75 Länder im Vergleich

Deutsches Rentensystem weltweit nur Mittelmaß

Im internationalen Vergleich schneidet das deutsche Rentensystem gerade einmal mittelmäßig ab. Die Risse im Generationenvertrag sind deutlich. Und das Problem droht sich zu verschärfen.

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11:04 Uhr | 20. April | 2023
Rentensystem

Bei einem Vergleich von 75 verschiedenen Rentensystemen landete Deutschland nur im Mittelfeld.

| Quelle: IanaChyrva

Dass Deutschland ein Rentenproblem hat, ist bekannt. Zu wenig junge Menschen schultern die Renten von immer mehr älteren Menschen. Damit stehen wir allerdings nicht allein da: Neueste Daten aus China, Korea oder Italien deuten auf eine weltweite Beschleunigung des demografischen Wandels hin. Insbesondere die Geburtenraten entwickeln sich trotz aller familienpolitischen Bemühungen noch schlechter als angenommen.

Das zeigen die neuesten Daten des Global Pension Report, für den die Allianz bereits zum zweiten Mal die Rentensysteme von 75 Ländern analysiert hat. Dabei hat sich der Versicherer drei Aspekte genauer angesehen: Wie es um die der demografischen und steuerlichen Rahmenbedingungen bestellt ist, wie tragfähig Finanzierungs- und Beitragszeiten sind und wie angemessen das jeweilige Rentensystem ist. Damit sind unter anderem das Rentenniveau und der Verbreitungsgrad der jeweiligen Systeme gemeint.

Dänemark ist Primus

Am düstersten sieht es aktuell für Menschen in Saudi-Arabien, Marokko, im Libanon und in Sri Lanka aus. Am besten aufgestellt sind – so weit so bekannt – Dänemark, die Niederlande und Schweden. Deutschland belegt nur den 15. Platz, hinter den USA, Großbritannien und Portugal. Auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 7 (sehr schlecht) schafft Deutschland eine 3.2, also notenmäßig nur Mittelmaß, aber dennoch besser als der Durchschnittswert (3.6).

Eine Benotung von 3.9 gibt es hierzulande für die grundlegenden Rahmenbedingungen, 3.3 für Nachhaltigkeit und 2.8 für den Teilindex Angemessenheit. Das Rentenniveau Deutschlands liegt mit den USA und Japan nur im unteren Drittel, während Brasilien mit einer Leistungsquote von 89 Prozent an der Spitze liegt.

2020 landete Deutschland mit einer Benotung von 3.56 noch auf dem 26. Rang, damals hatte die Allianz 70 Ländern auf ihre Rentensysteme hin untersucht. Angesichts dessen, hat sich Deutschland deutlich verbessert. Doch das ist kein Grund zur Entspannung, denn bis 2050 könnte der Altersquotient – das Verhältnis der Personen im Rentenalter zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter – weltweit von aktuell 15 Prozent auf über 26 Prozent ansteigen. In Europa könnte der Wert sogar auf 53 Prozent statt der prognostizierten 50 Prozent klettern.

"Deutschland braucht den großen Rentenwurf"

Das heißt im Klartext: Weniger als zwei Arbeitnehmer stemmen die Rente einer Person. „Deutschland braucht den großen Rentenwurf“, mahnt Michaela Grimm, Mitautorin des Reports. Dazu müsse die betriebliche und private Vorsorge stärker in den Fokus genommen werden.

Vor allem die jüngeren Generationen Y und Z seien gefordert, selbst noch stärker für das Alter vorzusorgen. „Die unbequeme Wahrheit ist: Sie müssen länger arbeiten sowie mehr und gezielter sparen“, erklären die Studienautoren. „Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen: Der Generationenvertrag ist brüchig geworden.“

Eine Lösung sehen die Autoren darin, den „gesellschaftlichen Wert der Arbeit“ zu steigern. Soll heißen: Es müssen mehr Menschen länger in Arbeit gebracht werden. Mehr ältere Arbeitnehmer müssten in den Arbeitsmarkt integriert werden. Auf der anderen Seite müsse die kapitalgedeckte Säule der Rente gestärkt werden. An den bisherigen Plänen der FDP in dieser Hinsicht lässt die Studienautorin Michaela Grimm jedoch kein gutes Haar: Die „sogenannte“ Aktienrente in ihrer jetzigen Form sei demnach keine Lösung. „Entweder bleibt es beim einmaligen Tropfen auf dem heißen Stein oder die Verschuldung wird kräftig nach oben getrieben – angesichts der Zinswende ein mehr als fragwürdiges Unterfangen“, so Grimm. Nach aktuellen Plänen will die Bundesregierung für dieses Jahr ein Darlehen von zehn Milliarden Euro zur Finanzierung der Aktienrente aufnehmen. In den kommenden Jahren soll weiteres Geld in die Aktienrente fließen – woher dieses kommen soll, ist bislang aber noch nicht geklärt.