Was das neue Recht für Ehepartner bedeutet
Seit 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das reformierte Betreuungsrecht auf Basis des bereits 2021 beschlossenen „Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“, das hier zusammengefasst wurde. Dadurch wird die rechtliche Betreuung modernisiert und das Selbstbestimmungsrecht von rund 1,3 Millionen Betreuter wesentlich gestärkt.
Im Rahmen des Gesetzes hat der Gesetzgeber auch das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehegatten beschlossen. „Danach kann ein Ehegatte unter bestimmten Bedingungen für den Partner Entscheidungen der Gesundheitssorge treffen, wenn dieser infolge von Krankheit oder Unfall handlungs- oder entscheidungsunfähig ist“, erklärt Finanzplaner Maximilian Kleyboldt, Vorstand des Finanzplanerverbandes Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland).
Mehr Handlungsfreiheit für Ehegatten
„Ab sofort ist es möglich, dem Ehegatten beizustehen und schnell die notwendigen Hilfen in die Wege zu leiten, ohne wie bisher den Weg über ein gerichtliches Betreuungsverfahren gehen zu müssen“, sagt Kleybold. Dies gelte auch dann, wenn zuvor keine Vorsorgevollmacht ausgestellt wurde. Der Ehegatte ist somit berechtigt, in Untersuchungen, Heilbehandlungen oder bei ärztlichen Eingriffen einzuwilligen oder sie zu untersagen.
Bislang gab es diese Möglichkeit ausdrücklich nur, wenn eine Vorsorgeverfügung vorhanden war. Ohne Vollmacht konnten Ehegatten nach altem Recht für ihren handlungsunfähigen Partner keine Entscheidungen zur Gesundheitssorge treffen, auch wenn die Lage noch so dramatisch beziehungsweise akut ist. „Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass viele Menschen seit jeher ganz selbstverständlich davon ausgingen, im Notfall medizinische Entscheidungen für ihren Partner treffen zu können“, erinnert Kleyboldt.
Notvertretungsrecht auf sechs Monate befristet
Die Reform sei ein längst überfälliger Schritt, doch das neue Notvertretungsrecht ist zeitlich auf sechs Monate befristet (Paragraph 1358 BGB) und gilt nur für Ehepartner, die auch zusammenleben „Daher sollten Vorsorgeverfügungen auch künftig nicht vernachlässigt werden“, so Kleyboldt gegenüber dem Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA). Zum einen beschränke sich das neue Notvertretungsrecht für Ehegatten nur auf die Angelegenheiten der Gesundheitssorge und gelte nur für sechs Monate.
Zum anderen seien Vermögensfragen ausdrücklich nicht Inhalt der Reform. „Sollte außerdem in der Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht eine andere Person als der Ehepartner als Vertreter bestimmt sein, geht diese vor“, warnt Kleyboldt. Das Notvertretungsrecht für Ehegatten überstimme eine Vollmacht oder Verfügung nicht.
Vorsorgevollmacht bleibt wichtig
Der FPSB-Vorstand rät dazu, sich frühzeitig um Themen wie Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung und Testament zu kümmern. Ein elementarer Bestandteil jeder Finanzplanung ist die Vorsorge für den Fall, dass man nicht mehr selbst seine Entscheidungen treffen kann. Um die Interessen des Einzelnen und der Familie zu bewahren und diese nicht in fremde Hände legen zu müssen, bedarf es entsprechender Dokumente.
„Mit den Vorsorgedokumenten legen Sie als Verfasser allein fest, was Ihre Vertrauensperson für Sie regeln darf oder was nicht“, erinnert Kleyboldt. Man solle in jeden Fall auch einen Ersatzbevollmächtigten angeben. Die Dokumente sollten schon in jungen Jahren angelegt werden, denn in jedem Alter könne man in die missliche Lage geraten, nicht mehr selbst entscheiden zu können.
Unterschied von Betreuungs- und Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht kann einen erheblichen Teil unerwünschter Folgen der gesetzlichen Betreuerbestellung vermeiden. Eine Vorsorgevollmacht kann entsprechend den individuellen Wünschen und Bedürfnissen ausgestaltet und jederzeit widerrufen werden. Ein Nachteil könnte unter Umständen die fehlende Kontrolle des Bevollmächtigten sein.
Während mit einer Betreuungsverfügung dem Betreuungsgericht bestimmte Personen als Betreuer vorgeschlagen werden, kann durch Vorsorgevollmacht jeder selbst Personen seiner Wahl bevollmächtigen und so die Bestellung eines Betreuers verhindern.
Was Ruhestandsplaner dazu leisten können
Die Initiative Ruhestandsplanung hat Fragebögen und andere Materialien entwickelt, die Ruhestandsplanern die Arbeit erleichtern. Dafür bekommen sie entweder Courtage von den Gesellschaften oder Honorar vom Kunden. Der Berater wird somit selbst zum zentralen Baustein der Lebensberatung für seine Kunden. Im Netzwerk mit externen Experten wie Steuerberater, Rechtsanwalt und Notar könnten Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler über eine Zusatzqualifikation die Ruhestandsplanung managen. Rechtsberatung dürfen Makler selbst nur im Zusammenhang mit Versicherungen und Betriebsrenten ausüben.
„Ruhestandsplanung ist eine qualifizierte, faire und umfassende Beratung in finanziellen Angelegenheiten der Kundenzielgruppe 50plus, die auf Bedürfnisse kurz vor und für die Gesamtdauer der Ruhestandsphase zugeschnitten ist und steuerliche, rechtliche, familiäre und andere individuelle Rahmenbedingungen der Kunden berücksichtigt“, stellt Ronald Perschke, Vorstand der Initiative Ruhestandsplanung, klar.
„Dabei sollten auch die eher unangenehmen Themen des Alters nicht ausgeklammert werden, sondern verlangten nach vernünftigen Lösungen“, weiß Peter Härtling, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Ruhestandsplanung und zugleich Präsident des Bundesverbandes Der Ruhestandsplaner Deutschland. Beispiele: richtig erben und vererben, Patientenverfügung, Gesundheit bis ins hohe Alter, Pflege, altengerechtes Wohnen und soziale Kontakte im Alter.