Pensionskassen-Zusagen: Details der neuen Insolvenzsicherung

Zusagen von vielen Pensionskassen werden bei Insolvenz des Arbeitgebers ab sofort unter den Schutzschirm des Pensions-Sicherungsvereins gestellt. Welche Kassen betroffen sind und welche Übergangsvorschriften 2020 und 2021 gelten.

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06:07 Uhr | 08. Juli | 2020
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Firmenpensionskassen haben es durch den neuen Insolvenzschutz, der die Arbeitgeber Geld kostet, schwerer, fürchtet Aba-Geschäftsführer Klaus Stiefermann. Bild: Pohl

Deutschlands Pensionskassen leiden seit geraumer Zeit besonders unter den Niedrigzinsen. Gegenwärtig stehen 36 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervor (procontra berichtete).

Nach Ansicht der Bundesregierung stehen die Pensionskassen in einem langanhaltenden Niedrigzinsumfeld vor besonderen Herausforderungen, die Zinsgarantien mittel- und langfristig zu erfüllen. Pensionskassen hätten aus diesem Grund in den vergangenen Jahren ihre Rückstellungen in erheblichem Umfang erhöht.

Wie das Sicherheitsnetz erweitert wurde

Dem Gesetzgeber reichte das nicht aus. Spätestens seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 19. Dezember entschied, dass er für den Fall von Pensionskassen mit Unterdeckung zumindest Staatshaftung für möglich hält (procontra berichtete), wollte der Gesetzgeber Pensionskassen unter den Insolvenzschutz des Pensions-Sicherungsvereins (PSV) stellen (procontra berichtete). Am 24. Juni ist dies im Rahmen des „Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG)“ vollzogen worden.

Betroffen sind Pensionskassen, die nicht gemeinsame tarifliche Einrichtungen, nicht Mitglied von Protektor sind oder eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst betreiben, also vor allem Firmen-Pensionskassen. „Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen“, kritisiert Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (procontra berichtete). Die wichtigsten Änderungen (insbesondere Artikel 8a BetrAVG) in diesem Gesetz:

Unterschiedliche Leistung vor und nach 2021

Arbeitnehmer oder Betriebsrentner, denen solche Zusagen von Firmenpensionskassen erteilt wurden, gehen somit nicht leer aus, sollte die Pensionskasse Leistungen kürzen und der Arbeitgeber nach 2021 insolvent werden. „Kommt es vorher zu einer Arbeitgeberinsolvenz, so tritt der PSV nur ein, wenn die Pensionskassenleistung um mehr als 50 Prozent gekürzt wird oder der Betriebsrentner durch die Rentenkürzung unter die Armutsgefährdungsschwelle fällt“, erklärt Stiefermann. Diese Fälle würden eine Staatshaftung auslösen. „Der PSV wickelt diese Staatshaftung auf Kosten des Bundes ab“, beschreibt Stiefermann den Worst Case.

Trotz Gesetzesänderung bleibt es weiter bei der Subsidiärhaftung des Arbeitgebers. „Erst bei Insolvenz des Arbeitgebers würde der PSV einstehen, nicht bei Insolvenz einer Pensionskasse“, erklärt Aba-Vorstandschef Georg Thurnes. Schieflagen der Kassen müssten zunächst durch den Arbeitgeber und Sanierungsklauseln beherrscht werden. Dies sei auch ein Grund, warum Firmen-Pensionskassen bislang nicht Mitglied bei Protektor sind – sie müssten sich von der Chance auf Sanierung lossagen.

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Worauf Makler in Arbeitgeberberatung achten müssen

Makler sind von der Neuregelung nicht betroffen, wenn sie nur Verträge von LV-Pensionskassen vermittelt haben, die meist freiwillig Mitglieder bei Protektor sind. Mitunter sind jedoch auch Zusagen von regulierten Firmenkassen eingedeckt worden. In diesem Segment dürfte es wegen der Insolvenzkosten für den PSV nun schwerer werden, Arbeitgeber von diesem Durchführungsweg zu überzeugen. LV-Pensionskassen, bei denen die Protektor-Kosten generell nicht offengelegt werden, haben da auf den ersten Blick Kosten- und Wettbewerbsvorteile. Auf den zweiten Blick müssten sich Makler für den tatsächlichen Kostenvergleich interessieren.

Noch wichtiger für die Beratung ist jedoch, auf die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Kassen hinzuweisen, weil dies zum Teil völlig neue Auswirkungen für den Arbeitgeber hat – bis hin zur Mitgliedschaft im PSV. Wird für die Zusage über eine regulierte Pensionskasse gemacht, so muss der Arbeitgeber dem PSV dies ab gesetzlicher Unverfallbarkeit der Zusage – meist fünf Jahre nach Erteilung der Zusage – melden und Beiträge zahlen. Der Arbeitgeber muss die Meldung von selbst vornehmen, wird also nicht vom PSV angeschrieben, weil der bis dato gar nichts von der Zusage weiß. „Wer keine Meldung vornimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit“, warnt Stiefermann.

Wichtige Informationspflichten bei regulierten Kassen

Die PSV-Beitragshöhe schwankt von Jahr zu Jahr, da der Beitragssatz in Abhängigkeit von den jeweils anfallenden Schäden festgesetzt wird (procontra berichtete). Trotz dieser Schwankungen sollte der Berater dem Arbeitgeber in Zukunft mitteilen, wie hoch die Beiträge unter Berücksichtigung des langjährigen Durchschnittsbeitrages sind. „Den Mitarbeitern kann man sagen, dass in Zukunft selbst dann, wenn die Kasse Leistungskürzungen vornimmt und der ehemalige Arbeitgeber insolvent wird, sie nicht mehr leer ausgehen, da der PSV einspringt", so Stiefermann weiter.

Was bei deregulierten LV-Pensionskassen gilt

Ist eine deregulierte LV-Pensionskasse Mitglied bei Protektor, so ist sie an der Finanzierung von Protektor beteiligt. „Diese Kosten werden nicht explizit ausgewiesen, sind letztlich Bestandteil der Verwaltungskosten und wirken sich damit auf die spätere Leistung des Arbeitnehmers aus“, berichtet Stiefermann. Diese Information ist vor allem bei Entgeltumwandlung über eine LV-Kasse wichtig für den AG-Kunden und dessen Arbeitnehmer.

„Der Arbeitgeber muss bei einer LV-Kasse wissen, dass er keine Beiträge an den PSV zahlt, aber dennoch subsidiär haftet, wenn die Kasse nicht die versprochene Leistung erbringt und es Protektor nicht gelingt, die Lücke zu schließen“, weiß der Experte. Der Arbeitnehmer wiederum müsse wissen, dass der PSV nicht einspringt, wenn auch noch der Arbeitgeber insolvent wird.

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