Kolumne

Altersvorsorge neu gedacht: Ideen für eine zukunftsfähige Rente

Das Aus der Bundesregierung könnte den Weg frei machen für eine gerechtere und zukunftsfähige Rentenreform, meint Gorden Isler. Der Hamburger Versicherungsmakler hat dazu konkrete Ideen.

11:12 Uhr | 10. Dezember | 2024
Gorden Isler: Nachhaltigkeit in der Altersvorsorge

Gorden Isler ist Gründer und Geschäftsführer des nachhaltigen Maklerbüros Fairvendo in Hamburg.

| Quelle: Fairvendo

Das Scheitern der Ampel-Koalition hat nicht nur politische Unsicherheiten hinterlassen und das Vertrauen in die Politik beschädigt, sondern auch wichtige Reformvorhaben verhindert – allen voran die dringend benötigte Rentenreform. Die sogenannte „Lindner-Rente“ war weder sozial gerecht noch zukunftsfähig. Die neue Bundesregierung steht deshalb vor der drängenden Aufgabe, eine Rentenreform auf den Weg zu bringen, die ökologisch verantwortungsvoll, sozial ausgewogen und generationengerecht ist. Die Reform der Altersvorsorge betrifft uns alle, und nur gemeinsam können wir ein System schaffen, das allen Generationen gerecht wird. Wie das aussehen könnte? Hier kommen einige Ideen.

1. Staatliche Förderung an Nachhaltigkeitskriterien knüpfen

Der Staat sollte ausschließlich Altersvorsorgeprodukte fördern, die klimaunschädlich sind. Konkret bedeutet das, dass geförderte Produkte mindestens die Anforderungen von Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung erfüllen müssen, idealerweise sogar Artikel 9. Eine stärkere Förderung für Produkte nach Artikel 9 würde ein klares Signal setzen. Es kann nicht im politischen oder staatlichen Interesse liegen, wenn Gelder aus Altersvorsorgeprodukten weiterhin fossile Energien oder klimaschädliche Industrien finanzieren, während Klimaschäden zunehmend aus Steuermitteln finanziert werden müssen.

2. Standardisierung von staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukten

Staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte müssen einfacher und kostengünstiger werden. Einheitliche, leicht verständliche Strukturen und verpflichtende Transparenz bei Kosten und Vertragsbedingungen sollten zum Standard werden. Zudem ist eine gesetzliche Deckelung der Verwaltungskosten notwendig, damit ein größerer Teil der Beiträge tatsächlich in die Altersvorsorge fließt.

3. Portabilität und Wechselmöglichkeiten verbessern

Die private Basisrente (Rürup-Rente), muss flexibler werden. Es sollte möglich sein, Anbieter zu wechseln, ähnlich wie bei Riester-Verträgen oder der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Die aktuelle Bindung an einen Anbieter bis zum Lebensende ist ungerecht. Zudem sollte grundsätzlich ermöglicht werden, das angesparte Guthaben am Ende des Erwerbslebens aus allen staatlich geförderten Produkten in die gesetzliche Rentenversicherung übertragen zu können. Auch wenn kapitalgedeckte Verfahren bei längeren Laufzeiten höhere Renditen erzielen können, so bieten die Rentenfaktoren der gesetzlichen Rentenversicherung gerade in der Auszahlungsphase höhere Rentenwerte. Mehr Flexibilität und Wechselmöglichkeiten erhöhen die Bereitschaft fürs Alter vorzusorgen, weil sich die Menschen weniger Sorgen machen müssen, dass sie Entscheidungen treffen könnten, die später nicht mehr korrigiert werden können. Die Übertragbarkeit von Sparguthaben würde zusätzliche Mittel in das Umlagesystem bringen, die gesetzliche Rente stabilisieren und das Vertrauen in Produkte privater Anbieter erhöhen.

4. Einheitliches Produkt in der zweiten Schicht schaffen

Die Trennung zwischen Riester-Rente und betrieblicher Altersversorgung (bAV) ist unnötig kompliziert und nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollte ein einheitliches Altersvorsorgeprodukt in der zweiten Schicht geschaffen werden, das sowohl privat als auch betrieblich besparbar ist. Damit könnten Sparer in ein und dasselbe Produkt investieren und gleichzeitig von den hohen Freibeträgen der bAV profitieren.

Dieses Modell sollte für alle zugänglich sein – einschließlich Selbstständiger, die bisher in beiden Produkten ausgeschlossen sind. Der Staat könnte weiterhin pauschale Zulagen für Sparer sowie besonders hohe Zulagen für Kinder einzahlen, um die Attraktivität zu steigern. Arbeitgeber könnten weiterhin die zusätzliche Möglichkeit behalten, durch Arbeitgeberzuschüsse die Altersvorsorge ihrer Mitarbeitenden aufzuwerten. Ein solches System würde die Vorteile beider Produkte vereinen und sollte kostengünstiger, vergleichbar und portabel angeboten werden können.

5. Kapitalgedeckte Ergänzung der gesetzlichen Rente nach schwedischem Modell

Die gesetzliche Rente sollte in der zweiten Schicht ein kapitalgedecktes Produkt anbieten, das nach dem Vorbild des schwedischen Modells gestaltet ist. In Schweden ermöglicht das System den Versicherten, einen Teil ihrer Beiträge individuell in Investmentfonds zu investieren. Für Deutschland könnte eine solche kapitalgedeckte Ergänzung der gesetzlichen Rente nicht nur die Versorgungslücken schließen, sondern auch das grundsätzliche Vertrauen in die Altersvorsorge stärken. Dieses Modell hätte das Potenzial, die Attraktivität der zweiten Schicht deutlich zu erhöhen, den Wettbewerb zwischen privaten Anbietern zu stärken, und gleichzeitig die gesetzliche Rentenversicherung zukunftssicherer zu machen.

6. Steuerfinanzierte Zuschüsse für Menschen in sozialen Berufen

Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten – etwa in der Pflege, im Rettungsdienst, im Katastrophenschutz, der Betreuung oder Erziehung – leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft. Dennoch sind sie oft finanziell schlechter gestellt und dadurch auch schlechter abgesichert als viele andere Berufsgruppen. Dabei liegt es im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse, diese Berufe attraktiv zu halten. Der Staat sollte einen „Sozialpakt“ ins Leben rufen, in dem soziale Berufe identifiziert werden, die für das Funktionieren unserer Gesellschaft unverzichtbar sind. Für diese Berufsgruppen könnten steuerfinanzierte Zuschüsse zur gesetzlichen Rente bereitgestellt werden, um ihre finanzielle Absicherung im Alter zu verbessern. Eine gerechtere Rente für soziale Berufe wäre ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung und ein notwendiger Schritt, um die Attraktivität dieser Berufe und den sozialen Frieden langfristig zu sichern.