Kolumne

Versicherungen kalkuliert man mathematisch, nicht politisch

Bei der Erwägung, ob man für oder gegen Pflichtversicherungslösungen votiert, kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Keine Diskussion sollte es aber darüber geben, dass bei der Kalkulation mathematische Zusammenhänge gelten müssen, sagt Dr. Max Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), im aktuellen Gastbeitrag.

10:08 Uhr | 01. August | 2023
Max Happacher

Dr. Max Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV)

| Quelle: DAV

In ganz verschiedenen Versicherungssparten wird zurzeit über Obligatorien und Kontrahierungszwänge diskutiert. Beispielsweise bei der Elementarschadenversicherung, in der privaten Pflege(zusatz)versicherung oder auch bei der betrieblichen Altersversorgung. Über solche Ansätze sollte und muss man reden können, denn sie sind allesamt Reaktionen auf Herausforderungen der Zukunft. Die durch den Klimawandel bedingten Schäden nehmen zu, der Pflegebedarf wird steigen und die Notwendigkeit der Altersvorsorge jenseits der Gesetzlichen Krankenversicherung ist bei den meisten mittlerweile angekommen. Es ist wichtig, sich damit auseinanderzusetzen.

Dennoch ist es ebenso wichtig, dass bei allen Reformvorschlägen auf grundlegende Wirkzusammenhänge verwiesen wird. Fakten und mathematische Gesetzmäßigkeiten müssen die Basis sein, um über das Ob und das Wie von Versicherungslösungen zu entscheiden. Bei politischer Willensbildung spielen allerdings oft andere Aspekte eine Rolle; etwa Kompromisse zu schließen oder auf vermeintliche Stimmungen einzugehen. Das ist bei politischen Fragen grundsätzlich legitim. Aber es ist keine Basis für Entscheidungen hinsichtlich Underwritingkriterien und Pricing einer Versicherung, die bekanntlich eng zusammenhängen.

Egal, wie man sich demnach bei Pflichtlösungen positioniert: Es muss bei allen Diskussionen klar sein, dass Versicherungen nur dann im wahrsten Sinne des Wortes VerSICHERungen sind, wenn sie auch so kalkuliert werden können, dass die getragenen Risiken und Verpflichtungen bedeckt sind – dass sie also, wie es der Name sagt, sicher sind und dem Risiko standhalten. „Risikogerecht“ ist hier das Stichwort. Wenn sich aus politischen Gründen für Pflichtversicherungen ausgesprochen wird, dann muss das – anders als es seit Jahrzehnten bei der Gesetzlichen Rentenversicherung getan wird – auf dem Boden der Versicherungsmathematik und nach gängigen aktuariellen Gesetzmäßigkeiten unter Einbezug risikogerechter Kalkulation geschehen. Denn Versicherungen kalkuliert man mathematisch, nicht politisch.