Das aktuarielle Sportstudio
Er gilt noch heute als wohl schockierendster Unfall in der Geschichte der Fußball-Bundesliga: Im Nord-Derby gegen Werder Bremen im September 1989 versuchte HSV-Abwehrrecke Ditmar Jakobs ein fast sicheres Tor der Bremer noch zu verhindern, kratzte den Ball noch gerade so von der Linie, rutschte jedoch anschließend ungebremst ins Gehäuse. Dabei bohrte sich ein Karabinerhaken tief ins Fleisch des Nationalspielers – es war das Ende einer langen Karriere für Jakobs, zu viele Nerven waren durch den Haken verletzt worden.
Der kräftige Vorstopper musste am eigenen Leib erfahren, wie schnell eine schillernde Karriere beendet sein kann. Vielleicht hat Jakobs auch deshalb den Beruf des Versicherungsmaklers ergriffen, um seine einstigen Berufsgenossen zu sensibilisieren und entsprechend abzusichern. Die Zielgruppe ist – allein auf den Fußball bezogen – nicht sonderlich groß, dafür teils sehr lukrativ, berichtet Versicherungsmakler Tobias Lommer (Financial Athletes). So sind bei absoluten Spitzenspielern in der Invaliditätsversicherung Bestandscourtagen im vier- bis fünfstelligen Bereich möglich.
Geschäft dank Empfehlungen
Jakobs ist nicht der einzige Ex-Fußballer, der sich als Versicherungsmakler mittlerweile auf Berufssportler spezialisiert hat. Kein Wunder, denn der Kontakt zur Zielgruppe läuft in der Regel über Empfehlungen. Ex-Profis haben somit einen gewissen Vorteil.
Andere Makler gerieten per Zufall zur Zielgruppe und bauten sich das nötige Netzwerk selbst auf. „Ich bin da reingerutscht“, erinnert sich Heiko Agater. Der Versicherungsmakler aus Leipzig versicherte erst einen Arzt, der später Teamarzt eines Vereins wurde. Mittlerweile ist Agater regional bestens vernetzt und zählt mittlerweile Olympioniken zu seinem Kundenstamm. Auch der Koblenzer Lommer geriet eher durch Zufall an die Zielgruppe – wenn er mit seinem Sportmanagement-Studium jedoch auch eine gewisse Affinität für den Sport, insbesondere den Fußball, mitbrachte. „Ein ehemaliger Kollege von mir war Spielerberater. Er hatte mich gefragt, ob ich einen seiner Schützlinge – einen Fußballer – versichern kann. Später kamen dann weitere Spieler dazu, da man dann innerhalb der Mannschaften auch weiterempfohlen wird“, berichtet Lommer.
Sein Kundenstamm besteht folgerichtig auch zu großen Teilen aus Fußballern. Eine Zielgruppe mit besonders hohem Verletzungsrisiko. Entsprechend wird der Fokus hier vor allem auf die Gesundheit des Spielers gelegt. Denn auch für Fußballer gibt es nach sechs Wochen Krankheit nur noch Krankengeld – und das ist derzeit auf 116,38 Euro pro Tag begrenzt.
In einem zweiten Schritt geht es dann um die Absicherung der Arbeitskraft. Denn eine schwerwiegende Verletzung kann ausreichen, um die Karriere zu beenden. Hinzu kommt der langsame Verschleiß von Gelenken und Bändern. Dass auch psychische Probleme, wie Depressionen, Sportler treffen können, ist spätestens seit dem Karriereende von Sebastian Deisler und dem Suizid von Robert Enke bekannt.
Bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten greift hier die gesetzliche Unfallversicherung. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 Prozent gemindert, besteht ein Anspruch auf Verletztenrente. Diese bemisst sich nicht nur nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit sondern auch dem Jahresarbeitsverdienst. Dieser wird jedoch maximal bis zu einer Höhe von 120.000 Euro berücksichtigt.
Betreuungsintensive Zielgruppe
Fußballer, die sich ihre wenigen guten Jahre vergolden lassen müssen, werden mit einer monatlichen Unfallrente von maximal 8.000 Euro (nur bei hundertprozentiger Invalidität wohlgemerkt) kaum zufrieden sein. Eine private Sportinvaliditätsversicherung bietet hier eine Option. Mit dieser können die Sportler ihr fünffaches Jahreseinkommen absichern. Die Verträge müssen jedoch jährlich erneuert werden.
Gute Makler konkurrieren nicht, gute Makler kooperierenHeiko Agater
Sowieso gilt die Zielgruppe als betreuungsintensiv. „Der Versicherungsschutz muss stetig an die neue Situation angepasst werden“, weiß der Leipziger Makler Agater, der viele seiner Kunden bereits seit Kinderbeinen begleitet. „Hier muss man häufiger näher dranbleiben als bei anderen Kunden.“ Denn jeder Wettkampf stellt auch andere Herausforderungen an den Versicherungsschutz.
Eine Absicherung von der Stange kommt hier nicht mehr in Frage. Der Kreis der Anbieter ist zudem klein – vor allem bei risikoreicheren Sportarten. „Bei Eishockey, Handball und Radrennen ist die größte Herausforderung, überhaupt einen Versicherer zu finden“, weiß Agater.
Versicherungsschutz für seine Kunden zu erhalten, ist meist Verhandlungssache. „Es hängt auch immer davon ab, wie gut man mit der jeweiligen Gesellschaft vernetzt ist oder wie viele andere Versicherungen der Kunde bei dem Versicherer schon besitzt“, erklärt Agater.
Absprachen auf individueller Basis
Von der Ergo Vorsorge heißt es beispielsweise, dass man zwar eine Sportinvaliditätsversicherung anbiete, allerdings nur auf Anfrage über einen speziellen Assekuradeur. „Absprachen zu Versicherungshöhen, Prämien, Laufzeit und versicherten Risiken werden auf individueller Basis getroffen“, teilt eine Sprecherin mit. Das macht die Suche nach der passenden Versicherung einerseits sehr arbeitsintensiv, wie Lommer im Interview (morgen auf procontra zu lesen) verrät. Zugleich macht es die Produkte aber auch flexibel.
Eine weitere Möglichkeit, an den benötigten Versicherungsschutz zu gelangen, ist die Hilfe durch Kollegen. „Es gibt Kollegen, die in einzelnen Bereichen tolle Konzepte mit einzelnen Versicherern ausgearbeitet haben“, sagt Agater. Für den Leipziger ist es kein Problem, in solchen Fällen auch mal Geschäft weiterzureichen. „Gute Makler konkurrieren nicht, gute Makler kooperieren“, gibt Agater die Devise vor. Echter Sportsgeist könnte man sagen – wie bei der eigenen Zielgruppe.