Beitragshammer und Kündigung: Wohnmobil-Versicherer sorgen für Camping-Frust
Wer die einschlägigen Camping-Foren durchforstet, stößt immer wieder auf Wortmeldungen enttäuschter Wohnmobil-Besitzer. Der Tenor ist stets der gleiche: Die Nürnberger Versicherung hat den Vertrag für meine Wohnmobil-Versicherung gekündigt.
„Die Nürnberger Versicherung hat reihenweise Wohnmobilversicherungsverträge gekündigt ohne vorher Kontakt mit den Versicherten aufzunehmen. […] Natürlich war unsere Versicherung dort unterirdisch günstig, trotzdem geht man so nicht mit den Kunden um“, beschwert sich ein Nutzer im Wohnmobilforum. Die Nürnberger Versicherung kündige alle Versicherungen für Wohnmobile, beschwert sich ein anderer User im Forum von „campen.de“.
Das Portal „CamperCoast.de“ spricht wiederum von zahlreichen Kunden, denen die Nürnberger die Verträge gekündigt habe – und das, obwohl die Kunden bislang komplett schadenfrei geblieben sind.
Nürnberger kündigt untertarifierte Verträge
Ob diese konkreten Vorwürfe zutreffen, sei dahingestellt. Fest steht, dass sich der fränkische Versicherer in der jüngeren Vergangenheit vermehrt von Wohnmobil-Versicherungen getrennt hat. Warum? „Die Entwicklung der letzten Jahre ist auch an der Versicherungswirtschaft nicht spurlos vorübergegangen: Die Inflation, die zunehmenden Großwetterereignisse, steigende Lohn- und Materialkosten und dadurch stark erhöhte Schadenzahlungen belasten die Kostensituation der deutschen Versicherer – und damit der gesamten Versicherungsgemeinschaft – immens“, heißt es in einem Kündigungsschreiben, das von Sach-Vorständin Christine Kaaz unterzeichnet wurde.
Kaaz, die im September vergangenen Jahres bei der Nürnberger anheuerte, soll mithelfen, den Versicherer aus den roten Zahlen zu holen, in die er im vergangenen Jahr gerutscht war. Im Interview mit procontra im Oktober vergangenen Jahres hatte Kaaz bereits angedeutet, dass sich der Versicherer von bestimmten Verträgen trennen könnte: „Im Sinne der Versichertengemeinschaft der Nürnberger schauen wir uns derzeit jeden Kunden, jeden Vertrag an. […] Das wird unter anderem dazu führen, dass wir uns, auch zum Wohle der Versichertengemeinschaft, von stark schadenbelasteten Verträgen oder stark untertarifierten Verträgen trennen müssen.“
Auch bei den nun gekündigten Versicherungsverträgen habe es sich um stark untertarifierte Verträge gehandelt, erklärte ein Sprecher des Versicherers auf procontra-Nachfrage. Diese seien so stark untertarifiert gewesen, „dass die erforderliche Beitragsanpassung nicht vermittelbar gewesen wäre“. Dass sich die Nürnberger – wie in einigen Kunden-Kommentaren im Internet angedeutet – aus dem Geschäft mit Wohnmobil-Versicherungen vollständig zurückzieht, sei falsch. „Wir zeichnen weiterhin Wohnmobilgeschäfte und bieten entsprechende Versicherungsprodukte an“, versicherte der Sprecher.
"Ein Beitragshammer nach dem anderen"
Nicht nur bei der Nürnberger scheinen die Tarife für Wohnmobilversicherungen untertarifiert zu sein. „Es gibt seit Jahren einen Beitragshammer nach dem anderen, weil die Schadenzahlungen in keiner Relation zu den Prämien stehen“, berichtet Versicherungsmakler Adrian Schmitt, der sich mit seinem Unternehmen VerMak Versicherungsmakler OHG auf die Versicherung von Wohnmobilien, Wohnwagen, Mobilheimen und TinyHouses spezialisiert hat. Regelmäßig müsse er die Verträge seiner Kunden umdecken, bis dann auch der neue Anbieter die Prämien anhebe.
Es gibt seit Jahren einen Beitragshammer nach dem anderen, weil die Schadenzahlungen in keiner Relation zu den Prämien stehen.Adrian Schmitt
Zuletzt berichtet Schmitt hatte er viele seiner Kunden bei der Verti untergebracht. „Die hatten damals Super-Prämien, vor allem für Wohnmobile. Im Jahr darauf haben sie die Prämien dann um 50 Prozent angehoben und jetzt noch einmal in einem solchen Maße, dass sie für uns eigentlich irrelevant geworden sind.“
Dies sei jedoch nur ein Beispiel von vielen. In der Regel würden Versicherer günstige Prämien nur ein bis zwei Jahre durchhalten, bevor sie vom Schadenaufkommen offenbar eines Besseren belehrt werden. Im vergangenen Jahr hatte der HDI für Aufsehen gesorgt, als man die Preise bei einigen Kfz-Policen im Bestand um 50 Prozent erhöht hatte – betroffen waren vor allem Wohnwagenanhänger.
Verhageltes Geschäft
Doch warum stehen gerade die Prämien von Campingfahrzeugen so stark unter Druck? Gründe gibt es viele. Zu nennen ist unter anderem die Zunahme von Schadenereignissen. Dieter Scheffler, Geschäftsführer der RMV Reisemobil Versicherungsservice GmbH, berichtete im Podcast „Camper Style“ von verschiedenen Unwetter-Ereignissen in Kroatien, Italien und Bayern/Österreich, die für schwere Schäden an vielen Camping-Fahrzeugen gesorgt hätten.
Auch Versicherungsmakler Adrian Schmitt erklärt, dass vor allem Hagelschäden an Wohnwagen häufig für Totalschäden sorgten. Das liege daran, dass viele Aufbauten bei den Fahrzeugen – insbesondere bei älteren Modellen – vergleichsweise unrobust konstruiert sind. „Diese Hagelschäden werden von den Gutachtern häufig als wirtschaftliche Totalschäden bewertet“, so Schmitt. Entsprechend hoch fallen die Schadensummen aus.
Im Gegensatz zu PKW, die auch mal in der Garage geparkt werden, sind Wohnmobile zudem deutlich häufiger den Witterungsbedingungen ausgesetzt – die Chance, einen Hagelschaden zu erleiden, wächst damit.
Auch kaputte Windschutzscheiben können für die Versicherer äußerst kostspielig werden. Schmitt schildert dies an einem selbst erlebten Fall. „Ich habe mir bei einem Urlaub in Schottland einen Steinschlag eingefangen. Nichts Großes eigentlich. Aber repariert werden konnte der Schaden nicht, die Scheibe musste ausgetauscht werden. Der Wechsel hat 5.500 Euro gekostet.“ Gerade bei sogenannten vollintegrierten Wohnmobilien – dabei handelt es sich um Fahrzeuge, bei denen die Fahrerkabine in das Design des Wohnbereichs integriert ist – müssen in der Regel Sonderglasscheiben eingebaut werden. Entsprechend hoch fallen die Kosten aus.
Bei Maklern sorgen die jährlichen Prämienexplosionen für Frust. „Wir können nicht jedes Jahr kurz vor Jahresende unseren ganz Bestand umdecken, nur um das dann im nächsten Jahr noch einmal zu tun. Das ist nicht erfolgsversprechend“, so Schmitt. Er selbst hat den Schwerpunkt seines Geschäfts mittlerweile auf die Versicherung von Dauercampern, Tiny und Mobilehomes verlegt, das Versicherungsgeschäft mit mobilen Wohnmobilen und Wohnwagen läuft nur noch nebenher.