Wie lange Makler schadensersatzpflichtig sind
Die Zahlen des Versicherungsombudsmann sprechen eine klare Sprache: Die meisten Menschen sind zufrieden mit der Arbeit ihres Versicherungsvermittlers. Gerade einmal 318 Vermittlerbeschwerden erreichten den mittlerweile aus dem Amt geschiedenen Ombudsmann Wilhelm Schluckebier im vergangenen Jahr – 2022 waren es noch 444 gewesen. 155 dieser Beschwerden waren zudem noch unzulässig.
Dennoch: Auch Maklern können schwerwiegende Fehler in der Beratung ihrer Kunden unterlaufen. Ist der Makler tatsächlich dafür verantwortlich, dass sein Kunde ein für ihn ungeeignetes Versicherungsprodukt erwirbt, erhält der Kunde einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Makler. Doch wie lange ist dieser gültig? Dieser Frage widmet sich Rechtsanwalt Stephan Michaelis in seinem aktuellen Newsletter und bezieht sich dabei auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Az: 1 U 43/23).
Wann beginnt die Verjährungsfrist
Generell besteht auch gegenüber dem Makler eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Die strittige Frage ist: Wann beginnt diese zu laufen? Paragraph 199 I BGB besagt, dass die Frist am Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Im Hinblick auf Versicherungen wäre das dann der Zeitpunkt, wenn der Kunde das vom Makler vermittelte Versicherungsprodukt in Anspruch nehmen möchte. Denn, so schreibt Michaelis, merke der Kunde oft erst dann, dass das vermittelte Produkt womöglich nicht seinen Ansprüchen genügt.
Liest man den entsprechenden Paragraphen 199 BGB steht da ebenfalls, dass die Verjährungsfrist dann greife, wenn der Kunde die Kenntnis über das unpassende Produkt „ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.“ Hier stellt sich die Frage: Ist dies der Fall, wenn der Kunde mit dem Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen alle nötigen Informationen erhalten hat? „Immerhin liegen dem Kunden spätestens ab diesem Zeitpunkt alle nötigen Informationen vor, um zu erkennen, ob er aufgrund einer falschen Beratung ein für ihn ungeeignetes Versicherungsprodukt erworben hat“, bemerkt Michaelis. Entsprechend würde die Verjährungsfrist schon bei Abschluss des Produkts anfangen zu laufen.
Streit um Abschluss einer Riester-Rente
Auf diesen Standpunkt stellte sich nun auch das Zweibrückener Oberlandesgericht. Konkret ging es in dem vorliegenden Fall um einen Kunden, der von seinem Makler eine Riester-Rente ohne Kündbarkeit, Kapitalisierbarkeit und Vererbbarkeit vermittelt bekommen hatte. Der Kunde machte gegenüber dem Gericht glaubhaft, dass er ein solches Produkt niemals abgeschlossen hätte, sofern er über diese Spezifika informiert gewesen wäre. Zwar sah das Gericht hier einen Beratungsfehler durch den Makler, allerdings müsse dieser keinen Schadenersatz nicht zahlen, da die Verjährungsfrist nach Ansicht des Gerichts bereits abgelaufen war.
Die Richter begründeten ihr Urteil unter anderem damit, dass der Kunde mit dem Zugang des Vertragswerks Kenntnis über die Besonderheiten seines Vertrags haben musste. Zwar sei es Kunden nicht zuzumuten, die oftmals umfangreichen Versicherungsbedingungen durchzuarbeiten um mögliche Beratungsfehler zu identifizieren. Allerdings waren im vorliegenden Fall die Spezifika des Versicherungsprodukts nicht irgendwo zwischen den einzelnen Klauseln versteckt, sondern nach Ansicht des Gerichts auf den ersten Blick ersichtlich und einfach zu verstehen.
Kunde muss Vertragstext lesen
Es könne vom Versicherungsnehmer erwartet werden, dass dieser den Vertragstext liest und dass dieser, sofern ihm beim Lesen Zweifel kommen, den Vertrag auch hinterfrage. Die Unkenntnis des Kunden wertete das Gericht somit als grob fahrlässig, womit die Verjährungsfrist bereits mit Abschluss des Produkts begann.
Kunden sind folglich verpflichtet, sich den Vertrag zu ihrem zuvor abgeschlossenen Versicherungsprodukt anzuschauen, schlussfolgert Michaelis. Tue er dies nicht, kann dem Kunden eine grob fahrlässige Unkenntnis unterstellt werden, was Auswirkungen auf die Verjährungsfrist habe. Gerade im Bezug auf vermittelte Rürup-Verträge, für die bereits viele Makler auf Schadenersatz verklagt worden seien, sollten Makler entsprechend immer die Einrede der Verjährung erheben, wenn zwischen Vertragsschluss und der Behauptung von Schadenersatzansprüchen mehr als drei volle Jahre vergangenen seien, rät Michaelis.
Vorsicht vor Verallgemeinerung
Allerdings gilt zu beachten: Das vorliegende Urteil bezieht sich nur Fälle, bei denen die Vertragsspezifika direkt und leicht aus dem Versicherungsschein bzw. den Bedingungen zu erkennen seien. „Bei Angelegenheiten, in denen sich die Krux in den Klauseln des Beiwerks befindet, gilt dies nicht“, mahnt Michaelis.