Kolumne

Abzinsungssatz sollte bei Pensionsverpflichtungen konstant bleiben

Der Abzinsungssatz für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen sollte bei einer Höhe von 3,25 Prozent konstant festgelegt werden, meint Stefan Oecking, der neue Vorstandsvorsitzende des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS).

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09:09 Uhr | 24. September | 2024
Stefan Oecking, Vorstandsvorsitzender des IVS, Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung

Stefan Oecking, Vorstandsvorsitzender des IVS, Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung

| Quelle: IVS

In den vergangenen Jahren hat die Bewertung von Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz immer wieder Diskussionen ausgelöst, insbesondere im Hinblick auf die Bewegungen des Abzinsungssatzes, der auf aktuellen Marktzinssätzen basiert. Das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) hat hierzu nun ein Positionspapier vorgelegt. In diesem schlagen wir die Festlegung eines konstanten Abzinsungssatzes in Höhe von 3,25 Prozent für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen in Deutschland vor.

Mit der Forderung nach einem konstanten HGB-Zins stehen wir nicht allein. Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) unterstützt diesen Ansatz und kritisiert die derzeitige Methode. Denn mit der aktuellen Vorgehensweise zeigt sich ein großes Problem: Marktbewegungen müssen vollständig im Ergebnis erfasst werden, was insbesondere bei sinkenden Zinsen zu unerwünschten Belastungen führt. Eine Reform ist daher aus unserer Sicht unumgänglich.

Warum ein konstanter Abzinsungssatz?

Der Hauptpunkt des IVS ist klar: Derzeit wird in der deutschen Handelsbilanz ein geglätteter Durchschnittszins über zehn Jahre verwendet, um Marktschwankungen wenigsten einigermaßen auszugleichen. Diese Zinskonzeption steht jedoch weder im Einklang mit allgemeinen handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen noch hat sie sich in der Praxis bewährt.

Das IVS plädiert daher ebenso wie das IDW für einen konstanten Abzinsungssatz. Der vom IVS abgeleitete Wert von 3,25 Prozent basiert auf grundlegenden wirtschaftlichen Überlegungen und setzt sich aus der langfristigen Inflationszielmarke der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent und einer realen Verzinsung von etwa 1,25 Prozent zusammen.

Theoretische Begründung

Im Positionspapier des IVS wird deutlich, dass makroökonomische Indikatoren wie Inflation und reales BIP-Wachstum als Basis für die Ermittlung des Abzinsungssatzes wesentlich sinnvoller sind als kurzfristige Marktentwicklungen. Die vorgeschlagenen 3,25 Prozent stellen einen gut begründbaren Mittelwert dar, der eine vernünftige Balance zwischen Inflationsziel und realen Erträgen ermöglicht.

Besonders hervorzuheben ist aus meiner Sicht die Praktikabilität dieses Vorschlags. Ein konstanter Abzinsungssatz würde den Unternehmen mehr Planungssicherheit bieten und gleichzeitig den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Das IVS sieht eine Anpassung dieses Satzes in der Zukunft nur dann als notwendig an, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend verändern, etwa durch signifikante Änderungen im Wachstum des Bruttoinlandsproduktes oder eine Anpassung des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank.

Praktische Auswirkungen und Übergangsregelungen

Die Einführung eines konstanten Abzinsungssatzes würde einen grundlegenden Wandel in der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen darstellen. Konsequenterweise müsste auch die Zeitwertbewertung von Deckungsvermögen reformiert werden. Dieses wäre dann in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu (fortgeschriebenen) Anschaffungskosten zu bewerten. Eine Ausnahme bilden wertpapiergebundene Zusagen, bei denen eine Marktbewertung der zugrundeliegenden Wertpapiere weiterhin sinnvoll wäre.

Ein solcher Schritt würde nicht nur mehr Stabilität in die Bilanzen bringen, sondern auch die Komplexität der Berichterstattung über Pensionsverpflichtungen reduzieren und Unternehmen eine transparentere und besser planbare Finanzlage ermöglichen. Für den Übergang sind unterschiedliche Übergangsregelungen denkbar, die noch zu erörtern sind.

Der Weg zur Reform

Als IVS werden wir im nächsten Schritt in einen Dialog mit Politik, Ministerien, Wirtschaftsprüfern und Finanzexperten treten, um gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, die den Unternehmen und ihren Stakeholdern zugutekommt. Es ist an der Zeit, die Diskussion um die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen auf eine neue Ebene zu heben – hin zu mehr Stabilität, Klarheit und langfristiger Planungssicherheit.