Pflege-Urteil: Enkel müssen geschenktes Geld zurückzahlen

Die Kosten im Pflegefall sind weitreichend, das zeigt ein Urteil des OLG Celle. Demnach müssen Enkelkinder zur Bezahlung der Pflegekosten ihrer Großmutter das Geld zurückzahlen, das diese monatlich für sie gespart hat.

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14:05 Uhr | 25. Mai | 2020
So hatte sich die Oma das sicher nicht gedacht: Ihre Enkel mussten ihr Sparguthaben zurückzahlen, um Großmutters Pflegekosten zu decken. Ein klares Argument für eine private Pflegeversicherung.

So hatte sich die Oma das sicher nicht gedacht: Ihre Enkel mussten ihr Sparguthaben zurückzahlen, um Großmutters Pflegekosten zu decken. Ein klares Argument für eine private Pflegeversicherung. Bild: Adobe Stock / WavebreakMediaMicro

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Az.: 6 U 76/19 vom 13. Februar 2020) verdeutlicht auch der Enkelgeneration, wie finanziell weitreichend die Pflegebedürftigkeit eines Familienmitglieds ausfallen kann – und wie wichtig eine private Pflegeversicherung ist, die im Leistungsfalls die „Pflegelücke“ schließt.

Eine Großmutter hatte für ihre beiden Enkel monatlich jeweils 50 Euro auf Bonussparkonten überwiesen, die auf den Namen der Enkel angelegt waren. Für den Jungen (geboren 2001) starteten die Zahlungen zum 1. Februar 2003, für das Mädchen (geboren 2004) zum 1. April 2005. Vom 1. Januar 2015 an musste sich die Großmutter bis zu ihrem Ableben (29. Mai 2017) vollstationär in eine Pflegeeinrichtung begeben und konnte sich die monatlichen Sparbeträge nicht mehr leisten. Ihr gesamtes Renteneinkommen (1.250 Euro monatlich) reichte zudem nicht aus, um die Lücke auszugleichen, die nach der Leistung aus der gesetzlichen Pflegeversicherung noch übrig war. Vom zuständigen Sozialträger erhielt sie deshalb Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege.

Sozialträger fordert Sparguthaben der Enkel zurück

Insgesamt erbrachte der Sozialträger 25.040,93 Euro für die Großmutter. Einen Teil davon wollte er sich von den Enkeln der Leistungsempfängerin mit bestandskräftigen Bescheiden im September 2015 zurückholen. Gefordert wurden von der Enkelin die vollständigen erfolgten Sparbeiträge in Höhe von 5.850 Euro und vom Enkel wegen der 10-jährigen Frist zur Verjährung (§ 529 BGB) 6.000 Euro. Nachdem jedoch beide Konten nur ein Restguthaben von jeweils 137,10 Euro aufwiesen, reichte der Sozialträger Klage gegen die Enkel und ihre Eltern ein.

Vor dem zunächst angerufenen Landgericht Hannover (Az.: 6 O 270/18) bekamen die beklagten Enkelkinder noch Recht. Die monatlichen Zahlungen der Großmutter wurden als Anstandsschenkungen angesehen, womit Rückforderungsansprüche von Sozialträgern ausgeschlossen sind.

Gesetzlich müssen die Kinder von Pflegebedürftigen erst ab einem Bruttojahreseinkommen 100.000 Euro für Lücken bei den Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen. Enkelkinder sind von der gesetzlichen Regelung gar nicht erfasst. Jedoch können Schenkungen, egal an wen, zurückgefordert werden, wenn der Lebensunterhalt beziehungsweise die Pflegekosten nicht mehr bestritten werden können. Anstandsschenkungen (darunter fallen beispielsweise auch Geldgeschenke zu Geburtstagen und Hochzeiten) können jedoch nicht zurückgefordert werden.

OLG spricht kompromissloses Urteil

Die Richter am OLG Celle konnten sich dieser Auffassung jedoch nicht anschließen. Die über Jahre geflossenen monatlichen Sparbeiträge der Großmutter sahen sie nicht als Anstandsschenkungen an. Diese könnten auch nicht Taschengeldzahlungen gleichgestellt werden, da das Geld nicht zum Gebrauch bestimmt war, sondern mit dem Bonussparen ein Kapitalaufbau bezweckt wurde.

Die beiden Enkel mussten daher 5.712,90 Euro und 5.862,90 Euro zuzüglich Zinsen zurückzahlen. Zudem müssen sie beide jeweils die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits tragen. Eine Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.