Aktuelles Urteil

Kassenwechsel-Schlupfloch: Gericht weist Rentner-Klage zurück

Die Diskussion um Schlupflöcher zur Rückkehr von der PKV in die GKV reißt nicht ab. Jetzt hat sich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit einem solchen Fall beschäftigt. Alles zum aktuellen Urteil.

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16:08 Uhr | 13. August | 2024
Anwältin mit Gesetzbuch

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sich mit der Frage befasst, ob Rentner durch die vorübergehende Wahl einer Teilrente von der PKV dauerhaft in die GKV wechseln können (Symbolbild).

| Quelle: kzenon

Konkret hatte der 14. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in einem Berufungsverfahren die Frage zu klären, ob Rentner durch die vorübergehende Wahl einer Teilrente von der privaten Krankenversicherung (PKV) dauerhaft in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln können. Um es gleich vorwegzunehmen: Nach Auffassung des Gerichts können und dürfen sie das nicht.

Krankenkasse lehnt Antrag ab

In dem verhandelten Fall ging es um einen 1954 geborenen Mann aus Brandenburg, der seit 2008 privat krankenversichert und seit Juli 2019 verheiratet ist. Zum 1. Mai 2020 trat er in den Ruhestand, meldete zum 15. Mai 2021 sein Gewerbe ab und beendete damit die Ausübung seiner hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit. Seit Juli 2021 bezieht er eine Betriebsrente und zusätzlich eine gesetzliche Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV).

Zum 1. September 2021 wählte der Mann dann gegenüber der DRV eine Teilrente und beantragte unter Verweis auf das nun unterhalb der maßgeblichen Einkommensgrenze liegende Monatseinkommen die Aufnahme in die beitragsfreie gesetzliche Familienversicherung seiner Ehefrau. Nach drei bis vier Monaten, so ließ er wissen, wolle er wieder seine Vollrente beziehen und dann in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben. Dies lehnte die Krankenkasse seiner Ehefrau jedoch ab.

Der Rentner, so die Begründung der Krankenkasse, beziehe die Teilrente nur vorübergehend. Bei der Berechnung der Einkommensgrenze komme es aber auf den Jahresdurchschnitt an. Die wesentlich höhere Vollrente, die der Kläger im Anschluss erhalten werde, sei daher zu berücksichtigen.

Klage und Berufungsklage ohne Erfolg

Eine gegen diese Ablehnung gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin blieb genauso erfolglos wie die anschließende Berufungsverhandlung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Auch dieses vertritt in seinem aktuellen Urteil (Az. L 14 KR 129/24) die Auffassung, dass der Bezug einer Teilrente für nur drei bis vier Monate keinen Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Familienversicherung ermögliche.

Die Wahl einer Teilrente sei zwar zulässig, ein nur vorübergehender Bezug stelle jedoch kein regelmäßiges Einkommen dar. Vielmehr sei prognostisch für die kommenden zwölf Monate ein Durchschnittseinkommen zu bilden aus derzeitiger Teilrente und beabsichtigter Vollrente.

Schutz der Solidargemeinschaft

Bezieher von Renten seien nur dann in der Familienversicherung zu versichern, wenn dieses Durchschnittseinkommen geringer sei als die maßgebliche Einkommensgrenze. Diese Auslegung sei zum Schutz der Solidargemeinschaft der Krankenversicherung geboten. Die Familienversicherung solle Familien entlasten. Daher seien nur solche Familienangehörigen beitragsfrei mitzuversichern, die gegenwärtig und in absehbarer Zukunft bedürftig seien und blieben.

Revision wurde zugelassen

Das Urteil des Landessozialgerichts ist nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision beim Bundessozialgericht zugelassen – auch wenn der Entwurf des geplanten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) vorsieht, den Weg in die Familienversicherung durch Bezug einer Teilrente künftig unmöglich zu machen (wir berichten).

Zum rechtlichen Hintergrund:

In der gesetzlichen Krankenversicherung können Ehegatten, Lebenspartner und Kinder unter bestimmten Umständen beitragsfrei mitversichert werden. Das versicherte Mitglied muss den Angehörigen lediglich bei seiner Krankenkasse anmelden, damit dieser Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse in Anspruch nehmen kann.

Familienversicherte Angehörige dürfen jedoch nur geringe Einnahmen haben (im Jahr 2024 monatlich maximal 505 Euro, bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung maximal 538 Euro im Monat). Die Wahl einer Teilrente ermöglicht es Rentnerinnen und Rentnern, selbst die monatliche Rentenhöhe zu bestimmen. Privat Versicherten bietet sich so eine Möglichkeit, auch im Alter noch in die GKV zu wechseln. Ab 55 Jahren ist das eigentlich sonst kaum noch möglich.

Dieses Schlupfloch will der Gesetzgeber mit dem bereits erwähnten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz künftig genauso schließen wie das Schlupfloch, über die Anmeldung eines Scheingewerbes im Ausland in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren (wir berichteten).