Gebäudeversicherung

Unbewohnt, ungenutzt, unversichert? Wann Wohngebäudeschutz wirklich greift

Wann gilt eine Wohnung als ungenutzt? Eine wichtige Frage, vor allem in der Wohngebäudeversicherung. Nun fällte das OLG ein bedeutsames Urteil. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist jedoch womöglich noch nicht gesprochen.

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12:07 Uhr | 23. Juli | 2025
Ein voll eingerichtetes Wohnzimmer

Gilt ein Haus, in dem der letzte Bewohner ins Altenheim gezogen ist, in dem aber noch Möbel stehen, laut Versicherungsbedingungen als ungenutzt? Über diese Frage gehen auch in der Rechtssprechung die Meinungen auseinander.

| Quelle: Portra

Wann gilt ein Gebäude gemäß den Bedingungen der Wohngebäudeversicherung als ungenutzt? Diese Frage sollte nicht unterschätzt werden – schließlich greifen bei nicht genutzten Immobilien Obliegenheiten, die im Schadenfall den Versicherungsschutz kosten können. Dass die zunehmende Alterung der Gesellschaft die Relevanz dieser Frage noch einmal erhöht, zeigt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Az: 11 U 179/24, Urteil vom 10.7.2025).

Umzug ins Pflegeheim

Im vorliegenden Fall ging es um eine ältere Frau, die aufgrund ihrer Demenz in ein Pflegeheim umzog. Ihre Möbel verblieben jedoch – bis auf wenige Ausnahmen – in ihrem Haus. In ihrer Abwesenheit kam es zu einem Bruch der Badewannenmischbatterie, wodurch ein erheblicher Wasserschaden resultierte.

Ihre Wohngebäudeversicherung wollte allerdings nur für 20 Prozent des entstandenen Schadens aufkommen. Der Grund: Da das Haus zum Zeitpunkt des Wasserschadens nicht genutzt worden war, bestand die Obliegenheit, die wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und die Wasserversorgung abzustellen. Diese Obliegenheit habe die Frau bzw. ihr gesetzlicher Betreuer grob fahrlässig verletzt, wodurch der Versicherer seine Leistungen reduzieren konnte.

Doch nach Ansicht der Versicherungsnehmerin bzw. ihres Betreuers war das Haus zwar unbewohnt, nicht aber ungenutzt. Denn allein die Einlagerung ihrer Möbel – die nicht wertlos gewesen sei – stelle eine Nutzung dar. Zudem hätten die Tochter der Frau sowie deren Ehemann wöchentlich Kontrollbesuche durchgeführt und das Haus zum Aufenthalt und Essen benutzt.

Unterschiede in der Rechtsprechung

Die Frage, ob eine Gebäudenutzung vorliegt, wenn ein nicht mehr bewohntes Haus noch möbliert ist, ist in der Rechtsprechung tatsächlich umstritten. Die Versicherungsnehmerin hatte sich in ihrer Klage auf ein Urteil des OLG Schleswig aus dem Jahr 2011 berufen (Az: 16 U 65/11). Auch damals war es um den Umzug der Versicherungsnehmerin in ein Pflegeheim gegangen. Das Gericht hatte damals ausgeführt, dass schon die Einlagerung von Sachen mit zumindest geringem Wert eine Form der Nutzung beinhalte, auch wenn das Gebäude nur selten betreten oder benutzt werde.

Dieser Argumentation wollte sich das OLG Celle indes nicht anschließen. Dagegen spreche allein der Begriff der Wohngebäudeversicherung. Diese diene der Versicherung eines Gebäudes, dessen Zweck darin besteht, dass darin Menschen wohnen. Zwar bringe es das Bewohnen eines Gebäudes mit sich, dass man eine größere Menge von Gegenständen, vor allem Möbeln, in dem Gebäude habe. Diese hätten aber vor allem den Zweck, den Aufenthalt der Bewohner zu erleichtern und angenehmer zu gestalten. Entsprechend war das Gebäude ungenutzt – die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzustellen, greife somit.

Eine Leistungskürzung in Höhe von 80 Prozent bewertete das Gericht jedoch als unangemessen. So habe der Betreuer glaubhaft versichern können, bei vorherigen Kontrollbesuchen die Wasserversorgung regelmäßig abgestellt und es nur dieses eine Mal vergessen zu haben. Auch bewertete das Gericht die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts als überschaubar. „Auch bei älteren Gebäuden ist die Entstehung eines solch schweren Wasserschadens wie dem in Rede stehenden glücklicherweise die Ausnahme, nicht die Regel.“ Das Gericht hielt deshalb eine Leistungskürzung in Höhe von 33 Prozent für angemessen.

Hohe praktische Bedeutung

Es ist jedoch gut möglich, dass der Fall künftig vor dem Bundesgerichtshof weiterverhandelt wird. Das Gericht ließ eine Revision – auch im Hinblick vor dem abweichenden Urteil des OLG Schleswig – zu. So könnte sich in Zukunft das oberste deutsche Zivilgericht damit befassen, ob ein Gebäude, in dem nach dem Auszug des letzten Bewohners in ein Altersheim noch über einen längeren Zeitraum dessen Mobiliar und Hausrat zurückbleiben, versicherungstechnisch als ungenutzt anzusehen ist. Eine Frage, die aufgrund der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft auch eine hohe praktische Bedeutung hat.