BU-Leistungsbefristung: Herbe Schlappe für Versicherer
Nachprüfungen sind ein wichtiger Bestandteil der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Schließlich stellen sie fest, ob eine vormals beeinträchtigte Person wieder arbeiten kann oder ob ihr doch weiterhin Leistungen aus dem Topf der Versichertengemeinschaft zustehen.
Da nicht bei allen Leistungsfällen eine Genesung von vornherein ausgeschlossen ist, spielt auch das Instrument der Leistungsbefristung immer wieder eine Rolle. Zum Ablauf einer solchen Frist muss dann aber über die Nachprüfung festgestellt werden, wie es für den Versicherten weitergeht.
Befristung ohne Begründung
Zu den Pflichten, die ein BU-Versicherer im Falle der Leistungsbefristung erfüllen muss, hat sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil (Az.: IV ZR 235/18) klar geäußert. Im verhandelten Fall – dazu nimmt Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Berliner Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte in einer Pressemitteilung ausführlich Stellung – hatte ein Mann im Oktober 2013 Antrag auf BU-Rente gestellt. Im Februar 2014 hatte dann ein Gutachter die mindestens 50-prozentige Berufsunfähigkeit des Mannes ermittelt. Der Gutachter ging zudem von einem Dauerzustand aus, der eine Besserung unwahrscheinlich erscheinen lasse.
Trotz dieser Einschätzung entschied sich der BU-Versicherer dafür, die Rentenzahlung auf 15 Monate zu befristen. Dies tat er auf der Grundlage der Versicherungsbedingungen, die ein zeitlich befristetes Leistungsanerkenntnis nur in „begründeten Einzelfällen“ bis maximal 18 Monate erlaubten.
Dagegen klagte der Mann. Er forderte eine Weiterzahlung seiner BU-Rente über das Ende des befristeten Zeitraums hinaus bis heute. Als Phase der Leistungsbefristung hatte der Versicherer die Zeit vom 01.03.2014 bis 01.06.2015 festgelegt. Eine nachvollziehbare Erläuterung, aus welchen Gründen die Befristung erfolgte, war in dem damaligen Schreiben aber nicht enthalten.
Seite 1: Ist eine grundlose Leistungsbefristung zulässig?Seite 2: So entschied der BGH
Am Fehlen dieser nachvollziehbaren Erläuterung störte sich letztendlich auch der BGH. Laut den Richtern wäre dies für die Wirksamkeit der Befristung erforderlich gewesen. Schließlich seien in den Bedingungen ausdrücklich „begründeten Einzelfälle“ als Ursache für eine Befristung festgelegt. Ohne die Nennung eines sachlichen Grundes sei dies also nicht möglich.
Eine solche sachliche Begründung war auch im Verlauf des Gerichtsverfahrens nicht erfolgt. Deshalb muss der BU-Versicherer die Leistungen nun auch über den 01.06.2015 hinaus bezahlen. Dies kann in Zukunft erst beendet werden, wenn er gegenüber dem Kunden das Nachprüfungsverfahren erklärt, durchführt und dieses einen Wegfall der Leistungspflicht attestiert.
Stärkung der Kundenrechte
Laut Strübing enthält dieses Urteil des BGH mit der darin erstmals verlangten Begründungspflicht eine wesentliche Neuerung, die bei der Befristung von Rentenleistungen zu beachten ist. Der Anwalt sieht darin eine die Rechte der Versicherungsnehmer nachhaltig gestärkt.
„Damit dürfte vermutlich ein Großteil solcher Befristungen unwirksam sein und Versicherungsnehmer können auch über die genannten Zeiträume hinaus ihre Leistungen verlangen“, so Strübing. Der BGH hat sich in diesem Jahr bereits mehrfach mit BU-Leistungsfällen beschäftigt, die auch das Thema Nachprüfungsverfahren behandeln. Zwei wichtige und aktuelle Urteile gibt es hier.
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