BU-Rente: Huk-Coburg zur Zahlung verdonnert
Auf den ersten Blick wirkt das Konzept der Berufsunfähigkeitsversicherung einfach. So lange jemand berufsunfähig ist (meistens ab einer Einschränkung von 50 Prozent), erhält er die monatliche BU-Rente vom Versicherer. Sinkt der Grad seiner Berufsunfähigkeit unter 50 Prozent, darf der Versicherer die Leistung einstellen.
Dass es in der Praxis mit aufwendigen Nachprüfungsverfahren, unterschiedlichen ärztlichen Gutachten und teilweise hohen Prozessquoten aber anders aussieht, dürfte niemanden aus der Branche überraschen. So auch im vorliegenden Fall, über den erst das Oberlandesgericht Celle entscheiden konnte (Az: 8 U 139/18).
Huk-Coburg stellt Leistung nach 9 Monaten ein
Ein Mann war als selbstständiger Forstwirt tätig. Bei Baumpflegearbeiten stürzte er aus beträchtlicher Höhe und erlitt dabei Berstungsfrakturen mehrerer Wirbelkörper sowie eine offene Mehretagenfraktur des linken Unterschenkels. Aus diesen Verletzungen resultierte eine Invalidität, die der Unfallversicherer des Mannes anerkannte und die Entschädigungsleistungen erbrachte.
Auch der Berufsunfähigkeitsversicherer des Forstwirts, die Huk-Coburg-Lebensversicherung, leistete zunächst monatliche Renten in Höhe von rund 2.000 Euro auf Basis einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Wie das OLG Celle mitteilt, hatte die Huk-Coburg die Berufsunfähigkeit des Mannes schriftlich und zeitlich unbefristet anerkannt. Nach 9 Monaten stellte der fränkische Versicherer die Rentenzahlungen jedoch ein und begründete dies gegenüber seinem Kunden damit, dass die Leistungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen.
Wie die Huk-Coburg damals erklärte, hätten sich die Beeinträchtigungen des Mannes signifikant verbessert. In der Folge seien dessen Einschränkungen auf allen Teiltätigkeiten seines Berufs als Forstwirt auf unter 50 Prozent gesunken, weshalb die BU-Rente nicht weiter gezahlt werden müsse. Das wollte der Mann nicht akzeptieren und zog vor Gericht.
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In erster Instanz vor dem Landgericht Lüneburg (Az.: 5 O 362/16) siegte der Mann. Anders als sein BU-Versicherer war er der Meinung, dass sich seine Leistungsfähigkeit nicht verbessert, sondern sogar drastisch verschlechtert hatte. An dieser Meinung schien etwas dran zu sein. Denn die Richter erachteten die Begründung der Leistungseinstellung als mangelhaft und damit rechtswidrig. Die Huk-Coburg musste weiter zahlen und natürlich auch die Monate ohne BU-Rente nacherstatten. Das wollte der Versicherer nicht auf sich sitzen lassen und ging in Berufung.
Doch auch das OLG Celle erkannte Mängel in der Begründung zur Leistungseinstellung. So würde es nicht genügen, wenn der Versicherer einfach die von ärztlichen Gutachtern geschätzten Grade der Berufsunfähigkeit zum damaligen und jetzigen Zeitpunkt gegenüberstelle. Dazu erklärte das Gericht:
Wegen des den Ärzten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums, der Raum für individuell unterschiedliche Schätzungen lasse, bestehe nämlich die Möglichkeit, dass verschiedene Ärzte demselben Gesundheitszustand verschiedene Grade der Berufsunfähigkeit zuordnen. Deshalb lasse sich nicht ausschließen, wenn ein früheres und ein späteres Gutachten verschiedene Grade der Berufsunfähigkeit angeben, dass dem Unterschied keine Gesundheitsänderung, sondern lediglich verschiedene subjektive Maßstäbe der verschiedenen Gutachter zugrunde liegen. Eine unterschiedliche Bewertung des unveränderten Gesundheitszustandes gebe dem Versicherer aber kein Recht zur Leistungseinstellung.
Die Huk-Coburg ist deshalb weiterhin und auch rückwirkend zur Leistung verpflichtet. In beiden Verfahren wurde der Forstwirt von der Rechts- und Fachanwaltskanzlei Hennemann aus Buchholz betreut. Wie diese mitteilte, müsse die Huk-Coburg ihrem Mandanten nun einschließlich Zinsen annähernd 60.000 Euro nachzahlen und die Versicherungsleistung maximal bis ins Jahr 2044 erbringen. Dazu kommt die vollständige Übernahme der Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren für den Kunden aus zwei Instanzen.
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