlich erklären, wie der Bitcoin genau funktioniert. Ist das ein Problem?
Groß:
Die Frage ist für mich, was „verstehen“ genau bedeutet. Man sollte gemäß Warren Buffet vor einem Investment das hinterlegte Asset hinreichend gut verstanden haben. Die Frage ist nun, was „hinreichend gut“ bedeutet. Ich glaube, nicht jeder muss die Blockchain auf Code-Ebene begreifen, wenn er investieren möchte. Die Menschen können ja auch das Internet benutzen, obwohl sie nicht wissen, wie HTTPS-Protokolle funktionieren. Dennoch halte ich es für essentiell, sich mit dem Investment und den hiermit verbundenen Chancen und Risiken zu befassen und sich nicht nur von der Preisentwicklung leiten zu lassen.
procontra:
Ein Risiko beim Bitcoin ist ja auch, dass sich ein Großteil der Bitcoins auf wenige Anleger, sogenannte Wale, verteilt. Das amerikanische Unternehmen MicroStrategy hat zuletzt im Rahmen einer neuen Strategie massiv Bitcoin aufgekauft. Wie groß bewerten Sie die Gefahr, dass diese Großanleger den Kurs mit einem Verkauf ihrer Anteile maßgeblich beeinflussen können?
Groß:
Prinzipiell kann der Kurs natürlich sinken, wenn einer der Wale entscheidet, sich von seinen Bitcoins zu trennen. Allerdings gab es in der Vergangenheit bereits mehrfach Fälle, in denen zehntausende Bitcoins auf den Markt gekommen sind, beispielsweise nach der Pleite der Bitcoin-Börse Mt.Gox. Trotzdem befindet sich der Bitcoin heute auf einem Allzeit-Hoch.
Natürlich würde es den Markt bewegen, wenn MicroStrategy sich jetzt zum Verkauf all seiner Bitcoins entscheiden würde. Schließlich besitzen die sehr viele Bitcoin. Da stellt sich natürlich zum einen die Frage: Wie wahrscheinlich wäre ein solches Szenario? Schließlich würde sich MicroStrategy ja selbst schaden, wenn sie all ihre Bitcoins auf einmal verkaufen würden.
Zum anderen sehe ich eben diesen Glättungseffekt durch institutionelle Investoren. Das ließ sich gut beobachten, als der Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke überschritt und viele Privatinvestoren ihre Bitcoins verkauften, weil sie die Gewinne mitnehmen wollten. Über ETFs kauften institutionelle Investoren allerdings die auf den Markt kommenden Bitcoins auf, so dass der Preis nicht groß nachgab.
procontra:
Nachdem die 100.000-Dollar-Marke geknackt wurde, glauben einige Experten, dass dies erst der Anfang war. Star-Investorin Cathy Woods hält gar einen Preis von einer Million Dollar bis 2030 für möglich. Ist das reines Wunschdenken?
Groß:
Der Blick in die Glaskugel ist natürlich immer schwierig. Es gibt natürlich schon Signale, die darauf hindeuten, dass ein Kurs von 150.000 oder 200.000 Dollar möglich ist – allein, weil das Angebot an Bitcoin so knapp ist. Man muss aber auch sehen, dass es in der Vergangenheit nach jedem Allzeit-Hoch auch wieder nach unten ging. Man sollte jetzt nicht glauben, dass der Bitcoin weiter auf 500.000 Dollar durchmarschiert und für immer da bleibt. Der Bitcoin unterliegt wie gesagt Zyklen – es wird auch wieder eine Phase mit sinkenden Kursen geben, insbesondere, wenn sich die derzeit mit dem Bitcoin verbundenen Fantasien nicht realisieren sollten. Ich glaube aber schon an eine positive Entwicklung, da der Bitcoin ja positive Eigenschaften mit sich bringt und diese auch in Zukunft nicht verliert.
procontra:
Schaut man auf den Crypto Creed & Fear-Index, überwiegt bei den Anlegern derzeit klar die Gier. Viele Menschen haben offenbar die Befürchtung, etwas zu verpassen, wenn sie jetzt nicht noch auf den Bitcoin-Zug aufspringen. Ist das eine gute Idee?
Groß:
Wenn man sich ausreichend informiert, risikoaffin ist und einen langfristigen Zeithorizont hat, würde ich sagen: Ja. Meiner Meinung nach gibt es zahlreiche positive Indikatoren, die dafür sprechen, dass man den Zug noch nicht verpasst hat. Man sollte allerdings nicht gierig sein und nur das Geld investieren, bei dem man selbst dann gut schlafen kann, selbst wenn der Preis mal deutlich nachgibt.