Während die ehemaligen Anleger des insolventen Container-Händlers P&R derzeit auf ihre ersten Abschlagszahlungen warten, geht es anderswo um die Frage, ob Vermittler bzw. Berater aufgrund Falschberatung in Haftung genommen werden können.
Nachdem zuletzt das Landgericht Kleve eine Bank zu Schadenersatz verurteilt hatte, da diese den Kunden nicht über das der Anlage innewohnende Totalverlustrisiko informiert hatte, legte nun das Münchener Landgericht I (Az: 28 O 12467/20, Urteil vom 18. Mai 2021) nach, das die Münchener Bank eG zu einem Schadenersatz gegenüber einer Kundin von 55.000 Euro verurteilte. Rechtsanwältin Sarah Mahler von der Münchener Kanzlei WMP, die das Urteil erstritten hatte, bewertete den Richterspruch als wegweisend.
Konkret ging es vor Gericht um die Jahresabschlüsse von P&R. In diesen hatten die P&R-Gesellschaften keinerlei Angaben zu nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften bzw. zum Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen gemacht. Auch die Gesamtbezüge der Geschäftsführer wurden nicht bekannt gegeben. Infolgedessen hatte der Wirtschaftsprüfer die Bestätigungsvermerke jeweils mit Einschränkungen versehen.
Über diese Einschränkungen hätten die Anleger jedoch informiert werden müssen, befand nun das Münchener Landgericht. Schließlich handele es sich hier um Punkte von erheblicher Bedeutung für die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft. „Wenn es in der Bilanz nicht enthaltene Geschäfte geben kann und sonstige finanzielle Verpflichtungen in nicht bekannter Höhe bestehen können, kann eine Gesellschaft auch überschuldet oder zahlungsunfähig sein“, erklärt Anwältin Mahler in einem Beitrag auf dem Portal anwalt.de.
Die Tatsache, dass die P&R-Gesellschaften sich dazu entschieden, gesetzliche Pflichtangaben nicht zu machen und dafür eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks zu akzeptieren, gebe Anlass zu beträchtlichen Zweifeln an ihrer Seriosität, so Mahler.
Sowohl Anlageberater, aber auch Anlagevermittler – so hielt das Gericht fest – seien verpflichtet, die Plausibilität der Anlage zu überprüfen. Hierzu gehöre es auch, die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und die Bonität des Kapitalsuchenden zu untersuchen. Dies sei ohne größeren Aufwand möglich, indem Berater und Vermittler die veröffentlichen Jahresabschlüsse und Prüfvermerke im Internet einsehen.
Hierbei hätte im vorliegenden Fall der Bankberater auf die eingeschränkten Bestätigungsvermerke aufmerksam werden und diese seinem Kunden mitteilen müssen, erklärte das Gericht. Da dies nicht erfolgte, muss die Bank nun Schadenersatz zahlen. Noch ist das Urteil jedoch nicht rechtskräftig.