BU-Gesundheitsfragen: Wann gelten Beschwerden als belanglos?
Die Gesundheitsfragen gelten vor allem in der Berufsunfähigkeitsversicherung als echtes Minenfeld für Versicherungsnehmer. Falsche oder unvollständige Angaben können dazu führen, dass sich der Versicherer im Leistungsfall auf Anzeigepflichtverletzungen beruft und vom Versicherungsvertrag zurücktritt, wie Urteile aus der Vergangenheit zeigen.
Grundsätzlich gilt, dass der Kunde die Gesundheitsanfragen erschöpfend zu beantworten hat – lediglich Beeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen, dürfen bei der Beantwortung außenvorgelassen werden. Ob es sich aber tatsächlich nur um ein kleines Wehwehchen oder doch eine anzugebende Beeinträchtigung handelt, muss oftmals vor Gericht ausgehandelt werden. Nun fällte das Oberlandesgericht Dresden (Az: 4 U 1059/20) einen Beschluss, der ein wenig mehr Klarheit in die Auslegungsdebatte bringt.
Geklagt hatte ein Elektromonteur, der eine Berufszusatzversicherung abgeschlossen hatte. Als er gegenüber der Versicherung einen Leistungsantrag stellte, verweigerte jene diesen und erklärte den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung für nichtig.
Alle Beschwerden verneint
So hatte der Mann alle Fragen nach gesundheitlichen Problemen verneint, da er der Auffassung war, dass sämtliche seiner Beschwerden vor Vertragsabschluss nicht angabepflichtig gewesen seien. Eine Physiotherapie des rechten Handgelenks erwähnte der Mann nicht, da es sich hierbei lediglich um „Überlastungsbeschwerden“ gehandelt habe.
Auch die Gesundheitsfrage nach Beschwerden bzw. Krankheiten der Wirbelsäule verneinte der Mann. Zwar hatte er in der Vergangenheit über Rückenschmerzen geklagt, diese lagen jedoch in muskulären Problemen begründet und waren aus Sicht des Versicherungsnehmers folglich nicht anzugeben.
Das sahen die Gerichte jedoch anders. Nachdem der Mann bereits vor dem Dresdener Landgericht mit seiner Klage gegen die Versicherung gescheitert war, legte ihm auch das OLG Dresden in seinem Beschluss nahe, seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzunehmen. Seine Klage habe keine Aussicht auf Erfolg.
Keine Belanglosigkeit bei Krankschreibung
Das Gericht stellte klar, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen dann nicht mehr als offenkundig belanglos angesehen werden könnten, wenn sie zu einer längeren Krankschreibung mit Physiotherapie führen. Selbst wenn der Versicherungsnehmer sie für belanglos halte, seien sie anzugeben.
Im vorliegenden Fall war der klagende Elektromonteur wegen Beschwerden im rechten Handgelenk für 15 Tage krankgeschrieben worden. Zudem war eine mehrwöchige Physiotherapie notwendig geworden. Da diese Behandlung gerade einmal zehn Monate vor der Antragsstellung stattgefunden hatte, konnte der Mann nach Ansicht des Gerichts nicht davon ausgehen, dass es sich um unerhebliche Beschwerden gehandelt habe, die er nicht angeben musste. „Es hätte sich ihm vielmehr aufdrängen müssen, dass zu einer Arbeitsunfähigkeit führende Beschwerden im rechten Handgelenk bei der zu versichernden Berufstätigkeit als Elektromonteur für die von der Beklagten vorzunehmende Vertragsprüfung von Bedeutung sind“, befand das Dresdener OLG.
Zudem hielt das Gericht fest, dass die Frage nach Beschwerden der Wirbelsäule auch Rückenschmerzen umfasse – selbst wenn für diese muskulöse Probleme ursächlich seien. Die Rückenschmerzen waren auch nicht unerheblich – schließlich hatte der Kläger sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben und eine Physiotherapie verschrieben bekommen.
Da zudem weitere Beschwerden verschwiegen worden waren, konnte laut Gericht die Versicherung wegen arglistiger Verletzung der Anzeigepflicht vom Vertrag zurücktreten.