Stiefkind Betriebsunterbrechungs-Versicherung

Die Betriebsunterbrechungs-Versicherung wird bis heute nicht im VVG erwähnt. Der Markt hangelt sich im Versuchsverfahren durch Angebot und Nachfrage, Deckungsnoten und Schadenregulierung. Das Expertenwissen kann Gewerbemaklern Marktvorsprung geben.

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05:04 Uhr | 18. April | 2019
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Betriebsunterbrechung zu versichern ist Expertensache, sagt VEMA-Vertriebsexperte und Trainer Lothar Kraft. Bild: VEMA

Die Betriebsunterbrechungs-Versicherung (BUV) ist seit jeher das Stiefkind der Versicherungsbranche, sagte Lothar Kraft kürzlich bei seinem Vortrag auf den VEMA-Tagen. Der geprüfte Trainer und Coach ist Ansprechpartner für Partnermakler in Vertrieb und Weiterbildung bei der Maklergenossenschaft. Er erinnerte daran, dass zwar schon 1910 das alte VVG erlaubte, den über den Versicherungswert des Gebäudes hinaus entgehenden Gewinn einer Firma durch einen Schaden mitversichern zu können. Doch mehr ist bis heute von der Aufsichtsseite nicht passiert.

„Die BUV wird auch im neuen VVG nicht erwähnt“, kritisierte Kraft. Von der Branche werde sie im Alltag als eine Schadens- und Vollwertversicherung betrachtet. Damit gelten die einschlägigen Paragrafen 74 bis 99 VVG für die Schadenversicherung. „Bei genauer Betrachtung ist das eine falsche Einordnung, denn abgestellt wird ja auf einen Vermögensschaden (Ertragsausfall), der sich nicht nach Sachwerten berechnet“, so Kraft. In der Praxis unterscheide der Markt drei Varianten:

Vermögensschaden, kein Sachschaden

Die Versicherer kamen im Laufe der Zeit schnell an die Grenzen dieser Einordnung. Die gängige Formel zur Schadenermittlung mit Versicherungssumme und Versicherungswert einer Sache ging ins Leere. „Wollte man etwa eine Unterversicherung feststellen, musste man sich etwas einfallen lassen“, blickte Kraft in seinem Vortrag zurück.

Dafür hat man den Bewertungszeitraum erfunden - berechnet ab dem Ende der Betriebsunterbrechung rückwärts für 12 oder 24 Monate. Das Ende des Schadens ist auch gleich das Ende des Bewertungszeitraums. Das passt an einigen Stellen aber nicht zusammen, etwa dann nicht, wenn der Schadenzeitraum nicht genau bei 12 oder 24 Monaten liegt. Zudem ist auch der in den Musterbedingungen zu findende Referenzzeitraum nicht definiert. „In der Praxis sind für die Groß-BU die Versicherungssumme oder korrekte Umsatzmeldungen das Prüfungsmaß“, hat Kraft nach intensiven Gesprächen mit Versicherern in Erfahrung gebracht.

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Haftzeit schwer zu kalkulieren und einzuhalten

Regelmäßig werden Schäden durch externe Sachverständige oder spezialisierte Schadenbüros bearbeitet. „Das ist auch gut so“, sagt Kraft. Bei einem Betriebsunterbrechungsschaden sei schnelles Handeln die halbe Miete. Man benötige zur effektiven Begrenzung des Schadens schnelle Reaktionen vor allem von technischen Experten und nicht von Versicherungskaufleuten. Versicherer und Kunde haben dasselbe Ziel. Beide wollen, dass der Schaden so gering wie möglich bleibt und das Geschäft schnellstmöglich wieder brummt.

Im Schadenfall drohten dennoch Haftungsfallen. Als Beispiel nannte Kraft die Haftzeit von 12 Monaten in der Klein-BU. Die vergehe schneller als man denkt. Da sei zunächst die Zeit bis zur Freigabe durch Versicherer oder Polizei, ehe die Schadenbeseitigung beginnen kann. Dann folge die Zeit für das Abtragen und Entsorgen von Schutt (etwa nach einem Brand), dann die Bauzeit (aktueller Handwerkermangel), Planungs- und Genehmigungszeiten, Nachkauf von nicht schnell lieferbaren Spezialmaschinen, Einarbeitungs- und Rundlaufzeiten, Beschaffung weiterer Räumlichkeiten.

Für den Makler sei eine Haftungsfalle, dass die Betreuung nicht zeitnah erfolgt und damit womöglich Risiko in zu geringem Umfang abgedeckt ist. „Dazu bietet sich das Jahresgespräch beim Kunden an“, sagt Kraft. Insbesondere bei der FBU seien die Versicherungssummen an Entwicklungen des Kunden (Expansionspläne) zeitnah anzupassen. „Lieber etwas höher greifen, denn bis zu einem Drittel der Prämie wird in der FBU üblicherweise erstattet“, erinnert Kraft. Die regelmäßige Meldung an den Versicherer sei zwingend erforderlich.

VEMA-Lösung bei Unterversicherung

Zum Thema Summenbildung biete die VEMA im Rahmen ihrer Klauselbögen, die spezielle Deckungskonzepte in der Gewerbeversicherung darstellen, verbesserte Regelungen bei Unterversicherung. „Diese positiv vom Markt abweichenden Regelungen gelten nicht nur für die Inhalts- und Gebäudeversicherung, sondern auch für BUV“, so Kraft.

Im Rahmen des VEMA-Klauselbogens Sach/Gewerbe verzichten Versicherer beispielsweise darauf, Unterversicherung anzurechnen und damit Leistungen zu kürzen. Der überwiegende Teil tut dies bei Schäden bis 500.000 Euro, einige verzichten sogar vollständig (AIG, Inter, Signal Iduna) - ohne Begrenzung der Schadensumme.

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