Sozialversicherung: Beitragsanstieg erschwert GKV/PKV-Wechsel

Die Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) für die Sozialversicherung steigen auch 2020 wieder an – wie fast jedes Jahr. Besonders teuer wird der Aufschlag in der Krankenversicherung. Das hat auch Konsequenzen für die Altersvorsorge. Hier die Details.

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07:10 Uhr | 14. Oktober | 2019
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Die erhöhte Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung bietet auch die Chance, mehr Entgeltumwandlung in eine Betriebsrente gefördert zu bekommen, weiß Hubertus Heil. Bild: Pohl

Die Grenzwerte für die Sozialversicherung 2020 stehen fest; sie steigen auf breiter Front. Nachdem die Bundesregierung den Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zur „Verordnung über die Sozialversicherungs-Rechengrößen 2020“ am 9. Oktober ohne Änderung verabschiedet hat, fehlt nur noch die Zustimmung des Bundesrates. Die ist nur eine Formalität, da die Veränderung festen mathematischen Vorgaben zur Entwicklung der Löhne und Gehälter 2018 folgt. Die Löhne waren 2018 um 3,06 Prozent gestiegen (im Osten 3,38 Prozent)

Nach der Verordnung steigt das vorläufige Durchschnittsentgelt (Bezugsgröße) 2020 brutto wiederum um 70 Euro auf dann 3.185 Euro pro Monat (West); im Osten der Republik um 140 Euro auf 3.010 Euro. Basis ist ein vorläufiges bundeseinheitlich jährliches Durchschnittsentgelt für Arbeitnehmer von 3.379,25 Euro brutto (Vorjahr: 3.241,75 Euro).

Verteuerte Rentenversicherung

Folge: In der gesetzlichen Rentenversicherung steigt die Belastung für Besserverdiener um 200 Euro auf 6.900 Euro Monats-Bruttoeinkommen im Westen sowie um 300 Euro auf 6.450 Euro im Osten (einschließlich Berlin). Über diese Grenzbeträge hinausgehende Einkünfte bleiben beitragsfrei. Der Beitragssatz von 18,6 Prozent bleibt stabil. Damit steigt der Höchstbeitrag für besserverdienende Arbeitnehmer (nur Arbeitnehmer-Anteil) um bis zu knapp 19 Euro auf bis zu 641,70 Euro (West) an, im Osten auf knapp 600 Euro. Entsprechend werden höhere Rentenansprüche aufgebaut.

In der Arbeitslosenversicherung gilt dieselbe BBG wie in der Rentenversicherung. Bei 2,0 Prozent Beitragssatz beträgt der Höchstbeitrag für besserverdienende Arbeitnehmer (nur Arbeitnehmer-Anteil) nun 69 Euro (West), im Osten 64,50 Euro.

Verteuert Zusatzbeitrag Krankenversicherung weiter?

In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt bundesweit dieselbe BBG. In der Krankenversicherung (GKV) und Pflegeversicherung (GPV) steigt die Belastung für Besserverdiener (nur Arbeitnehmer-Anteil) um je 150 Euro auf 4.687,50 Euro Monats-Bruttoeinkommen. Hinzu kommt in der Krankenversicherung ein kassenindividueller Zusatzbeitrag, der seit 2019 wieder hälftig von den Arbeitgebern bezuschusst wird. Er beträgt 2019 im Schnitt 0,9 Prozent und dürfte 2020 nach Schätzungen des Bundesversicherungsamtes auf 1,1 Prozent steigen.

Arbeitnehmer, die in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln wollen, können dies 2020 erst ab einem Monats-Bruttoeinkommen von 5.212,50 Euro tun; bisher liegt die Grenze bei 5.062,50 Euro. Allerdings muss man dieses Einkommen ein Jahr lang nachweisen. Insgesamt wird durch diese erhöhte Versicherungspflichtgrenze der Wechsel von Arbeitnehmern in die PKV erschwert.

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In der gesetzlichen Pflegeversicherung bleibt der Beitragssatz vorerst bei 3,05 Prozent (Kinderlose: 3,3 Prozent). Die BBG klettert 2020 um bis zu 150 Euro pro Monat. Damit steigt der Höchstbeitrag für besserverdienende Arbeitnehmer (nur Arbeitnehmer-Anteil) um knapp 10 Euro auf bis zu 71,48 Euro (Kinderlose: 77,34 Euro).

Mehr Entgeltumwandlung gefördert

Wenn die BBG für die gesetzliche Rentenversicherung (West) um 200 Euro steigt (2020 auf 6.900 Euro brutto), steigt dadurch bundesweit zugleich die Chance für Arbeitnehmer auf mehr Entgeltumwandlung ihres Gehalts in Betriebsrente. Grund: Die staatliche Förderung, wonach die Einzahlungen frei von Einkommensteuer und Beiträgen zur Sozialversicherung bleiben, gilt nur bis zu einer bestimmten Höhe (procontra berichtete), die jedoch seit 2018 nicht mehr einheitlich ist.

Tückische Freigrenze für kleine Betriebsrenten

Die Bezugsgröße ist auch für Empfänger kleiner Betriebsrenten wichtig: Betriebsrenten bis maximal ein Zwanzigstel der Bezugsgröße West (2020: 3.185 Euro pro Monat) sind frei von SV-Abgaben. 2020 muss man also auf Betriebsrente von bis zu 159,25 Euro pro Monat keinen SV-Beitrag zahlen (2019: 155,75 Euro).

Ist die bAV-Leistung nur einen Cent höher, muss auf die ganze Betriebsrente SV-Beitrag gezahlt werden. Daher wird in der Politik seit über einem Jahr diskutiert, die Freigrenze in einen Freibetrag umzuwandeln.

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